Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stille ich ihn zu oft? Wie oft ist "normal" ?!

Frage: Stille ich ihn zu oft? Wie oft ist "normal" ?!

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Hallo Biggi, eine Frage: Ben ist jetzt 19 Wochen alt. Wie oft ist es eigentlich normal, dass ein Baby in dem Alter gestillt werden will? Ich stille nach Bedarf, aber die Abstände, in denen er sich meldet, werden irgendwie immer kürzer. Meine Freundin hat ihren Sohn einen Tag nach mir bekommen, sie stillt ihn nur 5x täglich und nachts schläft er 10-12 Stunden durch. Wir sind bei ca. 7x täglich stillen und nachts auch mindestens 2x noch zusätzlich. Ich frage mich, ob ich vielleicht was falsch mache? Der Kleine von meiner Freundin ist aber viel propperer und größer, Ben ist ein kleiner dünner Hering, daher möchte ich ihm natürlich auch nichts vorenthalten und stille ihn, wann immer er will. Was meinst du? Ist es OK, nach Bedarf zu stillen, ohne auf die Uhr zu schauen, oder brauchen Babys in dem Alter schon einen festen Rhythmus? Er meldet sich momentan so alle 2-3 Stunden und hat 1x am Tag eine Phase(bzw. in der Nacht), da hält er auch mal 4-5 Stunden durch. Ist das zu häufig? Mache mir Gedanken, weil wirklich ALLE Babys meiner Bekannten und Freundinnen inzwischen durchschlafen (das sind 6 an der Zahl, die alle im Alter von Ben sind) - irgendwie signalisieren mir auch alle durch die Blume (also auch meine Mutter usw.) dass ich dann ja wohl irgendwas falsch mache! :-( Meine Mutter meint z.B., ich will das Kind wohl in Watte packen, sie habe mich damals auch mal eine Nacht durchschreien lassen und es habe mir nichts geschadet, sie hatte danach aber endlich Ruhe und ein durchschlafendes Kind. Ich habe auch schon mal tagsüber versucht, das Stillen hinauszuzögern, wenn ich der Meinung war, es ist noch zu früh, aber dann schreit er sich nur total in Rage und ist nach 5 Minuten so fix und fertig gewesen, knallrote Flecken im Gesicht, japste nach Luft - da kam ich mir dann vor wie eine Rabenmutter und habe mir geschworen, dass ich ihm (und mir) das nie wieder antu!!! Ich muss dazu sagen, dass der Kleine auch völlig auf mich vertraut, das merkt man ihm einfach an, er lässt mich z.B. nie aus den Augen, auch wenn andere ihn auf dem Schoß haben, guckt er immer, wo ich bin. Sobald er meine Stimme hört, lässt er alles stehen und liegen und lauscht mir andächtig, und wenn er schreit, hört er sofort auf, wenn er mich sieht. Ich finde das sehr schön, dass mein Kind mir so vertraut und so an mir hängt, aber meine Mutter meint z.B., das wäre ja schon bald eine Fixierung und wenn ich so weitermache, wird der Kleine auch, wenn er nicht mehr gestillt wird, sicher nie bei ihr übernachten wollen. Ich weiß echt nicht mehr weiter. Mache ich nun alles falsch? Aber was soll ich denn anders machen? Wieso schlafen die anderen alle regelmäßig 8-12 Stunden am Stück und Ben hat bisher gerade eine einzige Nacht gehabt, wo er mal 6 Stunden geschlafen hat - und da war er dann auch noch krank! Habe auch schon versucht, ihm abends HA2-Nahrung zuzufüttern, weil ich dachte, vielleicht sättigt meine Milch ihn nicht (bzw. haben mir das meine Mutter und mein Mann eingeredet, dass es daran liegen könnte), aber davon hat er dann nur 100 ml getrunken (mehr war nicht zu machen) und in der Nacht darauf meldete er sich noch öfter als sonst! Sorry für den Monolog, aber ich brauche echt mal jemanden, der mir sagt, was ich machen soll. Liebe Grüße Claudia mit Ben *28.12.05


