Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen u.Verdauungsprobleme

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen u.Verdauungsprobleme

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Hallo Biggi, meine 6 Wo.alte Tochter hat seit kurzem Probleme mit der Verdauung. Erst hatte sie massive Blähungen und nun krümmt sie sich, strampelt mit den Beinchen während des Stillens und auch danach. Die Ärztin hat uns Sab Simplex Tropfen gegeben und meinte ich solle die Milchmenge verkleinern (sie hat in 5 Wo. 1,2 kg zugenommen). Nun traue ich mich kaum noch sie öfter als 3-4 stunden an die Brust zu lassen, da ich denke, dass sonst ihr Verdauungstrakt gar nicht mehr mit der Milchmenge und deren Verdauung zurecht kommt. Ich habe vorher immer jede Brust ca. 15 Minuten gegeben. Zwischendurch habe ich sie gewickelt und achte natürlich immer auf ein Bäuerchen. Ist es trotz der Verdauungsstörungen i.O. so weiterzumachen wie bisher. Oder sollte ich lieber nur eine Seite geben? Oder ist es weiterhin okay, wenn ich ihr nach Bedarf die Brust anbiete? Was ist wenn nicht jedes Mal ein Bäuerchen gelingt? Manchmal schläft sie so schön an der Brust ein und ich möchte sie eigentlich nicht jedes Mal erneut wachmachen. Hilft es, wenn ich ab und zu etwas Fencheltee trinke? Meine Tochter selbst mag den Tee nicht, da sie nicht aus der Flasche trinkt. Kann ihr das evtl.bei der Verdauung helfen? Oder gibt es noch andere Tips (Massieren mit Windsalbe, Kirschkernkissen, Fliegergriff) helfen nur bedingt. Letztes Mal war ihr Stuhl etwas grünlich. Ist das bedenklich? Vorher hat sie immer dünnen gelblichen Stuhl immer so alle 1-2 Tage. Neulich war es gleich 3X am Tag und es ging zusammen mit extremen Blähungen regelrecht in die Windel geschossen. Kann das auch Durchfall sein? Nun hat sie seit 2 Tagen schon wieder keinen Stuhlgang. Ich ahcte beim Essen schon sehr darauf, dass ich nichts blähendes esse. Inwiefern ist Kohlensäure in Getränken bedenklich? Vielen Dank für die Mühe. Simone


