Frage im Expertenforum Stillberatung an Kristina Wrede:

stille ich zu oft?

Kristina Wrede

 Kristina Wrede
Stillberaterin
Frage: stille ich zu oft?

Mitglied inaktiv

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Hallo Frau Welter, meine Tochter ist heute 20 Tage alt. Vormittags (ca. 8-13 Uhr) und Abends (ca. 18-23 Uhr) ist sie schon wach. Zu diesen Zeiten ist sie oft unruhig, weint und will nur auf dem Arm sein. Sie trinkt dann immer zwei, drei Minuten lang, oft fällt ihr die Brustwarze dann aus dem Mund. Max. eine halbe Stunde später sucht sie wieder. Ich gebe ihr dann die Brust, sie ist dann immer sehr aufgeregt und ruckelt mit dem Köpfchen bis sie die Brustwarze korrekt im Mund hat. Dann saugt sie wieder nur kurz bevor sie wieder unruhig wird. Nachmittags und Nachts stille ich sie alle 2-3 Stunden, je nachdem wie sie sich meldet. Das ist dann immer ein ganz anderes Stillen, sehr ruhig und länger (ca. 10-15 Minuten). Sie hat schon gut zugenommen, ich glaube nicht, dass sie zu wenig zu Essen bekommt. Wie bekomme ich "Ruhe" in die morgendlichen und abendlichen Phasen? Soll ich versuchen sie nicht so oft anzulegen? Mit rumlaufen beruhigt sie sich manchmal, aber ich habe doch das Gefühl dass sie ständig was essen will. Wobei sie ja dann nach ein paar Minuten wieder unruhig wird... . Vielen Dank für Ihre Antwort. Viele Grüße Katrin


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Liebe Katrin, geben Sie sich und Ihrem Kind die Zeit, die ihr beide braucht, um euch an das neue Leben zu gewöhnen. Denken Sie daran, dass Sie jetzt Wöchnerin sind. Leider ist es in unserer Kultur nicht (mehr) so sehr verbreitet darauf Rücksicht zu nehmen, dass eine Frau, die gerade ein Kind geboren hat, Zeit braucht. Zeit zur Erholung, Zeit zum gemeinsamen Kennenlernen des neuen Menschleins, Zeit ums sich an die ganze Veränderung, die so ein kleiner Erdenbürger mit sich bringt zu gewöhnen. Scheuen Sie sich jetzt nicht, jede Hilfe, die Sie bekommen können anzunehmen, so lange diese Hilfe nicht darin bestehen soll, Ihnen Ihr Kind abzunehmen. Nutzen Sie die Zeit, die Ihr Kind während des Tages lässt zum Ausruhen und Schlafen und nicht für den Haushalt, der kann gut und gerne einige Zeit auf Sparflamme laufen. Ihr Baby ist ein noch recht junges Baby und das Verhalten entspricht schon fast "lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem "non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: "Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. Sie können sich und Ihrem Baby das Leben sehr viel einfacher machen, wenn Sie sich auf Ihr Kind einlassen. Die oben erklärten Zusammenhänge machen es Ihnen möglicherweise einfacher, dem Bedürfnis des Kindes entgegenzukommen, zumal es erwiesen ist, dass es sich langfristig auszahlt, diese Bedürfnisse jetzt zu stillen. Babys in diesem Alter wollen durchschnittlich zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Da bedeutet aber nicht, dass sie regelmäßig alle zwei bis drei Stunden trinken wollen, sondern sie trinken unregelmäßig. Es gibt Zeiten mit häufigeren "Stillepisoden" und Zeiten in den sie seltener trinken mögen. Diese Verhalten heißt "Cluster feeding" und ist das absolut typische und normale Verhalten kleiner Babys. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa drei Wochen zu erwarten. Das Marathonstillen kann für Sie sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass Ihr Baby durch den Stillmarathon IhreProlaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Ein gesundes, voll gestilltes Kind braucht auch keinen Tee (und wenn es welchen bekommt, dann ist es nicht mehr voll gestillt). Tee ist ein Arzneimittel und ein gesundes Kind braucht keine Medikamente. Tee kann nicht nur unerwartete Nebenwirkungen mit sich bringen (da Tees nun einmal eine Arzneiwirkung haben, haben sie auch Nebenwirkungen), sondern auch zu Problemen wie Gedeihstörungen (das Baby erhält eine kalorienarme oder kalorienfreie Flüssigkeit, die den Magen füllt und so verhindern kann, dass es oft genug an der Brust trinkt) oder auch Saugverwirrung (wenn der Tee mit der Flasche gegeben wird) führen und sogar das Abstillen einleiten. Alle Flüssigkeit, die ein voll gestilltes Baby braucht, bekommt es an der Brust (auch bei heißem Wetter, Beduinenfrauen geben auch weder Tee noch Wasser). Eine Studie in den Tropen ergab sogar, dass vollgestillte Kinder mehr Flüssigkeit aufnahmen als die Kinder, die zusätzliche Flüssigkeit bekamen (Sachdev, Krishna, Puri et al., 1991). Nur Mut, Babys bleiben nicht immer so klein und anstrengend, es wird mit zunehmendem Alter immer leichter und auch Sie bekommen mehr Routine im Alltag mit Kind. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Eine Stillberaterin in Ihrer Nähe finden Sie im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Herzlichen Gruß, Kristina Heindel


Mitglied inaktiv

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Hallo, ich kann dir nur empfehlen es mit einem Tragetuch zu versuchen, wenn dein kind häufig unruhig ist. Bei meinen beiden Söhnen war das ein großer Erfolg und man hat ein bißchen Bewgungsfreiheit und eine Hand frei. Ansonsten kann ich nur das selbe empfehlen wie Frau Heindl. bei mir war es genau so. manchmal bildet man sich ein, das Baby ist unzufrieden mit der Brust, aber das ist es nicht, es drückt halt mal der Bauch oder die Zähne schießen ein, aber es lohnt sich in jedem Fall beim stillen zu bleiben! Niergendswo ist es schöner als an der Brust von der Mama!


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Hallo Frau Heindl, über Ihre ausführliche Antwort habe ich mich sehr gefreut - herzlichen Dank!!! Danke für die Tipps und die Internetadressen, ich werde mich weiter schlau machen. @stöpsellein - Danke für den Tipp mit dem Tragetuch, das werde ich mal ausprobieren! Viele Grüße Katrin


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