Biggi Welter

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Liebe Claudia, GENAU SO weitermachen sollst Du :-). Alle Stillexperten sind sich schon seit sehr langer Zeit einig: bei einem gesunden, voll ausgetragenen und gut gedeihenden Baby ist Stillen nach Bedarf das Optimale. So wird sichergestellt, dass das Kind die Nahrung, die es braucht, immer dann bekommt wann es sie braucht. Es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Es ist schade, dass inzwischen so viele Mütter total verunsichert sind und sich nicht mehr trauen, ihrem Instinkt zu folgen und die Babys Baby sein zu lassen. In einem amerikanischen Buch über die Entwicklung von Kindern (Aldrich: "Babys are Human Beeings"') habe ich einmal den wichtigen Satz gefunden "Damit Kinder sich gut entwickeln können, sind liebevolle Fürsorge und ein beständiges, direktes Eingehen auf ihre Bedürfnisse so ausgesprochen wichtig". Das steht zwar manchmal im Widerspruch zu unserem "modernen, westlichen" Lebensstil, aber es zahlt sich langfristig aus. Ein so kleines Wesen kann man noch gar nicht verwöhnen. Dein Baby hat noch keinerlei Zeitgefühl und deshalb ist es am besten, auf seine Bedürfnisse sofort zu reagieren. Deine Tochter empfindet zum Beispiel jetzt ein Hungergefühl. Sie befindet sich damit in einer unangenehmen Lage, aus der sie sich nicht selbst befreien kann, und schreit deshalb. Sie hofft, dass dann jemand (also Du) kommt und sie aus dieser unangenehmen Situation erlöst. Da sie noch nicht versteht was gleich, in ein paar Minuten oder nächste Woche bedeutet, ist die Jetzt Situation für sie bestimmend und erscheint ihr endlos. Ansprüche und Bedürfnis stimmen bei einem Baby überein. Wenn dein Baby also aufhört zu weinen, sobald Du es hochnimmst (und an die Brust legst), dann behalte es einfach weiter in deinem Arm und sei froh, dass Du da bist, um auf dieses wichtige emotionale Bedürfnis einzugehen. Es ist ein seit Jahrtausenden und in vielen Kulturen bewährtes "Mittel" ein Kind an der Brust zu beruhigen und zum Einschlafen zu bringen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses "natürliche" Verhalten des Kindes nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys und Kleinkinder wissen nicht, was zur Zeit "Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben und Eltern, die nicht in das "Schema der derzeitigen Mode" passen, werden verunsichert. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass niemand fragt "Wann muss das Kind selbstständig atmen lernen" oder "Wann muss das Kind frei laufen können"? Beim ersteren geht jeder davon aus, dass dies eine Fähigkeit ist, die ein gesundes Kind selbstverständlich beherrscht und bei zweiten wird eine große Zeitspanne von vorneherein als normal angenommen. Nur beim Schlafen, da wird dem Kind nicht die Kompetenz zugestanden, dass es auch diese Fähigkeit selbst und in dem für es passenden Tempo entwickeln wird. Da wird immer wieder behauptet, dass die Eltern das Kind entsprechend "trainieren" müssen. Ein Baby schläft alleine und ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass bis jetzt noch jedes Kind aus dem Bett der Eltern ausgezogen ist und zwar lange vor der eigenen Hochzeitsnacht: ). Die Zweifler und all die, die meinen, dass sie es besser wissen, kannst Du ja mal fragen, ob sie gerne alleine schlafen und ob sie der Meinung sind, dass sie ihren Partner "verwöhnen" (im Sinne von "verziehen"), wenn sie gemeinsam in einem Bett, vielleicht sogar aneinandergekuschelt, schlafen. Um Menschen bewusst zu manipulieren, muss ein gewisses logisches Denkvermögen und auch bereits eine vorausschauende Denkweise vorhanden sein. Über beides verfügt ein Baby oder Kleinkind noch nicht, denn es kennt noch keinen Zeitbegriff und es hat auch noch keine zielgerichteten Gedankenfolgen wie sie erforderlich sind, um den Eltern "auf der Nase herumzutanzen". Es ist deshalb auch nicht möglich ein Baby zu "verwöhnen" im Sinne von "verziehen". Ohnehin ist verwöhnen ja nichts Negatives. Freuen wir uns nicht alle darüber, wenn uns jemand verwöhnt will heißen etwas Gutes tut. Verwöhnen ist nichts anderes als jemandem etwas Gutes tun, dafür zu sorgen, dass er sich wohl fühlt und das ist etwas Positives. Phasen, in denen nur die Mama zählt gibt es ebenso wie Phasen, in denen der Vater bevorzugt wird. Das gehört zur Entwicklung unserer Kinder dazu und diese Phasen vergehen und wechseln. So lange Du dich in der Stillbeziehung mit deiner Tochter wohl fühlst, ist alles in Ordnung und alle Außenstehenden haben schlicht und ergreifend kein Mitspracherecht. Ich weiß aus eigener Erfahrung wie schwierig es manchmal sein kann, sich mit dieser Einstellung in unserer Gesellschaft zu behaupten. Immer wieder trifft einem der Vorwurf der "Sklave" seines Babys zu sein. Aber: Kinder, die als Babys gelernt haben, dass sie sich auf ihre Mutter verlassen können, deren Bedürfnisse gestillt wurden, gehören später meist zu den Menschen, die in sich selbst ruhen, ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelt haben (denn sie waren ihren Eltern etwas wert) und ausgeglichen durch ihr Leben gehen können. Vertraue weiter auf deinen Instinkt. LLLiebe Grüße Biggi


