Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Meinung zu meiner Stillgeschichte

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Meinung zu meiner Stillgeschichte

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Hallo, habe Ihre Seite durch Internet-Suche gefunden. Vielleicht können Sie mir kurz Ihre Meinung zu meiner "Stillgeschichte" sagen: - Ich habe meine Tochter am 22.5. in einer Klinik entbunden - es war eine Spontangeburt ohne Probleme und Risiken. Ich hatte keine Beleghebamme, sondern war eine von mehreren in einem normalen Klinikbetrieb. Ich war mit dem Vorsatz "Ich will stillen!" herangegangen und hatte mich darauf verlassen, dass man mir dies in den Kliniktagen schon beibringen wird. - In der Klinik hat man mir von Anfang an ein Stillhütchen gegeben, weil meine Tochter die Brustwarze (diese ist zugegebenermaßen auch nicht gut geformt) nicht richtig fassen konnte. Mit Stillhütchen wurde ich auch heim geschickt. Meine Tochter kannte bei der Entlassung aus der Klinik außerdem den Flaschensauger (damit hatte sie Glukoselösung bekommen) und einen Beruhigungssauger. - Am 2.Tag daheim hat meine Tochter ohne Vorwarnung plötzlich das Stillhütchen nicht mehr akzeptiert, an der Brustwarze hat sie ein paarmal gesaugt und dann nur noch geschrien und gestrampelt und nicht mehr getrunken. - Meine Nachsorgehebamme hat mir beim Anlegen geholfen, konnte meine Tochter aber auch nicht dazu bewegen, von der Brust zu trinken. Ihr Rat war, es bei jeder Mahlzeit neu zu versuchen und - damit das Baby nicht leer ausgeht - ihm zwischendurch die abgepumpte Milch mit dem Löffel zu geben. Ihr Worte: "Wenn ihr wollt, dass sie von der Brust trinkt, dann müsst ihr das durchstehen. Kann sein, dass es drei Mahlzeiten lang dauert, kann auch sein, dass es drei Tage lang dauert." - Diesen Rat wollte ich befolgen, habe es aber nicht geschafft, weil ich das Geschrei und Gestrampel meiner Tochter - wahrscheinlich auch aufgrund meines hormonellen Zustandes nach der Geburt sowie durch die ganze Schlaflosigkeit der ersten Tage - nicht ausgehalten habe. Hatte einfach keine Nerven dazu und war sehr stark verunsichert, woher das heftige Abwehren bei ihr kommt und auch verzweifelt, weil ich mich nicht in der Lage sah, mein Kind auf diese Weise zu ernähren. Außerdem war meine Tochter zu diesem Zeitpunkt am Tiefpunkt ihres Gewichtes angelangt, mehr hätte sie nicht mehr abnehmen dürfen und ich hatte Angst, dass sie in die Klinik muss. Deshalb habe ich von da an nur noch abgepumpt und ihr die Muttermilch mit der Flasche gegeben. - Bis zum Ende der 3.Woche hatte ich genügend Milch, so dass meine Tochter nur Muttermilch bekam. Dann setzte bei ihr ein Wachstumsschub ein, und ich kam mit dem Pumpen nicht mehr hinterher, musste ab Mitte der 4.Woche zufüttern. Ab der 5.Woche war ich tagsüber allein mit ihr zu Hause und konnte nicht mehr so oft pumpen. Meine Versuche, das Baby wieder an die Brust zu bekommen, scheiterten am Geschrei und Gestrampel und auch an meiner Verunsicherung - ich hatte zwar zwischendurch auch etwas zur Brustwarzenformung getan, aber das hatte nicht die Wirkung, dass das Baby von der Brust trinkt. Stillbücher wollte ich auch nicht mehr lesen, davon wurde mein schlechtes Gewissen nur noch größer. Mitte der 8.Woche kamen pro Tag nur noch 30 ml Muttermilch zusammen, meine Brustwarzen taten ohnehin die ganze Zeit schon weh, fingen dann an zu bluten, das Blut vermischte sich mit der Milch, so dass ich mit dem Pumpen aufhörte und meine Tochter nur noch mit gekaufter Babynahrung fütterte. - Mittlerweile sind die Brustwarzen verheilt, und wenn noch Milch da wäre, könnte ich wieder anfangen zu pumpen. Habe allerdings die elektrische Pumpe schon zurückgegeben und mit einer Handpumpe kriege ich nichts raus. Ich möchte meiner Tochter so lange wie möglich Muttermilch geben. Gibt es dafür noch eine Chance, und wenn ja, was muss ich tun? Danke und Grüße, Gerit


Biggi Welter

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? Liebe Gerit, das was Sie schreiben ist leider kein Einzelfall und leider war die Stillbetreuung und auch die Pumpbetreuung nicht das, was frau sich wünscht. Abpumpen darf – genau wie Stillen – weder weh tun noch die Brust verletzen und da dies bei Ihnen der Fall war, ist ganz eindeutig auch beim Pumpen etwas Gravierendes falsch gelaufen. Wenn Sie nun eine Relaktation versuchen möchten, so ist das prinzipiell möglich, aber ich kann Ihnen nur sehr stark ans Herz legen, sich dazu eine kompetente Betreuung durch eine Stillberaterin zu suchen, denn sonst ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie wieder enttäuscht werden. Ich suche Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus, wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben. Das grundlegende Vorgehen bei einer Relaktation und auch der induzierten Laktation besteht darin, das Baby dazu zu bringen so oft wie möglich an der Brust zu saugen. Dadurch werden die Brüste (wieder) zur Milchbildung angeregt. Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch mit einer guten Milchpumpe erreichen. Häufig ist auch zusätzliches Pumpen neben dem Anlegen des Kindes sinnvoll, um die Milchproduktion zu steigern. In manchen Fällen wird die Relaktation bzw. induzierte Laktation zusätzlich mit Medikamenten unterstützt. In den Ländern der dritten Welt, wird meist ohne Medikamente vorgegangen und die Ergebnisse sind dennoch fast immer besser als bei uns. Gut beschrieben wird der Vorgang der Relaktation in dem Buch `Stillen eines Adoptivkindes und RelaktationA von Elizabeth Hormann (ISBN 3-932022-02-5), das im Buchhandel oder bei La Leche Liga Deutschland und bei jeder LLL-Stillberaterin (auch bei uns) erhältlich ist. Allerdings verlangt eine Relaktation sehr viel Durchhaltevermögen und möglichst die Unterstützung einer darin erfahrenen Stillberaterin. Vielleicht hilft Ihnen ein direktes Gespräch mit einer Stillberaterin, sich über ihre Gefühle klar zu werden und dann zu entscheiden, ob sie es tatsächlich mit einer Relaktation versuchen mögen. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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