Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen 10 Monate altes Baby

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen 10 Monate altes Baby

Romy1976

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Liebe Expertinnen, mein Sohn wird bald 10 Monate alt. Er wurde 6 Monate voll gestillt und bekommt seitdem mehr oder weniger erfolgreich Beikost. Hier sein Speiseplan: Morgens: Stillen und / oder GOB Mittags: 1 Gläschen Gemüse Fleisch Brei 190 gr (leider mag er nichts Selbstgekochtes, ich bleib aber dran), evtl. Obst als Nachtisch Nachmittags: Stillen und / oder GOB Abends: Milchbrei mit Obst Zum Einschlafen: Stillen Nachts: 1-3 mal Stillen. Eigentlich bin ich ganz zufrieden so wie es ist und mein Sohn glaube ich auch. Meine Intuition sagt mir, dass alles in Ordnung ist und normalerweise kann ich mich auf mein Gefühl immer verlassen. Trotzdem komme ich mir manchmal sehr exotisch vor, da in meinem Umfeld (Krabbelgruppe etc.) keine Mutter mehr stillt. Auch meine Hebamme, mein Kinderarzt und mein Frauenarzt wollen mich permanent zum Abstillen ermuntern. Gerade das Einschlafstillen soll ich schnellstmöglich aufgeben, da sich mein Sohn das sonst als Ritual angewöhnt. Ist das so? Aber was soll ich denn sonst tun? Ich werde mein Baby auf gar keinen Fall schreien lassen. Künstliche Sauger werden von meinem Sohn entrüstet wieder in hohem Bogen ausgespuckt. :-) Überhaupt ist der kleine Kerl sehr fixiert auf meine Brust. Heute z.B. wollte ich ihm zum Frühstück zur Abwechslung mal ein Brot machen. Er schaute mir erst zu, wie ich das Brot schmierte und als ich ihm dann ein Stück gab, stellte er sich in seinem TrippTrapp auf, beugte sich vorne über und fing entrüstet an zu versuchen unter die Öffnung meines Stillnachthemdes zu wühlen. Das macht er eigentlich immer, wenn er an die Brust will, er weiß genau wo er hin muss und wurschtelt dann immer sehr fordernd an meinen Oberteilen rum. Oder er saugt sich an meinem Hals fest, wenn ich ihn auf dem Arm habe. Nicht jedesmal, nur wenn er an die Brust will. Mich irritiert diese fordernde Art etwas. Muss ich mir wirklich Sorgen machen, dass er zu sehr auf Stillen fixiert ist? Muss ich dem Einhalt gebieten oder soll ich meinem Gefühl folgen und ihn gewähren lassen? Abstillen kommt für mich noch nicht in Frage. Für mich ist die Situation momentan nur so schwierig, weil mein Umfeld (außer mein Mann) kein Verständnis für meine Situation hat und mir die schlimmsten Szenarien von 6jährigen, die immer noch stillen und nicht durchschlafen vor Augen führen wollen. Wenn ich so weitermache heißt es dann immer... Stillen sich Kinder nicht irgendwann auch problemlos von alleine ab? LG Romy


