Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillmahlzeiten sehr häufig und nicht effektiv

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillmahlzeiten sehr häufig und nicht effektiv

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Liebe Stillberaterin, ich habe eine Frage zur Häufigkeit des Stillens. Meine Tochter ist12 Wochen alt und wir haben eine recht schwierige Anfangszeit hinter uns. Auf Grund eines erst nach 3 Wochen entdeckten Plazentarestes bei mir und folgender Kürettage, ist der Milchbildungsprozess sehr schwer gewesen (im Krankenhaus über 10 Tage MCP, häufiges Abpumpen und andere natürliche Methoden wie Öl, Tee etc.). Meine Tochter musste in dieser Zei tleider zugefüttert werden, da sie während der ersten 2 Lebenswochen stark abgnommen hatte. Ich stillte sie in den kommenden Wochen häufig und danach bekam sie immer eine Flasche (sie trank dann davon zwischen 70 und 90 ml). Als sie 6 WOchen alt war, verringerte sich die Menge, die sie aus der Flasche trank über mehrere Wochen hinweg langsam, bis sie sie ganz verweigerte. Da war ich gezwungen - aber auch mit Freude - sie ausschließlich zu stillen. Nach 2 Wochen, in denen sie mit dem ausschließlichen Stillen fast gar nicht zunahm, haben wir es jetzt endlich geschafft, dass sie in der Woche ca. 70-100 Gramm zunimmt. Ich stille tagsüber fast stündlich (manchmal auch öfter) - zumal es auch das einzige Mittel ist, ihr beim Weinen Trost zu geben - und nachts will sie ca. alle 2 Stunden trinken. Auch das Einschlafen im Bett (beim MIttagsschlaf und auch nachts) geht nur beim Stillen oder tagsüber im Kinderwagen. Ihr allgemeines Trinkverhalten ist dabei wie folgt: Sie wird weinend angelegt und zieht dann regelmäßig bis (nicht immer, aber meistens) der Milchspendereflex ausgelöst wird. Dann trinkt sie ca. 30 Sekunden gierig und dann werden die Schlucke immer seltener und sie nuckelt. Ich lasse ihr dann die Zeit an einer Brust, so lang sie noch ab und zu schluckt, denn sie scheint zufrieden damit. Manchmal will sie die zweite Brust dann auch erst nach 30-45 Minuten Pause. So sind wir jetzt seit Wochen in einen Zustand des fast Dauerstillens gekommen. Aber wir kommen ohne Flasche (und das Schreien dabei) aus, was mich sehr glücklich macht. Verzeihen Sie diese lange Einleitung. Ich wollte nur, dass sie eine Vorstellung von der Situation bekommen. Nun habe ich folgende Fragen: Macht es mit dieser Vorgeschichte und der ständigen Sorge, dass das Kind genug zunimmt bzw. ob meine Milchmenge nun ausreicht überhaupt Sinn, in einen etwas entzerrteren Stillrhythmus zu kommen - z.B. alle 2-3 Std.? Wenn ja, wie schaffe ich es, dem Kind ein selteneres aber dafür effektiveres Trinken zu ermöglichen? Woher kommt es, dass ich beim Abpumpen aus beiden Brüsten zusammen nur ca. 20 ml bekomme, aber das Kind nach dem Stillen erst einmal satt und zufrieden wirkt, wenn auch nur für eine Dreiviertelstunde bis Stunde? Kann es sein, dass mein Kind mit dem häufigen Stillen mit nur geringen Mengen eine Art Magenverkleinerung entwickelt hat und daher so oft trinken will, aber eben nur wenig? Ich danke Ihnen sehr für eine Rückmeldung! Herzlichen Gruß, Elisabeth


Biggi Welter

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Liebe echtberlin, Hut ab, dass Sie es soweit geschafft haben, da hätten viele andere längst das Handtuch geschmissen! Gerade weil Ihr Kind so zögernd zunimmt, ist es sicherlich nicht sinnvoll, einen Rhythmus zu erzwingen oder weniger anzulegen. Alle Stillexperten sind sich schon seit sehr langer Zeit einig: bei einem gesunden, voll ausgetragenen und gut gedeihenden Baby ist Stillen nach Bedarf das Optimale. So wird sichergestellt, dass das Kind die Nahrung, die es braucht, immer dann bekommt wann es sie braucht. Eine Ausnahme stellen schlecht zunehmende Kinder oder kranke Kinder dar, da kann es sein, dass die Mutter regulierend eingreifen muss und das Baby eventuell zum Stillen wecken muss. Im Durchschnitt will ein kleines Baby wie Ihre Tochter in unregelmäßigen Abständen zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Solange das Kind gut gedeiht, können Sie es auch unbesorgt Ihrer Tochter überlassen, wie lange oder kurz sie an der Brust trinkt. Das Einzige, worauf Sie sich bei einem Baby verlassen können, ist, dass Sie sich auf nichts verlassen können. Der „Rhythmus" eines Baby ist ständigen Änderungen unterworfen und keineswegs eine feste Größe. Wie viel Milch eine Frau abpumpen oder ausstreichen kann sagt NICHTS darüber aus, wie viel Milch sie tatsächlich bildet. Erstens gibt es ganz große Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Milchpumpen (und noch dazu arbeitet nicht jede Pumpe bei jeder Frau gleich wirkungsvoll). Zweitens ist das Abpumpen oder Ausstreichen eine Technik, die erlernt werden muss (die Frau muss auch lernen mit der Pumpe einen Milchspendereflex auslösen zu können) und drittens gibt es keine Pumpe, die so wirkungsvoll eine Brust entleeren kann wie ein Baby. Dazu kommt, dass der Milchspendereflex bei der Mutter um ein vielfaches besser durch ein Baby als durch ein Milchpumpe ausgelöst wird. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass der Magen Ihres Kindes sich verkleinert, die meisten Babys trinken genau so! So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa zwölf Wochen zu erwarten. Ich kann Ihnen gerne empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi


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