Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Nachts Stillen

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Frage: Nachts Stillen

Mitglied inaktiv

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Hallo, ich stille meine Tochter (neuneinhalb Monate) morgens, abends und drei mal in der Nacht. Von der Beikost isst sie tagsüber eher spärlich. Gemüse (mittags) verweigert sie meistens, vom Getreidebrei (abends) isst sie recht gut. Da ich seit einigen Wochen wieder vollzeit arbeiten gehe, belastet mich das nächtlich Aufwachen zunehmend. Der Kinderarzt meint, dass meine Tochter so schlecht isst, weil ich sie noch so häufig stille. Ich habe aber den Eindruck, dass sie das Stillen nachts noch braucht - zum einen hat sie wohl Hunger, und zum anderen wegen der körperlichen Nähe. Hinzu kommt, dass sie sich anders als durch die Brust nachts nicht beruhigen lässt. Wenn mein Mann ihr zum Beispiel Wasser anbietet, trinkt sie nicht und schreit weiter bis ich sie stille. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll. Zum einen fühle ich mich tagsüber zunehmend müder und erschöpft, zum anderen aber möchte ich meine Tochter so lange stillen, wie sie es will und braucht. Liebe Biggi, haben Sie einen Rat?


Biggi Welter

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? Liebe Cori, es ist immer einfach, zu sagen, „Das Kind isst schlecht, weil es so viel gestillt wird" oder aber auch „Ein Kind in diesem Alter braucht nachts nichts mehr". Doch so einfach wie sich das sagt, ist die Realität nicht. Sie haben es sehr gut erkannt: Ihr Kind braucht nachts nicht nur die Muttermilch, es braucht auch die Nähe, es „tankt Mama". Gerade weil die Kleine jetzt wohl auch einen großen Teil des Tages von Ihnen getrennt sein dürfte, sucht und braucht sie in der Nacht das, was ihr am Tag fehlt. Viele berufstätige Mütter machen die Erfahrung, dass die Kinder die Zeit, die sie mit der Mutter zusammen verbringen auch wirklich im engen Kontakt mir ihr verbringen wollen, auch und besonders nachts. Nun muss ein Weg gefunden werden, wie Sie nicht unter der Mehrfachbelastung zusammenbrechen und gleichzeitig die Bedürfnisse der Kleinen bedacht werden. Dazu ist es oft hilfreich, wenn frau sich eine Liste mit all ihren Verpflichtungen macht. Schreiben Sie mal wirklich auf, was alles getan werden muss und wie oft es getan werden muss . Dann überlegen Sie, was Sie auf dieser Liste vielleicht streichen können, was nicht unbedingt zwingend so oft getan werden muss und was Sie an jemanden anderen delegieren können. Die auf diese Weise gewonnene Zeit sollten Sie unbedingt für sich und für Ihre Erholung nutzen. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lassen Sie den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Machen Sie den Tragetest. Bügeln Sie etwas und tragen Sie es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügeln Sie es nicht und tragen es für zehn Minuten. Dann vergleichen Sie ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Sie können dann eine Hälfte einfrieren und hast damit schnelle eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Kurz: beschränken Sie viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Sie auf diese Weise mehr Zeit für sich bekommen. Gibt es jemanden, der Ihnen im Alltag unter die Arme greifen kann? Scheuen Sie sich nicht alle Hilfe anzunehmen, die sich Ihnen bietet, solange diese Hilfe nicht darin besteht, dass Ihnen jemand Ratschläge gibt, die Ihre Art zu leben und mit Ihrem Kind umzugehen kritisieren. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, dass Ihnen Ihre Ärztin/Arzt vorübergehend eine Haushaltshilfe verordnet, bis Sie aus dieser starken Erschöpfung wieder herausgefunden haben. Lassen Sie auch mal kontrollieren, wie es um Ihre Gesundheit steht. Eisenmangel oder Schilddrüsenprobleme z.B. können zu der Erschöpfung der Frau beitragen. Wo schläft Ihr Baby denn? Die Nächte können sehr viel einfacher werden, wenn das Baby in unmittelbarer Nähe der Mutter schlafen kann. Für die Mutter ist es sehr viel praktischer, wenn das Baby mit im eigenen Bett liegt (was weltweit bei Mehrzahl aller Kinder und in unserer Kultur sehr viel mehr als von den Eltern zugegeben wird der Fall ist) oder auf einer Matratze oder in einem Kinderbett direkt neben ihrem Bett. Die Mutter muss nachts nicht aufstehen, muss nicht erst richtig wach werden, sondern kann im Liegen stillen und unmittelbar danach weiterschlafen. Auch das Kind muss gar nicht erst richtig wach werden und zu schreien beginnen und kann somit auch schneller wieder einschlafen. Auf diese Weise kann viel Kraft gespart werden und die Nächte verlaufen für alle Beteiligten ruhiger. Probieren Sie einfach mal verschiedene Wege aus. LLLiebe Grüße Biggi Welter