Biggi Welter

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Liebe Romy, Sie machen es genau RICHTIG, nicht falsch :-). Wie ich schon häufiger erklärt habe, sollte Muttermilch im gesamten ersten Jahr die Hauptnahrungsquelle für das Baby sein. Die Beikost sollte zunächst ergänzen und nicht ersetzen. Mit zunehmendem Alter werden die Mengen an Beikost von alleine größer und die Muttermilch tritt zunehmend zurück. Im Idealfall ist dies ein allmählich verlaufender Prozess, der nicht viel Steuerung braucht. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Liebevolles Eingehen auf die Bedürfnisse der Kinder, ihnen die Zeit lassen, die sie brauchen, um jeweils den nächsten Schritt zu meistern, das ist der Tipp, den ich allen Eltern nur wärmstens ans Herz legen kann. Wir würden niemals an einer Blume ziehen, damit sie schneller wächst, denn jeder weiß, dass sie dann eingehen würde. An unseren Kindern sollten wir auch nicht „ziehen". Ihr Kind wird von ganz alleine weiger stillen und mehr essen und irgendwann auch ganz auf die Brust verzichten können. Es gibt ein neues Buch, ich habe das druckfrische Exemplar gertade gelesen und bin beeindruckt! "Besucherritze - Ein ungewöhnliches Schlaf- Lern- Buch" setzt sich mit dem Kinderschlaf auseinander und eröffnet dem Leser einen neuen Blickwinkel auf dieses Thema. Das Buch befasst sich mit entwicklungspsychologischen Erkenntnissen zum Bindungsverhalten von Kindern, mit gesellschaftlichen und kulturellen Einflüssen, die das Schlafverhalten und die Einstellung der Eltern beeinflussen und wirft einen kritischen Blick auf die Ratschläge in den gängigen Schlaflernbüchern. Der gesamte Themenkomplex wurde mit einem humorvollen Unterton aufgearbeitet und wird dem Leser in leicht zu lesender und unterhaltsamer Form präsentiert. Ein kurzer Theorieteil befasst sich mit den Erkenntnissen der Bindungstheorie. Das Buch bietet keine rezeptartigen Ratschläge, wie andere Elternratgeber es tun, sondern plädiert für einen entspannten Umgang und eine neue Sichtweise auf das als problematisch empfundene Schlafverhalten von Kindern. Das Lesen soll aber in erster Linie Spaß machen und die Eltern in ihrem intuitiven, an den kindlichen Bedürfnissen orientierten Erziehungsverhalten bestärken. Vielleicht kann Ihnen die Lektüre den Rücken etwas stärken. LLLiebe Grüße, Biggi


blauerVogel

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Laß dir nichts einreden!! Ich arbeite beruflich mit Kindern von 0- 3 Jahren. Was meinst du, wie viele Mamas irgendwann ankommen und mir im Vertrauen erzählen, dass sie noch stillen. Und das Kind ist "doch schon" 2 Jahre alt. :-) Es sind mehr Mütter als man denkt. Nur traut sich das keine mehr sagen. Ich hab auch 2 Jahre gestillt. Diesmal warte ich, bis meine Kleine sich selber abstillt. Bin ganz gespannt. Vielleicht stille ich dann tatsächlich 3 Jahre oder mehr....


Romy1976

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Hallo blauer Vogel, Ich wünschte wirklich, ich hätte hier solche Mamas, wie Du sie beschreibst in meiner Nähe. Habe mal nachgezählt, wie viele Mamas ich kenne mit gleichaltrigen Babys, das dürften so 15-20 sein und davon stillt definitiv KEINE mehr. Wundert mich ja auch, ich finde es vollkommen selbstverständlich Kinder mit 10 Monaten noch zu stillen. Was mich noch mehr wundert ist, dass alle so froh sind endlich abgestillt zu haben, ich wüßte gar nicht, was ich ohne Stillen machen soll. Und eine Stillgruppe gibt es auf dem Land hier auch nicht, dazu müßte ich 50 km in die nächste große Stadt fahren. Es tut gut, im Internet zu lesen, das es durchaus Frauen gibt, die lange über das, was die meisten als "normal" bezeichnen, hinaus stillen. Wenn mein Sohn nachts "wach" wird (er wird glaub ich gar nicht richtig wach), dann fängt er an zu schreien und sucht wie ein Fisch auf dem Trockenen mit seinem Mund ganz verzweifelt schnappend sofort nach meiner Brust, das ganze wie gesagt ohne richtig wach zu werden und mit fest geschlossenen Augen. Diese Fixierung macht mir halt ein wenig Sorge. Ich habe kaum eine Chance ihn ohne Brust zu beruhigen bzw. wenn ich mal nicht verfügbar bin, kommt mein Mann ganz schön ins Schleudern. :-) Auch beim Brei füttern greift er mir neuerdings ständig schimpfend von seinem Hochstuhl aus Richtung Brust, da gibt es ja auch was viel Besseres zu essen. :-). Vor allem in der Öffentlichkeit ist das ziemlich kurios. Für mich ist eine Stillzeit von 1-2 Jahren vollkommen ok. Allerdings möchte ich gerne zeitnah wieder schwanger werden, was für mich persönlich ein Abstillgrund wäre, da ich mir Tandemstillen überhaupt nicht zutraue.


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