Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen - komme immer weniger damit klar

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen - komme immer weniger damit klar

Mitglied inaktiv

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Hallo liebe Biggi, Deine Arbeit hier finde ich ganz toll und Du hast mir schon mehrfach geholfen. Danke! Mein kleiner Sohn ist nun 10 Monate alt, wurde knapp 6 Monate voll gestillt und nun stille ich noch einmal am Morgen und nachts. Da er nachts noch so zwischen 2 und 5 Mal aufwacht, stille ich ihn dann in den Schlaf. Seit einigen Tagen kann ich das aber oft nicht mehr ertragen. Er saugt und saugt, nach meinem Gefühl kommt aus der Brust nix mehr raus (Einbildung?). Habe dann einfach das Gefühl, ausgesaugt, ausgelaugt zu werden. Und dann habe ich sogar manchmal das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Dann muss ich ihn "abdocken", um mal wieder richtig durchzuatmen. Aber er saugt ja dann sofort wieder weiter, und ich bekomme wieder diese Beklemmung. Es ist nicht so, dass ich grundsätzlich gar nicht mehr stillen möchte. Ich finde es schön, am Morgen nochmal zu stillen und auch, wenn es einmal pro Nacht wäre und ich das Gefühl hätte, da sprudelt richtig die Milch, auch. Aber so fühle ich mich wohl irgendwie ausgeliefert, fremdbestimmt... Ich kann es schlecht beschreiben. Hast Du einen Tipp für mich, wie ich entweder meine Einstellung wieder ändern kann oder wie ich evtl. nachts mit seltenerem Stillen weiter machen kann. Danke! Liese


Biggi Welter

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Liebe Liese, viele Frauen erleben zwischendurch eine Phase der Stillmüdigkeit. Sie wünschen sich wieder mehr Freiraum für sich und auch wieder mehr Verfügungsrecht über ihren Körper. Dieses Gefühl kennt vermutlich jede Frau, die längere Zeit stillt. Doch das ist letztlich nicht wirklich etwas, was sich durch Abstillen erreichen ließe, denn es ist nicht wirklich so, dass das Stillen die Frau "anbindet" und müde macht, sondern es ist die Mutterschaft. Wir alle haben irgendwann oder immer wieder einmal Sehnsucht nach dem Leben v.K. (= vor dem Kind) als "Mama noch eine Frau war". Muttersein ist einer der härtesten und anstrengendsten Berufe der Welt ist, der sieben Tage die Woche und 52 Wochen im Jahr einen 24 Stunden Dienst ohne Urlaubsanspruch und Krankschreiben bedeutet. Und an dieser Tatsache ändert sich nichts, ob frau nun stillt oder nicht. Selbst wenn eine Mutter ihr Kind vorübergehend in die Betreuung durch Vater, Großmutter oder Babysitter gibt, bleibt sie die Mutter und wird das Kind nicht aus ihren Gedanken streichen können oder die Verantwortung dafür abgeben können. Abstillen gibt keiner Frau das Leben vor dem Kind wirklich zurück. Du musst dir bewusst sein, dass sich durch das Abstillen dein Leben keineswegs auf wundersame Weise positiv verändern wird. Falls Du diese Vorstellung haben solltest, kannst Du eine herbe Enttäuschung nach dem Abstillen erleben. Dein Kind wird nicht auf einmal durchschlafen und Du wirst es anderweitig beruhigen müssen. Ein radikaler Brustentzug wird für dein Kind sicher sehr schwierig sein und mit vielen Tränen verbunden. Vielleicht kannst Du statt von jetzt auf gleich nicht mehr zu stillen, die Zeit an der Brust schrittweise immer weiter verkürzen, so dass der Übergang fließend ist. Eine andere Möglichkeit ist es, dass statt dir dein Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Du wendest dich jedesmal dem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Das Verändern von Ritualen kann helfen. Wenn dein Partner nicht einspringen kann, bleibt es an dir, dein Kind auf andere Weise zu trösten und zu beruhigen und ihm einen Ersatz für die Brust anzubieten. In dieser Situation ist einNachthemd bzw. Kleidung, die sich vorne nicht öffnen lässt oft hilfreich. Wichtig ist, dass dein Kind weiterhin deine Liebe und Zuneigung spürt und Du allmählich und mit viel Liebe vorgehst und nicht zu schnell die Geduld verlierst. Denke daran, dass das Stillen für dein Kind viel mehr ist, als nur Ernährung. Außerdem möchte ich dir das Buch "Wir stillen noch über das Leben mit gestillten Kleinkindern" von Norma J. Bumgarner empfehlen, das bei La Leche Liga und jeder La Leche Liga Stillberaterin (also auch bei uns) und im Buchhandel erhältlich ist. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Liebe Biggi, vielen Dank für Deine tolle Antwort!!! Deine Worte sind sehr wahr, denke ich. Ich werde mir das Buch bestellen und möchte auch unbedingt weiter stillen. Du hast recht, das Muttersein ermüdet mich wirklich öfter einmal sehr. Aber es ist oft schwer, in Worte zu fassen, was daran so ermüdend ist. Du hast es sehr schön ausgedrückt und ich habe es gleich auch meinem Freund vorgelesen. Danke nochmals. Liebe Grüße Liese


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