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Hallo Claudia, ich bin zwar nicht Biggi, aber antworten möchte ich trotzdem. Du machst alles richtig! Du hörst auf dein Gefühl (nicht schreien lassen, stillen nach Bedarf) und auf die Bedürfnisse deines Sohnes und als Belohnung bist du für ihn die tollste Mama und wichtigste Bezugsperson. Das hat nichts mit Fixierung sondern mit ganz viel Vertrauen zu tun :o) Was die Stillabstände und das Gewicht angeht: Mein Sohn wurde mit 4220g geboren und ist jetzt ein ganz dünner (langer) Hering, der viel Hunger hat und sich aber ebenso viel bewegt. Und eben deshalb kommt er auch nachts öfter. Nicht nur zum Trinken, sondern auch, weil ihn seine ganze Mobilität zu erschrecken scheint und da braucht er manchmal Mamas Trost. Was die Geschichten mit dem Durchschlafen angeht : Lass dich nicht verrückt machen. Die wenigsten Kinder schlafen in dem Alter durch und die die es tun, sind selten (dafür gibt es umso mehr Eltern, die erzählen, dass es so ist:o) Ich kann dir nur raten, dir eine Stillgruppe zu suchen, die dich unterstützt und dir Mut macht. Ich war nie in einer, weil meine gesamt Familie mich toll unterstützt, wäre dem nicht so, hätte ich mir aber auch sofort eine gesucht. Zum Schluss nochmal: Mach weiter so (und schmeiß die blöde 2er Nahrung weg :o) Melanie


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beim thmea "durchschlafen" und "schule" wird von eltern am meisten gelogen und beschönigt ... lass dich nicht beirren!


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Seit ich zwei Kinder habe weiss ich dass selbst die besten Freundinnen dir die nicht immer die volle Wahrheit sagen.Lass dich nicht beirren.Solange es in Ordnung für dich ist,ist es ok für euch beide.


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will nur was dazusagen - habe ich auch alles was du zugesagt bekommen hast gehört. Mein Sohn ist mittlerweile 10 Mo. alt, gesund, glücklich und ein extrem freundliches Kind. Ich habe auch an Bigge Fragen über Fragen gestellt und die Antworten waren viel sinnvoller als die Tipps von Bekannten und Freundenkreis :) (mindestens könnte ich es mir nachvollziehen können das ein Baby ein Baby ist und kein Tyrant ist) ich hatte auch ein tolle Hebamme die mir genug Unterstützung gegeben hat gegen alle dieser Sinnlosehinweisen. Eine von meiner Freundin hat auch sowas über Schlaf erzählt aber wenn ich mit ihrem Mann gesprochen habe kam was ganz anders raus über das Schlafberhältniss des Kindes :) Macht es so weiter wie du es macht - wird alles Gut, viele Grüße, Vani


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