Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Eine Frage zum Stillen...

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: Eine Frage zum Stillen...

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Frau Welter, um meine Frage zu begründen, bedarf es einer (hoffentlich) kurzen Vorgeschichte. Mein Sohn Luca ist mittlerweile 11 Wochen alt und wird noch voll gestillt. Bereits im Krankenhaus gab es "Probleme", weil eine Nachtschwester mich davon abhielt den Kleinen anzulegen, weil "sowieso noch nichts kommt". Erst ganze 1 1/2 Tage später wurde ich gefragt, wie es mit dem Trinken klappt... und habe dann wieder angelegt (Luca hatte sich bis dahin nicht gemeldet). Zum typischen Milcheinschuß kam es dann leider nicht mehr, aber nach zwei bis drei Wochen schien er dann genug zu bekommen. Trotzdem mußte ich bis vor ca. 2 Wochen ewig viel trinken, damit sich genug Milch bildete um ihn satt zu bekommen (Zu meinem normalen Mineralwasserkonsum - bestimmt 3 Liter am Tag - trank ich 2 bis 3 Liter Fenchel-Kümmel-Anis-Tee). Erst jetzt habe ich das Gefühl, daß es nicht direkt von meiner Flüssigkeitszufuhr abhängt und ich ihn meistens satt bekomme. Leider geht es mir aber nicht so wie anderen Müttern, die vor jeder Mahlzeit fast "platzen". Lediglich nachts, und das auch nur ab und zu, fühle ich eine Spannung und muß ihn dann dringend anlegen (er schläft bis zu 9 Stunden). So, nun endlich (*g*) zu meiner Frage: Darf in ohne Sorgen Inline-Skaten? Viele äußern Bedenken, weil sie fürchten, daß durch die Armbewegung die Milch schlechter produziert werden könnte. Wie sehen Sie das? Ich will so lange wie möglich und vor allem voll stillen und würde dann lieber auf das Inlines Fahren verzichten. Unabhängig davon haben Sie mir vielleicht einen Tip, wie ich meine Milchmenge steigern kann. Ich habe nämlich immer noch das Gefühl, daß sie nicht optimal ist und wir uns ständig am Minimum befinden. Zur Zeit will er alle Stunde ran und es ist nie eine ganze Mahlzeit... Vielen herzlichen Dank im Voraus, Mamarina mit Luca


