Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Meine Tochter ist 14 Monate alt und dreht durch (ich auch bald)......

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Meine Tochter ist 14 Monate alt und dreht durch (ich auch bald)......

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Hallo Biggi, Meine Tochter treibt mich so langsam in den Wahnsinn!!!!!! Bis jetzt ging es mit dem Stillen immer ganz gut, rauf auf das Stillkissen und fertig. In den ersten Wochen habe ich sie teilweise stündlich angelegt, was für Sofia und meine Brust sehr gut war. War zwar fix und fertig, doch habe die Zähne zusammen gebissen und durch- wurde ja auch belohnt.Dann fing ich ab und zu an sie auch im Liegen zu stillen. Doch jetzt ist auf einmal alles ganz anders, fühle mich teiweise hilflos und habe sogar manchmal etwas negative Gefühle meiner Tochter und dem Stillen gegenüber (rein menschlich bei Dauerstreß). Wenn sie getrunken und geschlafen hat ist sie ein Engelchen, sehr freundlich und extrem neugierig und aufgeweckt.Nur manchmal piept sie rum (stelle Dir einen schrillen Ton vor, wie wenn Du einer Katze auf den Schwanz getreten hast..) Ich könnte mir nie vorstellen ihr die Flasche zu geben, möchte sie unbedingt 6 Monate voll stillen und habe es ja auch bald geschafft. Eigentlich wollte ich noch länger zusätzlich morgens und abends stillen, doch langsam bezweifel ich,daß meine Planung so hinhaut. Nun aber zu den "Problemen": Sofia möchte nicht mehr auf das Stillkissen, schreit wie am Spieß wird rot und windet sich hin und her oder ist durch alles im Zimmer abgelenkt, lacht rum. Außerdem beißt sie neuerdings mit ihren zahnlosen Zahnreihen auf meiner Brustwarze und auf dargereichte Finger wie verrückt herum. Im Liegen läßt sie sich ganz gut stillen,manchmal schreit sie auch dort- ein Zeichen, daß sie satt ist und nicht möchte? Doch das ist doch nicht immer möglich, man ist ja auch mal unterwegs. Außerdem habe ich es mir angewöhnt bei der Stillmahlzeit eine Brust zu reichen. Wenn ich ihr nach 10 Minuten eine Brust wegnehmen möchte schreit sie und wird rot-also lasse ich ihr die Brust, an der sie auch lange trinkt/nuckelt. Ist es ok? Eine Freundin meinte, daß sie immer jede dritte Stunde kommt, wenn ich nicht beide Brüste gebe ( versuche ich doch aber..) Einen Schnuller hat sie die letzten Monate leider nicht genommen, soll ich versuchen sie daran zu gewöhnen? In der Stillgruppe meinten die Frauen, daß ich auf jeden Fall einen Schnuller geben soll, sonst lutscht sie an allem herum, und wird total unruhig. Vor ein paar Wochen hat sie angefangen von 22 Uhr-5 Uhr "durchzuschlafen", wenn sie etwas trinken wollte hat sie gebrüllt. Jetzt heult sie um 20 Uhr rum, ich merke, daß sie müde ist aber nicht schlafen kann. Im Liegen stille ich sie dann und sie schläft ein. Gegen 2.30 Uhr höre ich wie sie wie verrückt an der Hand lutscht. Ich deute es als Hungerzeichen, und sie trinkt auch, wenn ich ihr die Brust reiche. Hunger oder Saugbedürfnis? Braucht sie Nachts eine Mahlzeit? Heute morgen um 5 Uhr ging das Gesauge wieder los, doch ich gab ihr nichts- und sie schlief wieder ein. Weißt Du Biggi, ich weiß auf einmal nicht mehr was richtig und falsch ist, bin total verzweifelt. Sofia ist gesund, gut entwickelt (laut Kinderärztin), hat volle Windeln etc. Sie hat nur gerade einen leichten Schnupfen, den ich mit 5 Mal am Tag Meerwasser Nasenspray bekämpfe. Beim Trinken bekommt sie genug Luft. Woher soll ich wissen ob sie vieleicht Ohren-oder Kopfschmerzen hat, ob es nur eine Phase ist, in der sie sich entwickelt? Habe mal das Buch von W.Sears bestellt, glaubst Du dort stehen Tips für meine Situation? Wohne im Bereich 65812. Was genau tut die Stillberaterin, bezahlt die Krankenkasse sie? Liebe Grüße von Christina,die sich hier mal richtig ausheulen konnte :::, und hofft ,daß es nicht allzu wirr ist, was ich gefragt habe.


