Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Natürliches Abstillalter und Zweifel

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Natürliches Abstillalter und Zweifel

Nancy27

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Liebe Biggi, ich danke dir sehr für deine wundervolle Arbeit hier im Forum. Ich fühle mich mit meinen Fragen hier gut aufgehoben. Nun zum Thema. Meine Tochter wird in wenigen Monaten 5 Jahre alt und langsam wird ihr Stillwunsch, den sie oft sehr stark zum ausdrucken bringt, zum Konfliktthema zwischen und aber auch zwischen meinem Mann und mir. Besonders geht es darum, dass sie partout nicht ohne Brust im Mund einschlafen will. Sie wehrt sich richtig dagegen. Wenn zb mein Mann mit singen und erzählen versucht, dass sie einschläft, weint sie irgendwann, weil sie nicht ohne meine Brust schlafen will! Mein Mann sagt, ich habe sie süchtig gemacht, sie wäre wie Drogen abhängig und es tue ihr nicht mehr gut. Am Tag geht eher, dass sie ein nein akzeptiert bzw kurz sauer ist und sich ablenkt. Nachts und abends bekommt sie Wutanfälle und weint sehr schnell. Ich Stille Tandem ihren 1 jährigen Bruder und kann lange Wutanfälle nachts schlecht gebrauchen. Ich habe immer auf das selbstständige Abstillen gewartet, weiß aber nicht, wie lange ich das noch abwarten möchte. Würde sie wirklich in nächster Zeit von alleine das Bedürfnis verlieren oder ist es schon nur noch Ritual? Herzliche Grüße, Nancy 


Biggi Welter

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Liebe Nancy, vielen lieben Dank für dein Lob – es freut mich sehr! Stillen ist eine ZWEIERbeziehung und wenn sich einer nicht mehr wohl fühlt, müssen Lösungswege gesucht werden. Möchtest du nur wegen der Kritik von außen abstillen oder wird es auch dir zu viel? Wenn du selbst nicht sicher bist, spürt deine Tochter das sofort und reagiert darauf. Wenn du allgemein stillmüde bist, dann ist es dein gutes Recht, die Situation zu verändern und du kannst klare Regeln festlegen. Manche Mütter beginnen damit, dass sie nur noch zum Einschlafen stillen oder wenn es dunkel ist oder am Morgen. Lass am besten die Zeiten wegfallen, die deinem Kind nicht ganz so wichtig sind. Bei Langeweile z.B. kannst du dein Kind ablenken und ihm eine Alternative zur Brust anbieten. Du kannst auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Eine Möglichkeit ist, dass du mit deinem Kind darüber sprichst, dass du das Stillen als unangenehm empfindest und dass du denkst, dass es nun an der Zeit ist, eure gemeinsame Stillzeit zu beenden oder zumindest das viele Stillen einzuschränken. Überlegt gemeinsam, wie ihr nun zu einem harmonischen Ende finden könnt. Vielleicht indem ihr auf ein bestimmtes Datum hinarbeitet oder aber auch durch ganz klare Regeln, die eben auch lauten können „Es wird nur noch gestillt, wenn es dunkel ist“ oder „wir stillen nur noch am Morgen“ oder aber „es wird nur einmal ausgepackt“. So lange DU nicht ABSOLUT sicher bist, dass Du weniger stillen möchtest, wird dein Kind das spüren! Ist die Mutter innerlich nicht davon überzeugt, dass sie ihr Kind ab- oder weniger stillen will, dann ist dieser Zweifel für das Kind sehr deutlich fühlbar und es reagiert in fast allen Fällen so, dass es eher noch häufiger gestillt werden mag. Zweifel und Unsicherheit sind für ein Kind unerträglich, Kinder brauchen Klarheit. Kinder sind für „geordnete Verhältnisse", Unsicherheit und Zweifel bringen sie aus dem Gleichgewicht. Wichtig ist nun, dass ihr zum einen wirklich miteinander redet und du deinem Kind klar erklärst und sagst, was du willst und was du nicht mehr willst. Zum anderen muss für dein Kind deutlich erkennbar sein, wo deine Grenzen gesetzt sind. Liebevolle Konsequenz ist das Zaubermittel in der Erziehung. Nimm dir einmal eine ruhige Stunde für dich, in der du wirklich unbeeinflusst von außen nachdenken kannst und mach dir dabei sogar ruhig eine Liste aller Gründe, die für ein Wenigerstillen jetzt sprechen und auch welche dagegen sprechen. Überlege dann, welche der Gründe tatsächlich für DICH Bestand haben. Überdenke deine Beziehung zu deinem Kind. Dein Kind wird Regeln lernen und das kann es in diesem Alter! Und ja, es ist normal, wenn dein Kind noch deine Nähe sucht und die Geborgenheit an der Brust vermisst und vehement einfordert! Wichtig ist, dass du dir Klarheit verschaffst und dann zu deiner Entscheidung stehst ganz gleich wie diese ausfällt. Wenn du dir deiner Entscheidung sicher bist, wird es euch beiden besser gehen. Fällt die Entscheidung von deiner Seite für das Weniger- oder Abstillen, dann wird dein Kind fühlen „Jetzt hat Mama keinen Zweifel mehr" und wird sich auch abstillen lassen, sicher nicht ganz ohne Wehmut, aber ohne riesige Verzweiflung. Ich kann dir noch einen Tipp geben: In diesem Alter hilft es oft, einen "Abstilltag" zu definieren. Dazu kannst du eine "Abstillparty" ansetzen, oder ihr vereinbart ein besonderes Abstillgeschenk, das sich deine Kleine jetzt schon aussuchen darf, und das sie an dem Tag X, den ihr vorab vereinbart, bekommen wird, weil sie ja dann nicht mehr stillen wird. Erfahrungsgemäß ist ein Zeitraum von 10 bis 14 Tagen ganz gut. Ihr könnt jeden Tag darüber sprechen, dass am Tag X das letzte Mal gestillt wird, und deine Kleine dann ihr Abstillgeschenk bekommen wird. So kann sie sich mental auf den Wechsel vorbereiten, und die Vorfreude lässt bei ihr den Verzicht aufs Stillen in den Hintergrund rücken. Wenn sie danach doch wieder stillen möchte, bleibst du natürlich beim Nein. Als Alternative kann es hilfreich sein, ihr das Kuscheln an der Brust zu erlauben. Wichtig ist, dass du dir möglichst viel Zeit lässt und deiner Tochter auch ihre Trauer (und auch Wut) zugestehst, denn für sie wird die Umstellung nicht ganz einfach. Sie wird sie jedoch schaffen, wenn du deine Tochter liebevoll begleitest. Herzlichen Gruß, ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn du mir schreibst, wie es weitergeht bei euch. Biggi  


