Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Kein Bock mehr auf Stillen

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Kein Bock mehr auf Stillen

Mitglied inaktiv

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Liebe Biggi, meine kleine Liva ist jetzt 9 1/2 Monate alt und ne richtig süße Mopsbacke (71cm,9kg), hat unten zwei Zähnchen und oben kommen gerade zwei durch. Sie trinkt alle 2 h (nachts alle 2 o. 3 h) MuMi. Ich versuche seit drei Monaten, ihr andere Sachen schmackhaft zu machen, aber sie will nur MuMi. Bei Brei kneift sie den Mund zusammen und fängt an zu heulen, Brot kaut sie und spuckt es dann wieder aus. Ich merke, daß ich langsam aggressiv werde und sie richtig keinen Bock mehr habe. Ich habe schon meinem Mann gesagt, daß ich einfach mal wegfahre, dann muß sie ja essen. Das ist natürlich viel zu brutal, aber irgendwas muß sich ändern, sonst leidet die Beziehung, weil ich schon so genervt bin. Sie ist halt noch so sehr Baby irgendwie, daß ich das Gefühl habe 'es wird sich nie was ändern und ich muß in die Schule kommen, um sie zu stillen'. Dazu muß ich noch sagen, daß sie sich nur aus der linken Brust ernährt, weil sie rechte Brustwarze nach der Geburt so kaputt war, daß ich ein paar Wochen nicht gestillt habe, damit die Wunde richtig abheilen konnte. Die rechte Brust hat seitdem nie wieder richtig 'produziert'. Wie kann ich Liva entwöhnen, ohne dabei zu brutal zu sein? Vielen Dank von Tanja