Mitglied inaktiv

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Liebe Biggi, vielen Dank für Ihre aufmunternden und stärkenden Worte. Eine Frage habe ich aber noch: Bekommt meine Tochter denn nicht zu wenig Nährstoffe und Vitamine, wenn sie so wenig isst und lieber an der Brust trinkt? Sie hat jetzt in den letzten drei Wochen 40 Gramm abgenommen statt zuzunehmen. Ihre Idee, meine Tochter nachts in meinem Bett schlafen zu lassen, um das Stillen zu erleichtern, finde ich eigentlich gut, nur habe ich Angst, dass ich die Kleine im Schlaf erdrücke oder dass sie nachts aus dem Bett fällt. Zurzeit schläft sie noch in einer Wiege neben meinem Bett, da muss sie aber bald raus, da die Wiege zu klein wird. Dann soll sie eigentlich in das Kinderbett in ihrem Kinderzimmer. Ich befürchte aber, dass die Nächte dann noch anstrengender werden.


Biggi Welter

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? Liebe Cori, Ihre Befürchtung, dass die Nächte noch anstrengender werden, wenn Sie das Kind ins Kinderzimmer umziehen, kann ich leider nur unterschreiben. Leider wird immer noch verbreitet, dass das gemeinsame Schlafen von Eltern und Baby gefährlich wäre und eine überaus fragwürdige Veröffentlichung aus den USA hat diese Behauptung noch weiter verbreitet. Obwohl inzwischen die amerikanische Verbraucherorganisation, die diese umstrittene Studie verbreitet hat, selbst die Meldung zurückgezogen bzw. widerrufen hat, wird weiterhin damit argumentiert. Die Angaben aus dieser Studie waren von Anfang an umstritten und wenn die gesamte Studie genau angeschaut wurde, musste man feststellen, dass die Studie nicht korrekt durchgeführt wurde und von daher die Ergebnisse fragwürdig sind. Leider ging der Widerruf nicht so durch die Presse und die Medien, wie die erste Veröffentlichung. Ich gebe hier nun die von LLL-International zu diesem Thema herausgegebene Presseerklärung wider: „Studien haben ergeben, dass das gemeinsame Schlafen mit dem gestillten Baby die Bindung fördert, das Schlafmuster von Mutter und Baby aneinander anpasst, der Mutter hilft besser auf die Bedürfnisse des Babys reagieren zu können und sowohl der Mutter als auch dem Baby hilft, zu der von beiden benötigten Ruhe zu kommen. Das gemeinsame Schlafen unterstützt die Mutter beim Stillen nach Bedarf, ein wichtiger Aspekt, um die Milchmenge der Mutter aufrechtzuerhalten. Dr. James McKenna, Professor für Anthropologie an der Universität von Notre Dame, Mitglied des Medizinischen Beirates der LLL-International und Experte zum Thema „Gemeinsames Schlafen" ist überzeugt, dass es gefährlicher ist, ein Baby alleine in einem Kinderbett oder einer Wiege schlafen zu lassen, als in einer sicheren Umgebung mit ihm gemeinsam zu schlafen. Er sagt: „Wir stimmen mit den Autoren und anderen überein, dass es notwendig ist, Vorsorge zu treffen, um schreckliche Unfälle so weit wie möglich zu verhindern. Trotzdem ist die Notwendigkeit solcher Vorsorgemaßnahmen ebenso wenig ein Argument gegen das gemeinsame Schlafen in einem Bett generell, wie die Tatsache, dass Babys sich durch unglückliche Umstände strangulieren oder ersticken oder am Plötzlichen Kindstod sterben während sie alleine im Bett liegen ein Grund ist, immer Einwände dagegen zu erheben, dass Babys alleine und unbeaufsichtigt schlafen. Es gibt bestimmte Dinge bei Betten von Erwachsenen, die Gefahren für das Baby mit sich bringen und es ist wichtig, darauf zu achten. Aber dass diese Gefahren bestehen, bedeutet weder, dass sie nicht beseitigt werden können, noch, dass das gemeinsame Schlafen generell gefährlich ist." Außerdem betrachtet Dr. McKenna die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Studie als unangemessen, da die Autoren ihre Schlüsse mehr aus unvollständigen und anekdotenhaften Berichten als aufgrund von harten, wissenschaftlich nachvollziehbaren Daten gezogen haben. Dr. McKenna glaubt, dass das gemeinsame Schlafen für die Familie mit einem gestillten Kind eine positive Erfahrung sein kann und nicht als gefährlich angesehen werden sollte, wenn die Eltern sich an die folgenden Sicherheitsrichtlinien halten: • Eltern sollten nicht mit ihren Kindern in einem Bett schlafen, wenn sie rauchen oder Alkohol oder Drogen konsumiert