Nancy27

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Hallo Biggi, vielen lieben Dank für deine so ausführliche Antwort! Das hilft mir schonmal sehr. Gerade wo du über Unsicherheit schreibst - Kinder sind sehr feinfühlig und merken das. Ja, ich bin noch unsicher und nicht entschlossen. Denn an manchen Tage nervt mich das häufige stillen oder wenn sie nachts wach ist und nur mit stillen einschlafen will. Und manchmal fragt sie selten und schläft gut und es ist alles OK für mich. Klar beeinflussen mich auch die Worte anderer naher Angehörigen. Sie sind schon schockiert vom Abstillalter bis 7 Jahre zu hören;)! Ich möchte einfach besonders, dass das Stillen meiner Tochter nicht schadet (Panik und Verzweiflung, wenn sie die Brust zum schlafen nicht sofort haben kann oä zb ) und würde dann wahrscheinlich keinen Kampf ums Abstillen beginnen, wenn ich sicher wäre, dass es aus ihrer Entwicklung heraus eben bis 7 von selbst zuende geht. Und etwas Angst hab ich auch, bzw mehr mein Partner, dass sie von anderen Kindern geärgert wird, denn sie ist ziemlich offen und wir können uns vorstellen, dass sie es dem ein oder anderen Kind erzählen würde. Den Großeltern sagt sie auch ganz klar, dass ihre Mama das entscheidet und sie noch Muttermilch darf. Einerseits ja toll, dass sie da selbstsicherer ist als ich :-D andererseits je nach Personen schlecht . Gerne halte ich dich auf dem laufenden:). Danke nochmal  LG Nancy 


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