Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Frage zum Stillen

Frage: Frage zum Stillen

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Hallo, meine Tochter (5 Wo.alt) entwickelt sich prächtig. Sie wird voll gestillt. In der Regel alle 3-4 Stunden. Zur Zeit ein wenig öfter, da sie m.E. einen Wachstumsschub durchmacht und einfach mehr Bedarf hat. Nun meine Frage: Nachts lege ich die Kleine im Bett an und sie schläft dann meist ein. Ein Bäuerchen macht sie demnach nicht. Morgens nach dem ersten Stillen (manchmal auch schon dabei) fängt sie dann mächtig mit den Beinchen an zu strampeln und ich denke, dass dies Verdauungsprobleme sind. Meistens folgen auch Blähungen (obwohl ich extra darauf achte nichts Blähendes zu essen!). Sie wird dann sehr leidlich. Und läßt sich nicht beruhigen. Ich wechsle die Windeln. Massiere ihr Bäuchen (auch mit Windsalbe) und trage sie im Fliegergriff herum. Meistens so bis zu 1 Stunde. Da dies meist alles nichts hilft, lege ich sie erneut an und mit viel Glück beruhigt sie sich und schläft dann ein. Das wiederholt sich im Laufe des Vormittages ein paar mal. Tagsüber kann ich das nicht so genau festmachen, da wir da ja oft mit dem Wagen unterwegs sind und das dann nicht genau zu beobachten ist. Ein Bäuerchen macht sie tagsüber nach jeder Mahlzeit. Ist es i.O., wenn ich sie dann wieder anlege? Oder verschlimmert dies die Verdauungsproblematik eher? Wie kann ich unterscheiden, ob sie wegen der Verdauung so quengelig wird oder ob nach kurzer Zeit schon wieder der Hunger da ist. Mir fällt es schwer, den Unterschied festzustellen, da sie auch ansonsten ein sehr aktives Kind ist und sich auch auf dem Arm öfter mal wegstrampelt und quengelig ist. Spricht etwas gegen das Anlegen auch mal alle 1,5 - 2Stunden? Ist ein Mindestabstand zwischen den Mahlzeiten einzuhalten? Was würden sie mir raten? Vielen Dank und noch einen schönen Feiertag. Simone


Biggi Welter

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? Liebe Simone, es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einzuhalten und es ist auch keineswegs so, dass Blähungen sich immer auf das zurückführen lassen, was die stillende Mutter gegessen hat. Im Gegenteil: Der Einfluss der Ernährung der Mutter wird fast immer maßlos überschätzt. Wegen der Bauchprobleme ist es sinnvoll, dass Du eine Stillberaterin vor Ort kontaktierst. Für eine Stillberaterin besteht der erste Schritt bei einem Kind mit Bauchproblemen darin, die Stillposition, Anlegetechnik und das Saugverhalten des Kindes zu überprüfen. Ein nicht korrekt angelegtes Kind und/oder ein Kind, das nicht richtig saugt, schluckt an der Brust meist sehr viel Luft und darin kann schon die Ursache für Blähungen begründet sein. Solange diese Ursache nicht beseitigt wird, können alle anderen Maßnahmen allenfalls „Kosmetik" betreiben, aber nicht wirklich helfen. Nun kann ich weder sehen, wie Ihr Kind an der Brust angelegt ist, noch beurteilen wie es trinkt. Deshalb sollten Sie sich an eine Kollegin vor Ort wenden, die Sie und Ihr Kind SEHEN kann. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. Falls Sie übrigens Milchbildungstee trinkst, lassen Sie ihn mal weg. Nicht wenige Kinder reagieren auf diese Teemischungen (vor allem, wenn mehr als ein bis drei Tassen täglich getrunken werden) mit Bauchproblemen. LLLiebe Grüße Biggi Welter Woher kommt der Mythos vom „Mindestabstand" ? Von Denise Both, IBCLC „Sie dürfen nicht so oft anlegen, dann hat die Brust ja keine Zeit, sich wieder zu füllen." „Zwischen zwei Stillzeiten MUSS ein Abstand vom mindestens zwei Stunden liegen sonst bekommt das Kind Bauchschmerzen" „Frische Milch darf sich nicht mit bereits angedauter Milch vermischen, deshalb dürfen Babys frühesten nach zwei Stunden wieder angelegt werden" Wohl jede Stillberaterin ist schon mit diesen Aussagen konfrontiert worden. KinderärztInnen, Hebammen und auch wohlmeinende Mitmenschen kommen immer wieder damit. Ist ein Mindestabstand wirklich notwendig oder sinnvoll? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares NEIN. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Abstand zwischen den Stillzeiten lange zu halten „damit sich mehr Milch ansammelt", denn die Brust funktioniert nicht wie eine Flasche, die wieder aufgefüllt werden muss. Der größte Teil der Milch wird während des Stillens gebildet. Ebenso ist es ein Ammenmärchen, dass ein Baby einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einhalten müsse, um zu verhindern, dass frische Milch auf angedaute Milch kommt. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Es gibt keinen Beweis, für die „Frische Milch auf halbverdaute Milch-Theorie", die besagt, dass zwischen zwei Stillmahlzeiten ein Mindestabstand von zwei Stunden eingehalten werden müsste, weil das Baby sonst Bauchschmerzen bekäme. Doch woher kommt diese Meinung? Die Vorstellung, dass der Magen zwischen zwei Mahlzeiten vollständig geleert werden müsse, geht wahrscheinlich auf den Kinderarzt Prof. Adalbert Czerny (1863 – 1941) zurück, vor allem auf das, was er in seiner 1893 erschienen Veröffentlichung „Die Ernährung des Säuglings auf Grundlagen der physiologischen Funktionen des Magens" und seinem 1922 veröffentlichten Buch „Der Arzt als Erzieher des Kindes" geschrieben hat. Czerny hielt es einerseits für absolut notwendig feste Abstände zwischen den Stillmahlzeiten einzuhalten, damit sich zwischen den Mahlzeiten der Magen komplett entleert und sich die Magensäure (Salzsäure) ansammeln und antiseptisch wirken kann und andererseits maß er dem streng einzuhaltenden Stillrhythmus einen hohen erzieherischen Wert bei. Nach seinen Beobachtungen entwickelten sich mit künstlicher Säuglingsnahrung (zur damaligen Zeit überwiegend Kuhmilch) gefütterte Babys besser, wenn zwischen den Mahlzeiten ein Abstand von vier Stunden eingehalten wurde. Daraus schloss er, dass es auch für gestillte Kinder besser sei, einen Mindestabstand und festen Rhythmus einzuhalten. Nachdem er festgestellt hatte, dass Muttermilch nach eineinhalb bis zwei Stunden den Magen vollständig verlassen hatte und Kuhmilch nach drei Stunden, legte er die Abstände der Mahlzeiten für gestillte Kinder auf mindestens drei Stunden, für kuhmilchgefütterte Kinder auf mindestens vier Stunden fest. Es wurde – wie so oft – einfach eine Vorgehensweise, die für nicht gestillte Kinder sinnvoll sein konnte, auf gestillte Kinder übertragen und bis heute hält sich die Vorstellung von dem Mindestabstand in vielen Köpfen, zum Leidwesen vieler junger Mütter und ihrer Babys.


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