Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen Nachts - wie oft ist normal?

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen Nachts - wie oft ist normal?

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Hollo, meine Tochter ist jetzt 5 Monate - ich stille sie voll. Anfangs hat es ganz gut geklappt, daß ich sie am Spätnachmittag 2x schon nach 2 Std. gestillt habe. Damit sie in der Nacht länger satt ist. Schlief ca. 5 - 6 Std. durch bis ca. 3,5 Monate. Dann wurde sie alle 3 Stunden wach. Hab ihr dann zur Überbrückung den Schnuller gegeben. Aber seit ca. 3 Wochen spuckt sie den Schnuller immer wieder aus. Resüme daraus, ich stille sie rund um die Uhr alle 3 Std. Sie will auch die Spätnachmittagliche 2Std.-Abstände nicht mehr. Stillen vor dem Schlafengehen will sie nicht, da sie, glaube ich, einfach schon müde ist und nur mehr schlafen will. Ausserdem vor den 3 Std. geht bei ihr nichts. Teilweise will sie dann morgens erst nach 4 Std. wieder trinken. Da sie ja in der Nacht schon genügend bekommen hat. Ich hab auf jedem Fall genügend Milch. Nur meine Fragen: Ist es normal für 5 Monate? Oder braucht sie zusätzlich Feste Nahrung? Den Schnuller als Überbrückung - weiterhin versuchen? Hab tagsüber mehrmals versucht, sie öfters zu stillen - will sie aber nicht. Habe eigentlich vor, länger zu stillen und mit ca.6.5 Monaten mit der Beikost anzufangen (Wegen Allergiegefährdung), frage mich nur ob der 3 Std. Rythmus bleiben die nächsten Wochen bleiben wird. Lg Tanja


Biggi Welter

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? Liebe Tanja, Essen und Schlafen sind zwei verschiedene Dinge und es ist keineswegs so, dass die Einführung von Beikost oder künstlicher Säuglingsnahrung dazu führen, dass ein Baby länger schläft. Die Idee, das Kind ausreichend „abzufüllen“ und dann schläft es, funktioniert nicht. Gäbe es die `WundernahrungA, die ruhige Nächte garantiert, wäre sie außerdem längst (mit großem Werbeaufwand bekannt gemacht) im Supermarkt oder der Apotheke zu kaufen und es würde sich jemand eine goldene Nase damit verdienen. Es ist geradezu klassisch, dass ein Baby in diesem Alter anfängt nachts (wieder) häufiger aufzuwachen und auch wieder häufiger nach der Brust zu verlangen. Das liegt jedoch nicht daran, dass die Milch nicht mehr ausreicht, sondern ist entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen `RückschrittA zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn das Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Es ist normal und keineswegs ungewöhnlich oder gar ein Versagen der Eltern, dass ein Baby nachts aufwacht und gestillt werden will (oder die Flasche braucht) und dies auch noch wenn es älter als nur einige Wochen ist. In der Frage, ob ein Baby ab einem gewissen Alter nachts noch etwas zu essen (oder zu trinken) braucht, scheiden sich die Geister ganz gewaltig. Aber auch ältere Kinder haben nachts Hunger. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Und auch eine Flasche oder ein Brei am Abend sind keine Garantie für lange Schlafphasen in der Nacht. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Außerdem ist das Stillen ja nicht nur reine Nahrungsaufnahme sondern viel mehr, so dass es sich keineswegs mit einer nächtlichen Flasche gleichsetzen lässt. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens „Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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