Biggi Welter

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? Liebe Daniela, hastiges Trinken an der Brust und das damit dann häufig verbundene Spucken kann an einem starken Milchspendereflex der Mutter liegen, es kann aber auch durch eine ungünstige Stillposition begründet werden, manchmal liegt es auch daran, dass das Kind hingehalten wurde, um bestimmte Abstände zwischen den Stillzeiten einzuhalten und sich dann hungrig auf die Brust „stürzt". Was nun bei euch der Auslöser ist, kann ich nicht sagen und deshalb ist es am besten, ihr lasst euch einmal von einer Stillberaterin beim Stillen zuschauen. Die Kollegin kann Ihnen dann gezielte Tipps geben, wie Sie auf das Stillverhalten Ihres Kindes Einfluss nehmen können. Ich suche Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus, wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben. Bei einem reif geborenen und gesunden Baby gelten die folgenden Zeitangaben zur Aufbewahrung von Muttermilch: Bei Raumtemperatur Reife Muttermilch • 24 Stunden bei 15 ° C (Hamosh 1996) • 10 Stunden bei 19 bis 22 ° C (Barger und Bull 1987) • 4 bis 6 Stunden bei 25 ° C (Hamosh 1996, Pittard 1985) Im Kühlschrank Reife Muttermilch • 8 Tage bei 0 bis 4 ° C (Pardou 1994) Im Tiefkühlgerät • 2 Wochen in einem Tiefkühlabteil in einem Kühlschrank • 3 bis 4 Monate in einem Tiefkühlabteil eines Kühlschranks mit eigenständiger Kühlung (unterschiedliche Temperatur, weil die Tür häufig geöffnet und geschlossen wird) • 6 Monate und länger in einem separaten Tiefkühlgerät bei konstant - 19 ° C. (Quelle: The Breastfeeding Answer Book Ausgabe 1997) LLLiebe Grüße Biggi Welter Woher kommt der Mythos vom „Mindestabstand" ? Von Denise Both, IBCLC „Sie dürfen nicht so oft anlegen, dann hat die Brust ja keine Zeit, sich wieder zu füllen." „Zwischen zwei Stillzeiten MUSS ein Abstand vom mindestens zwei Stunden liegen sonst bekommt das Kind Bauchschmerzen" „Frische Milch darf sich nicht mit bereits angedauter Milch vermischen, deshalb dürfen Babys frühesten nach zwei Stunden wieder angelegt werden" Wohl jede Stillberaterin ist schon mit diesen Aussagen konfrontiert worden. KinderärztInnen, Hebammen und auch wohlmeinende Mitmenschen kommen immer wieder damit. Ist ein Mindestabstand wirklich notwendig oder sinnvoll? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares NEIN. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Abstand zwischen den Stillzeiten lange zu halten „damit sich mehr Milch ansammelt", denn die Brust funktioniert nicht wie eine Flasche, die wieder aufgefüllt werden muss. Der größte Teil der Milch wird während des Stillens gebildet. Ebenso ist es ein Ammenmärchen, dass ein Baby einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einhalten müsse, um zu verhindern, dass frische Milch auf angedaute Milch kommt. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Es gibt keinen Beweis, für die „Frische Milch auf halbverdaute Milch-Theorie", die besagt, dass zwischen zwei Stillmahlzeiten ein Mindestabstand von zwei Stunden eingehalten werden müsste, weil das Baby sonst Bauchschmerzen bekäme. Doch woher kommt diese Meinung? Die Vorstellung, dass der Magen zwischen zwei Mahlzeiten vollständig geleert werden müsse, geht wahrscheinlich auf den Kinderarzt Prof. Adalbert Czerny (1863 – 1941) zurück, vor allem auf das, was er in seiner 1893 erschienen Veröffentlichung „Die Ernährung des Säuglings auf Grundlagen der physiologischen Funktionen des Magens" und seinem 1922 veröffentlichten Buch „Der Arzt als Erzieher des Kindes" geschrieben hat. Czerny hielt es einerseits für absolut notwendig feste Abstände zwischen den Stillmahlzeiten einzuhalten, damit sich zwischen den Mahlzeiten der Magen komplett entleert und sich die Magensäure (Salzsäure) ansammeln und antiseptisch wirken kann und andererseits maß er dem streng einzuhaltenden Stillrhythmus einen hohen erzieherischen Wert bei. Nach seinen Beobachtungen entwickelten sich mit künstlicher Säuglingsnahrung (zur damaligen Zeit überwiegend Kuhmilch) gefütterte Babys besser, wenn zwischen den Mahlzeiten ein Abstand von vier Stunden eingehalten wurde. Daraus schloss er, dass es auch für gestillte Kinder besser sei, einen Mindestabstand und festen Rhythmus einzuhalten. Nachdem er festgestellt hatte, dass Muttermilch nach eineinhalb bis zwei Stunden den Magen vollständig verlassen hatte und Kuhmilch nach drei Stunden, legte er die Abstände der Mahlzeiten für gestillte Kinder auf mindestens drei Stunden, für kuhmilchgefütterte Kinder auf mindestens vier Stunden fest. Es wurde – wie so oft – einfach eine Vorgehensweise, die für nicht gestillte Kinder sinnvoll sein konnte, auf gestillte Kinder übertragen und bis heute hält sich die Vorstellung von dem Mindestabstand in vielen Köpfen, zum Leidwesen vieler junger Mütter und ihrer Babys.


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