Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Tausend Still-Fragen

Frage: Tausend Still-Fragen

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Hallo, Laura wird am Montag 5 Monate und voll nach Bedarf gestillt. Sie trinkt von Anfang an nur eine Brust pro Mahlzeit (dauert ca. 10 min) und kam bis jetzt meist alle 2,5 Stunden, manchmal auch nur zwei Stunden (außer nachts). Seit ungefähr zwei Wochen hält sie es tagsüber mindestens drei, manchmal sogar vier Stunden aus. Dafür kommt sie jetzt nachts oft alle 2 - 2,5 Stunden, trinkt dann aber meist nur 5 Minuten und schläft weiter. Sie nimmt keinen Schnuller und kriegt auch keinen Tee. Hat sie nachts wirklich Hunger/Durst? Stille ich tagsüber jetzt vielleicht zu selten? Allerdings spuckt Laura jeden Schluck zu viel wieder aus, also kann ich ihr doch auch nichts "reinzwingen"?! Sie gedeiht übrigens prächtig! Außerdem könnte ich auch ein bißchen Unterstützung gebrauchen, ich möchte nämlich mindestens 6 Monate voll stillen, habe auch gehört, daß Muttermilch 8 Monate voll ausreicht und dann erst zugefüttert werden muß?! Also 8 Monate voll stillen könnte ich mir nämlich auch sehr gut vorstellen, allerdings habe ich oft das Gefühl, daß man sich da rechtfertigen muß, weil das Kind ja nichts "Richtiges " zum Essen bekommt. Danach würde ich gern die Flasche umgehen.Wer macht das noch und hat Tipps bzw. Unterstützung? Danke und liebe Grüße Peggy (PLZ 94060)


Biggi Welter

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Liebe Peggy, es ist vollkommen richtig, dein Baby auch jetzt noch nach Bedarf zu stillen. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab einem bestimmten Alter nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Das Schlafverhalten hängt auch nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte und ein vier bis fünf Monate altes Baby ist in aller Regel auch noch viel zu jung für Beikost. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Es ist vollkommen richtig, wenn Du dein Kind mind. Sechs Monate lang voll stillen möchtest. In den ersten sechs Monaten ist der Organismus eines Babys auf eine ausschließliche Ernährung mit Milch (entweder Muttermilch oder als Ersatz künstliche Säuglingsnahrung) ausgerichtet. Beikost sollte frühestens ab dem fünften Monate eingeführt werden und auch dann nur, wenn das Kind deutlich signalisiert, dass es bereit für Beikost ist. Anzeichen für die Bereitschaft des Babys für Beikost sind: • es ist in der Lage aufrecht zu sitzen, • der Zungenstreckreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, hat sich abgeschwächt, • es zeigt Bereitschaft zum Kauen, • es kann selbstständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken und interessiert sich dafür, • es zeigt ein gesteigertes Stillbedürfnis, das sich nicht mit einer Erkrankung, dem Zahnen oder einer Veränderung in seiner Umgebung oder in seinem Tagesablauf in Verbindung bringen lässt. Dies ist meist etwa mit sechs Monaten der Fall, bei wenigen Kindern früher, bei gar nicht so wenigen später. Die zu frühe Einführung der Beikost hat keine Vorteile, aber viele Nachteile. Durch die zu frühe Einführung der Beikost werden das Verdauungssystem und die Nieren des Babys belastet und das Allergierisiko gesteigert. Deshalb sollten die oben genannten Punkte wirklich erfüllt sein, ehe mit Beikost begonnen wird. Ich kann dir nicht sagen „Du kannst xx Monate voll stillen". Es hängt von dir und deinem Kind ab, wie lange ausschließlich gestillt werden kann. Die Empfehlung für allergiegefährdete Kinder lautet möglichst lange voll stillen (mindestens sechs Monate) und von einigen Seiten wird zu einer neunmonatigen ausschließlichen Stillzeit geraten. Doch nun kommt das Aber: wenn das Kind dabei nicht mehr ausreichend zunimmt und wächst, dann ist das alleinige Stillen in diesem Alter nicht mehr genug. Es muss - wie immer - der Einzelfall berücksichtigt werden, es darf keinesfalls zum Dogma erhoben werden, dass jedes allergiegefährdete Kind neun Monate lang nichts anderes als Muttermilch bekommen darf, gleich wie es dabei gedeiht. Die Initiative sollte immer vom Kind ausgehen. Schaue auf dein Kind und wenn es deutlich zu erkennen gibt, dass es jetzt Beikost will und braucht, dann fange langsam und vorsichtig mit der Einführung der festen Nahrung an. Ein Baby, welches im ersten Lebensjahr gestillt wird, braucht keine Flasche. Der Begriff BEI-Kost sollte wörtlich verstanden werden, es ist ergänzende Kost, die die Muttermilch nicht ersetzen, sondern ergänzen soll. Sollte die Muttermilch durch die Beikost ersetzt werden, würde es Anstatt-Kost heißen. Wird in Zusammenhang mit der Beikostmahlzeit gestillt, kann das Kind außerdem einige Nährstoffe aus der Beikost besser aufnehmen und verwerten. Die Empfehlung lautet also nicht strikt erst eine komplette Mahlzeit vollständig zu ersetzen, ehe die nächste Mahlzeit ersetzt wird, sondern erst etwa eine Woche abwarten, ehe ein neues Nahrungsmittel eingeführt wird und die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch betrachten. Daher gibt es auch keine festgelegte Zahl für die Stillmahlzeiten, sondern das Kind kann weiterhin nach Bedarf gestillt werden. LLLiebe Grüße Biggi


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