Ich hatte diese Frage bereits im Forum gestellt, allerdings möchte ich gerne nochmal die Meinung eines Experten dazu hören. Mein Sohn ist jetzt im 10 Monat und er sollte mit 1 Jahr in die Kita. Nach meinem Gefühl zu urteilen ist er noch nicht so weit und ich bin es ehrlich gesagt auch noch nicht. Ich würde gerne 6 oder 3 Monate länger mit ihm zu Hause bleiben, mit ihm die Zeit genießen und ihm noch etwas länger Zeit für seine Entwicklung geben. Er ist meiner Meinung nach ein sensibler Junge. Er lässt sich von fremden Personen gar nicht auf dem Arm nehmen und mag laute Geräusche nicht. Auch so ist er insgesamt oft frustriert, weil er vieles noch nicht kann, aber gerne würde. Ich selber wäre auch gelassener, wenn ich wüsste, dass er schon laufen, sich etwas verständigen und durchschlafen kann. Es fällt mir aber zugegebenermaßen auch sehr schwer, ihn loszulassen, weil es sich anfühlt, als gehöre er einfach zu mir. Schon wo die Nabelschnur durchgetrennt wurde, hatte ich das Gefühl, dass man mir etwas genommen hat, was eigtl. zu mir gehört. Wir gehen beide wöchentlich zur Krabbelgruppe, damit er such langsam an andere Kinder und Erwachsene gewöhnt. Da verhält er sich sehr zurückhaltend und möchte bei mir bleiben. Was ist Ihre Meinung dazu? Ich würde meinem Sohn und mir gerne noch etwas Zeit schenken. Denken Sie, dass das gut für uns beide wäre?
Mitglied inaktiv - 01.11.2021, 12:22
Antwort auf:
Kita Eingewöhnung - Verlängern? Welcher Zeitpunkt wäre passend?
Liebe SGraeffe,
wenn Du es Dir leisten kannst, dann bleib noch zu Hause und genieße die paar Monate, diese Zeit kommt nie wieder.
Viele Frauen können sich das nicht leisten, aber wenn es bei Dir geht, dann mache es. Sicherlich schadet es Deinem Kind nicht, wenn es noch länger eine feste Bezugsperson hat und auch Du wirst Dich besser fühlen, wenn Du noch bei Deinem Sohn bleiben kannst.
Deinem Kleinen tut es unendlich gut, dass Du auf seine Bedürfnisse eingehst und ihn ernst nimmst. Die Nähe, die Du ihm dabei schenkst, wird dazu beitragen, dass er ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelt.
Lass Dich nicht von anderen verunsichern, Du machst nichts falsch!
Leider gibt es viele Menschen, die versuchen uns immer wieder reinzureden und Angst zu machen, dass wir unsere Kinder verziehen, verwöhnen, verderben. Doch ich sag Dir was: Ich habe La Leche Liga Familien gesehen, die sich eben NICHT davor gefürchtet haben, und die ihre Kinder mit liebevoller Aufmerksamkeit (und später dann auch mit liebevollen Grenzen) erzogen haben, und diese Kinder haben mich zutiefst beeindruckt! Es sind selbstbewusste, gesunde und starke Persönlichkeiten geworden.
Ein Kind, das man schon von klein auf als "Gefahr" betrachtet, dessen Bedürfnisse man lieber nicht zu schnell befriedigt damit es nicht zum Tyrannen wird, laufen viel eher Gefahr, später dann mal einen Therapeuten zu benötigen um sich klar zu werden, warum das Selbstwertgefühl so schwach ist.
Das klingt jetzt vielleicht etwas extrem, doch Bindungspsychologen bestätigen das immer wieder... Und natürlich MUSS "Mama" nicht gleich "Brust" oder „Tragen“ sein, doch es ist das natürlichste, eben das, was die Natur für dein Kind in diesem Alter vorgesehen hat, und alles andere wäre zum jetzigen Zeitpunkt nur eine Ersatzbefriedigung. Die nur mit viel Aufwand ein guter Ersatz sein kann…
Und NEIN, das Kind kann nicht „verwöhnt" werden, wenn es viel Nähe und Zuwendung bekommt.
Auch ich war damals verunsichert und wurde als Glucke und sonst was bezeichnet ;-). Heute sind meine Kinder meine größten Stützen und ich weiß, dass Achtsamkeit nichts mit Verwöhnen zu tun hat.
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass niemand fragt „Wann muss das Kind selbstständig atmen lernen" oder „Wann muss das Kind frei laufen können"? Beim ersteren geht jeder davon aus, dass dies eine Fähigkeit ist, die ein gesundes Kind selbstverständlich beherrscht und bei zweiten wird eine große Zeitspanne von vorne herein als normal angenommen. Nur beim Stillen, da wird dem Kind nicht die Kompetenz zugestanden, dass es auch diese Fähigkeit selbst und in dem für es passenden Tempo entwickeln wird. Da wird immer wieder behauptet, dass die Eltern das Kind entsprechend „trainieren" müssen.
Wenn es DICH also nicht stört, dann schenke Deinem Kind diese Zeit.
Herzlichen Gruß
Biggi
von
Biggi Welter
am 01.11.2021
Antwort auf:
Kita Eingewöhnung - Verlängern? Welcher Zeitpunkt wäre passend?
Liebe Biggi, vielen herzlichen Dank für deinen tollen Beitrag. Dieser hat mich sehr berührt. Ich empfinde es eigentlich genauso, wie du es geschrieben hast. Schade, dass so viele so anders denken und die Gesellschaft immer noch danach strebt "perfekt" sein zu müssen, sodass die kleinen Mäuse am besten schon als Baby alles mögliche können (müssen). Ich denke auch, dass ein Baby nicht verwöhnt werden kann (was ja durch viele aktuelle Studien auch belegt wurde) und dass es die Fürsorge und den Schutz der Mutter braucht, damit es ein Urvertrauen aufbauen kann und somit zu einen selbstbewussten Menschen heranwachsen kann. Ich werde mir wohl noch etwas Zeit mit meinen Sohn nehmen, denn wie du geschrieben hast, bekomme ich diese Zeit nie wieder.
Herzliche Grüße
Sarah
Mitglied inaktiv - 01.11.2021, 20:06
Antwort auf:
Kita Eingewöhnung - Verlängern? Welcher Zeitpunkt wäre passend?
Liebe Sarah,
ich danke Dir sehr für Deine Rückmeldung, sie rührt mich sehr.
Ganz ganz liebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 01.11.2021