haben. • Das Bettzeug sollte zur Größe der Matratze passen. • Die Matratze sollte genau in das Bett passen (keine Lücken zwischen Matratze und Bettgestell). • Das Gesicht des Babys darf nicht durch lose Kissen oder Decken verdeckt werden. • Es darf kein Spalt zwischen dem Bett und der angrenzenden Wand sein, so dass das Baby hinunterrollen und eingeklemmt werden könnte. • Das Baby sollte nicht auf dem Bauch liegen." Auch von Penelope Leach (Kinderärztin und Autorin) gibt es einen interessanten Artikel zu dieser Studie, in der sie darauf hinweist, wie die Autoren der Studie zu ihren Ergebnissen gekommen sind: sie haben aufgrund von Totenscheinen, Polizei- und Zeitungsberichten zusammengezählt wie viele Kinder unter zwei Jahren in der Zeit von 1990 bis 1997 in den USA gestorben sind während sie im Bett der Eltern geschlafen haben (515 Kinder). Sie haben aber keine Untersuchung über die Todesursache oder die näheren Umstände des Todes durchgeführt. Sie haben nicht nachgefragt, ob die Eltern zum Beispiel unter Drogen standen oder betrunken waren. (Kinder die unglücklicherweise zwischen Wand und Bett eingeklemmt wurden und so zu Tode kamen, sind in diesen Zahlen ebenfalls enthalten) Studien aus Neuseeland belegen, dass es keinen Zusammenhang für eine erhöhte Rate von Fällen plötzlichen Kindstodes und dem gemeinsamen Schlafen mit den Eltern gibt. Selbst in der Zeitschrift ELTERN (Ausgabe 09/2000) wurde jetzt ein Artikel veröffentlicht, in dem Entwarnung gegeben wird (Sie können den kompletten Artikel unter dem Titel „Kann unser Baby im Elternbett erdrückt werden? Autor Joachim Bensel, Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen, Kandern in dem angegeben Heft nachlesen). Ich werde jetzt einen Teil des Artikel zitieren: „Kann unser Baby im Elternbett erdrückt werden? Obwohl eine amerikanische Verbraucherorganisation in einer (unter Experten umstrittenen) Studie Anfang 1999 einige Fälle von Säuglingstod durch Schlafen im Elternbett ausgemacht zu haben glaubte, kann man Entwarnung geben: Wenn die Eltern nicht durch Schlafmittel, Drogen oder Alkohol in ihrem normalen Schlafverhalten gestört sind, werden sie ihr Kind nicht unter sich ersticken. Zur eigenen Beruhigung und um andere Gefahrenquellen im Bett auszuschließen können Sie einige Vorsichtsmaßnahmen treffen" Daran schließen sich fast identisch die Empfehlungen, die bereits in der Presseerklärung La Leche League International erwähnt werden an. Zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es keine korrekt durchgeführte Studie, die tatsächlich gegen das gemeinsame Schlafen von Eltern und Kindern spricht. Seriöse Studien wie sie zum Beispiel von Peter Flemming und Peter Blair durchgeführt wurden, belegen jedoch, dass das gemeinsame Schlafen vor SIDS schützt. Sehr deutlich wurde dies bei einem Vergleich in Asien: die Zahl der Kinder, die an plötzlichem Kindstod verstarben war in den Gesellschaftsschichten, die es sich leisten können den westlichen Lebensstil und damit auch das Alleine-Schlafen der Kinder zu pflegen deutlich höher als in den ärmeren Gesellschaftsschichten, die schon aus ökonomischen Gründen nur ein gemeinsames Bett haben konnten. Interessant ist auch, dass in den Untersuchungen von Flemming und Blair festgestellt wurde, dass die Körpertemperatur von mit der Mutter zusammenschlafenden Kindern niedriger war, als die von alleine schlafenden und dass die Mütter, die mit ihren Baby zusammen schlafen auch im Schlaf immer wieder die Temperatur und die Lage ihrer Babys überprüften und die Lage der Bettdecke korrigierten. Wenn Sie Ihr Baby nicht direkt zu sich ins Bett nehmen wollen, dann kann auch eine Matratze direkt neben Ihrem Bett oder ein nach dem Prinzip des Beiwagen an Ihr Bett angestelltes Kinderbett eine Lösung sein. Sie können an der dem Elternbett zugewandten Seite das Gitter des Kinderbettes entfernen und die Matratze auf die gleiche Höhe bringen. Dann können Sie Ihr Baby nach dem Stillen in das kleine Bett schieben und Sie können beide weiterschlafen. Seit Jahrtausenden schlafen Mütter und Babys zusammen, warum nicht auch Sie und Ihr Baby, wenn es Ihnen dabei gut geht? LLLiebe Grüße Biggi Welter


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