Biggi Welter

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? Liebe Tanja, solche Phasen kennt vermutlich jede Frau, die länger stillt als ein paar Wochen oder Monate. Doch Ungeduld und Druck – so verständlich dies auch ist - verbessern die Situation nicht. Ein neun Monate altes Kind ist noch ein Baby und selbst wenn Liva schon ein Jahr alt wäre (der Zeitpunkt zu dem ein Kind offiziell kein Säugling mehr ist), wäre sie immer noch „Baby“, von dir abghängig und auf dich angewiesen, ob Du nun stillst oder nicht. Es gibt nun zwei Punkte für euch: Die Einführung der Beikost und etwas mehr „Luft“ für dich. Dein Kind will dich nicht ärgen indem es nicht isst. Es ist gar nicht so selten, dass ein Kind in diesem Alter nur wenig bis gar keine Beikost isst und deshalb muss nicht unbedingt sofort ein Anlass zur Sorge bestehen. Es gibt Kinder, die sehr wohl essen würden, aber absolut keinen Brei wollen. Viele Kinder hassen es auch gefüttert zu werden und wollen selbst essen. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, denn schließlich lässt sich sehr viel an fingergerechter Nahrung anbieten und außerdem hat es den Vorteil, dass diese Kinder in aller Regel sehr bald sehr gut selbst mit Besteck umgehen können und so problemlos am Familientisch mitessen können. Probieren Sie es doch einmal mit fingergerechter Nahrung und lassen Sie Ihr Kind selbst essen. Es gibt eine ganze Menge, was als fingergerechte Nahrung angeboten werden kann. Banane zum Beispiel kann ein Kind gut in die Hand nehmen, sie ist weich und es kann sie alleine essen. Auch ein Stück von einer gekochten Kartoffel geht gut. Gekochte Erbsen können einzeln aufgepickt werden (ist gleichzeitig eine gute Übung für die Feinmotorik), alle Gemüse- und Obstarten, die einigermaßen weich sind und dann in kleine Stücke geschnitten werden, können gegeben werden. Auch Brot kann ab acht Monaten angeboten werden. Versuche – auch wenn es schwer fällt - etwas Gelassenheit aufzubringen und biete deiner Tochter fingergerechte Nahrung an. Setze auch auf das Nachahmungsbedürfnis der Kinder. Zusammen mit ein paar anderen Kindern oder auch Erwachsenen macht Essen mehr Spaß. Vielleicht liest Du einmal das Buch `Mein Kind will nicht essenA von dem spanischen Kinderarzt Dr. Carlos Gonzales. Das Buch ist im Buchhandel (ISBN 3-932022-12-2) bei der La Leche Liga oder auch im Stillshop hier auf der Seite erhältlich. Ich möchte Dir ein paar nicht so drastische Methoden ein Kind abzustillen beschreiben. Vielleicht findest Du etwas, was Dir zusagt. Eine Methode, die sich beim allmählichen Abstillen bewährt hat heißt `biete nicht an, lehne nicht abA. Das bedeutet, dass Du Deinem Kind die Brust nicht von Dir aus anbietest, aber auch nicht ablehnst, wenn es danach verlangt. Viele Kinder wurden auf diese Weise abgestillt. Eine weitere Möglichkeit heißt Ablenkung. Durch Ablenkung abzustillen bedeutet, Deine Gewohnheiten von Tag zu Tag erheblich zu verändern. Du musst die vertrauten Stillsituationen vermeiden und neue Betätigungsfelder schaffen. Für das eine Kind kann das bedeuten, dass Ihr viel häufiger Ausflüge zu Orten unternehmt, die Deinem Kind gefallen und wo es viele Menschen und viel Trubel gibt. Für ein anderes Kind bedeutet dies vielleicht, das Leben erheblich ruhiger zu gestalten, um Situationen, die es als bedrohlich empfindet, zu verringern. Es kann auch ablenkend wirken, wenn Du Dein übliches Verhalten in bestimmten Situationen veränderst. Wenn Du zum Beispiel sitzen bleibst anstatt Dich hinzulegen, wenn Du Dein Kind zum einschlafen bringst. Andere Möglichkeiten sind Vorlesen, Singen oder vielleicht ein neues Spielzeug. Manchmal bringt es Dich auch weiter, wenn du das Stillen immer dann, wenn Dein Kind diesen Aufschub verkraften kann, für eine Weile verschiebst. Das kannst Du flexibler handhaben als den Vorsatz eine bestimmte Stillmahlzeit ausfallen zu lassen. Du kannst auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Du kannst Dein Kind eine kleine Weile anlegen und ihn dann ablenken oder ihm etwas zu essen anbieten. Wichtig ist, dass dein Kind weiterhin deine Liebe und Zuneigung spürt und Du nicht gleich die Geduld verlierst, wenn es nicht so schnell klappt mit dem Abstillen. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Hab ein wenig Geduld mit dir und deinem Kind. Ihr werdet sicher einen Weg finden, der für euch beide gangbar ist. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Hallo! Ich kann so richtig mit dir fühlen!!!!!!! Meine Maus ist 13,5 Monate und mir geht es ähnlich. Sie hat auch nicht so richtig Lust aufs Essen,Mili (MuMi) ist ja viel besser. Vor einigen Wochen kam sie Nachts stündlich...ohne Brust kein einschlafen und wenn Papa sie mal Nachts trösten wollte-ohne Worte! Bitte versteht mich nicht Falsch-ich will meiner Kleinen die Brust nicht verweigern nur merke ich genauso wie Tanja, dass ich auch langsam aggressiv,genervt werde mir aber dann Vorwürfe mache und Angst habe,dass es Auswirkungen auf meine Kleine hat. Ganz liebe Grüsse an alle Daria


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Liebe Biggi, vielen Dank für die ausführliche Antwort! Gewohnheiten ändern werde ich ausprobieren. Bei den Mahlzeiten sitzt sie schon mit am Tisch und will alles haben, was wir essen und wahrscheinlich ist es wirklich das Füttern, das sie nicht mag. Es tut gut, nicht alleine zu sein! Klar will Baby mich nicht ärgern, aber die Erschöpfung ist manchmal einfach zu groß. Jetzt fühle ich mich aber bestärkt und werde geduldig und liebevoll sein, denn schließlich ist es für sie eine schwierigere Zeit als für mich, mit all dem Neuen, daß zu lernen gilt. Nochmal vielen Dank von Tanja


Mitglied inaktiv

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Liebe Biggi, vielen Dank für die ausführliche Antwort! Gewohnheiten ändern werde ich ausprobieren. Bei den Mahlzeiten sitzt sie schon mit am Tisch und will alles haben, was wir essen und wahrscheinlich ist es wirklich das Füttern, das sie nicht mag. Es tut gut, nicht alleine zu sein! Klar will Baby mich nicht ärgern, aber die Erschöpfung ist manchmal einfach zu groß. Jetzt fühle ich mich aber bestärkt und werde geduldig und liebevoll sein, denn schließlich ist es für sie eine schwierigere Zeit als für mich, mit all dem Neuen, daß zu lernen gilt. Nochmal vielen Dank von Tanja


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