Biggi Welter

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Liebe Christina, ich kann dich beruhigen, Du machst sicherlich nichts falsch und das Verhalten deiner Tochter ist total normal! Wenn Du dich ausgelaugt fühlst, dann wohl weniger durch das Stillen als generell durch die Versorgung eines Babys. Auch wenn es den wenigsten Menschen bewusst ist (vor allem wenn sie selbst keine Kinder haben oder die Baby- und Kleinkindzeit ihrer Kinder bereits einige Zeit her ist): die Versorgung eines Babys ist ein Vierundzwanzig-Stunden-Job, der eine Frau sehr stark fordert. Eine stillende Mutter hat immerhin den Vorteil, nachts nicht aufstehen zu müssen, sondern ihr Kind anlegen zu können. So kann sie zumindest liegen bleiben und hat doch mehr Ruhe und Erholung als eine Mutter, die erst eine Flasche (mit Milch, Tee, Wasser oder was auch immer) machen muss. Vor allem wenn ein Baby, das bereits lange Schlafphasen hatte, wieder vermehrt aufwacht, dann ist dieser „Rückschritt" für die Mutter meist nur schwer zu akzeptieren und welche Mutter sehnt sich nicht nach ununterbrochenem Schlaf. Doch es ist leider so, dass sehr viele Babys mit vier bis sechs Monaten beginnen nachts wieder häufiger aufzuwachen. Das liegt jedoch nicht unbedingt an der Ernährung, sondern ist entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Ein Kind „muss" überhaupt nicht durchschlafen, ob gestillt oder nicht. Das klingt jetzt sehr provozierend, doch inzwischen bekomme ich schon manchmal die Krise, wenn es immer wieder so dargestellt wird, als ob Eltern oder Kinder „das Klassenziel nicht erreicht haben" weil das Kind ab einem bestimmten Alter nicht durchschläft. Jedes Kind hat seinen eigenen Zeitplan und wenn das Kind so weit ist, dass es durchschlafen kann, dann wird es das auch tun, genau so wie es zu dem für es richtigen Zeitpunkt laufen, sprechen und auf einem Bein stehen können wird. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab einem bestimmten Alter nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Stillen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, es ist viel mehr und deshalb wird ein Kind nicht nur dann nach der Brust verlangen, wenn es hungrig ist. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass Du etwas „falsch" machst, wenn Du dein Kind nachts bei dir schlafen lässt (ob im eigenen Bett oder im gleichen Zimmer) und es nach Bedarf stillst und auch zum Einschlafen stillst. Lass dich unbesorgt von deinem Instinkt leiten. Dein Gefühl und dein Kind werden dir zeigen, was das Beste für euch alle ist. Du enthältst deinem Kind keineswegs etwas vor, wenn Du ihm hilfst, seine innere Zufriedenheit und Vertrauen in sich und dich zu entwickeln, statt es alleine weinen zu lassen. Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst. Ein Schnuller kann, wenn er in bestimmten Situationen überlegt und dosiert eingesetzt wird ein Hilfsmittel sein. So wie eine Krücke ein Hilfsmittel ist, wenn Du dir dein Bein gebrochen hast und die Du nur so lange einsetzt, bis Du wieder ohne auskommst. Allerdings sollte ein Baby in den ersten sechs Wochen nach Möglichkeit KEINERLEI künstliche Sauger bekommen, da diese zu einer Saugverwirrung führen können. Eine Saugverwirrung ist ein ernsthaftes Stillproblem. Nach den ersten Wochen, wenn sich das Stillen gut eingespielt hat und das Baby gelernt hat gut und effektiv an der Brust zu trinken, ist das Risiko für eine Saugverwirrung deutlich geringer, wenn es auch nie ganz ausgeschlossen ist. Letztlich braucht aber nicht das Kind den Schnuller, sondern die Mutter. Das Baby kann sein Saugbedürfnis sehr gut vollständig an der Brust stillen und der Schnuller ist nichts anderes als eine Brustattrappe, die erfunden wurde, weil man glaubt, dass die Mutter damit mehr Freiheit genießen kann. Doch wie jede Attrappe reicht auch der Schnuller niemals an das Original heran. Es gibt genügend Studien, die belegen, dass die Verwendung des Schnullers mit einer eindeutig kürzeren Stillzeit in Verbindung steht. Durch den Schnuller wird die Zeit, die das Baby an der Brust verbringt verkürzt und das kann die Milchbildung der Mutter negativ beeinflussen und im Extremfall sogar zu Gedeihstörungen führen. Der häufige Gebrauch des Schnullers kann dazu führen, dass das Kind regelrecht abhängig von dem Schnuller wird und ihn schließlich ständig im Mund behält. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Art der Atmung des Kindes und auch auf die Belüftung des Ohrs. Kinder, die den Schnuller sehr häufig verwenden, haben auch häufiger Mittelohrentzündungen und können vermehrt Probleme mit Soor haben. Der Schnuller ist ein Fremdkörper, der in den Mund geschoben wird und er kann immer wieder Keime mit einschieben (daher ist das Argument die Finger seien nicht hygienisch keinesfalls stichhaltig, denn der Schnuller wird schließlich nicht jedes Mal desinfiziert wenn er einmal aus dem Mund herausgenommen wurde). Mit dem Stöpsel im Mund kann das Kind keine sensorischen Erfahrungen mit dem Mund machen, wenn es Gegenstände erforscht. Das Erforschen der Finger, Hände, Füße und auch von Gegenständen mit dem Mund ist jedoch ein wichtiger Teil der Entwicklung des Kindes. Außerdem sollte sich jede Mutter bewusst sein, dass sie ihrem Kind den Schnuller eines Tages wieder wird abgewöhnen müssen, wenn sie ihn ihm angewöhnt hat. Es gibt natürlich auch positive Seiten. So kann ein Schnuller bei einer ärztlichen Untersuchung dazu führen, dass das Kind ruhiger ist und ein Frühgeborenes, das noch über die Sonde ernährt wird, kann durch den Schnuller lernen, dass Saugen und Nahrungsaufnahme zusammengehören. Es wäre bestimmt hilfreich für dich, wenn Du ein Stilltreffen besuchen würdest. Der Austausch mit anderen stillenden Müttern und der direkte Kontakt mit einer Stillberaterin kann dir sehr viel mehr geben, als die ausschließlich schriftliche Beratung. Wende dich doch an Frau BIEG, Petra, Tel.: 06827-1513. Ich hoffe, ich konnte dich ein wenig trösten. LLLiebe Grüße Biggi


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