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Mamarina, wie schön, dass Sie so toll durchgehalten haben, Hut ab! Als erstes können Sie aufhören, so viel Flüssigkeit in sich hinein zu schütten. Sie müssen nicht extra viel trinken, um die Milchproduktion anzukurbeln. Trinken Sie entsprechend Ihrem Durstgefühl. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme wirkt sich nicht positiv auf die Milchmenge aus. Viel trinken mach NICHT viel Milch, im Gegenteil. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Milch, da sie dazu führt dazu, dass das antidiuretische Hormon (ADH) zurückgeht, die Frau erfährt dann eine vermehrte Wasserausscheidung („schwemmt aus") und die Milchbildung verringert sich. Solange Sie sich nicht ausgedörrt fühlen, Ihr Urin hell ist und Sie keine Verstopfung bekommen, trinken Sie genug. Luca ist im klassischen Alter für einen Wachstumsschub. Wachstumsschübe sind Zeiten erhöhter Nachfrage, in denen das Baby sehr oft gestillt werden möchte. Wird das Baby dann auch häufig angelegt (etwa alle zwei Stunden, manchmal sogar noch häufiger), erhält der Körper der Frau das Signal „mehr Milch bilden" und nach ein paar Tagen ist der Spuk vorbei und die Milchmenge hat sich dem Bedarf des Babys wieder angepasst. Stillen funktioniert nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Sie haben dann nicht zu wenig Milch, sondern der Bedarf Ihres Babys hat sich vergrößert und die Brust muss darauf erst reagieren. Je häufiger angelegt und die Brust effektiv entleert wird, um so mehr Milch wird gebildet. Oberste Regel: Häufiges Anlegen und ein gut saugendes Kind stimulieren die Brust zu mehr Milchbildung. Deshalb sollten Sie Ihr Baby in den nächsten Tagen oft anlegen. Um das Interesse der Babys an der Brust wach zu halten, können Sie es mit Wechselstillen versuchen. Dabei legen Sie Ihr Baby an und stillen es, solange es wirkungsvoll saugt, d.h. es schluckt nach jeder oder jeder zweiten Saugbewegung. Sobald es seltener schluckt, nehmen Sie es sanft von der Brust und lassen es aufstoßen, streicheln seine Fußsohlen oder massieren es sanft entlang der Wirbelsäule, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. Dann wird es an der anderen Brust angelegt und wieder gestillt, so lange es wirkungsvoll saugt. Schluckt es wieder seltener, wird es zurück an die erste Brust gelegt, nachdem Sie es wieder etwas ermuntert haben. Dieses „Wecken und Wechseln" wird zwanzig bis dreißig Minuten lang ausgeführt, tagsüber alle zwei Stunden und nachts mindestens alle vier Stunden. Wie nimmt Ihr Luca denn zu? Wie viel nasse Windeln hat er in 24 Std.? Bekommt er ausschließlich Muttermilch? Benutzen Sie einen Schnuller? Wenn Sie möchten, können Sie mir diese Fragen beantworten, so könnte ich mir ein besseres Bild machen. Es ist ein Ammenmärchen, dass sich Sport und Stillen nicht vertragen!!! Es werden immer wieder irgendwelche unsinnigen Dinge über Sport und Stillen erzählt (z.B. auch dass die Milch dabei sauer würde), doch das ist alles schlichtweg Unsinn. Fakt ist, dass es nicht nur möglich ist, in der Stillzeit Sport zu betreiben, sondern auch sehr gut für die stillende Frau. Allerdings sollten Sie es mit dem Sport gerade zu Beginn etwas langsam angehen und auf Sportarten, die eine hohe Belastung der Oberarmmuskulatur mit sich bringen, oder bei denen ein hohes Risiko für Stöße gegen die Brust (z.B. Barrenturnen) besteht eher meiden und beim Badminton das Training langsam steigern. Achten Sie beim Sport treiben darauf, dass Sie Ihren Beckenboden nicht übermäßig belasten, der braucht nach einer Schwangerschaft und Geburt etwas besondere Aufmerksamkeit. Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein wenig helfen. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Biggi, zunehmen tut Luca sehr gut. Sein Geburtsgewicht lag bei 3940g das er durch die Vorgeschichte erst nach gut 14 Tagen wieder drauf hatte. Vor ein oder zwei Wochen hatte er 5550g. Da habe ich dann die Waage wieder zur Apotheke gebracht... Die Windel ist jedesmal ordentlich nass, so ca. fünf bis sechs mal. Er bekommt nur Muttermilch und benutzt einen Schnuller, den er aber nach wie vor nicht lange alleine halten kann (?). Ich habe mir überlegt, ihm zusätzlich eine kleine Menge Wasser zu geben, wenn es so unheimlich heiß wie heute ist. Was halten Sie davon? Wenn ich einige Tropfen über seinen Schnulli gebe, dann schlürft er ganz genüßlich daran... Ihren Tipp mit dem "Aufwecken" finde ich toll...eine Frage dazu: Tagsüber stellt das überhaupt kein Problem dar. Luca wird sich freuen, so oft an die Brust zu kommen. Aber nachts könnte es schwierig werden. So ab 21 bis 23 Uhr schläft er nämlich tief und fest bis ca. 7 Uhr. Soll ich ihn dann wecken? Ich weiß, daß ich ihn wirklich nur sehr schwer wach bekomme, aber ich würde es probieren... Kann es sein, daß sein frühes Durchschlafen (schon mit 2 Wochen bis zu acht Std. seit er 4 Wochen alt ist regelmäßig) daran Schuld war/ist, daß zu wenig Milch da ist? Schließlich kommt dann 8 Std. auch kein Reiz. Oder kennt die Brust bzw. der Hormonhaushalt auch einen Tag-Nacht-Rhythmus? Vielen Dank für Ihre so persönliche und ausführliche Antwort, da fühlt man sich wirklich ernstgenommen. Mamarina mit Luca P.S.: Sie können mich ruhig duzen, fände ich nett... *g*


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Mamarina, gerne können wie uns duzen :-). Ich glaube, Du brauchst Luca nicht zu wecken, denn er nimmt ja wirklich ausreichend zu. So lange dein Kind gut gedeiht, brauchst Du keine Sorge zu haben, dass Du zu wenig Milch hast und kannst die Nächte genießen (bleibt sowieso nicht so) :-).Die Brust stellt sich auf den tatsächlichen Bedarf deines Babys ein und auch auf die längeren Nachtpausen. Hier einmal die Kriterien für ein gut gedeihendes Baby, sie werden dich beruhigen: • mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass“ ist, kannst Du sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). • in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) • eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht • eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, • Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs • ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. Wenn dein Baby all diese Punkte erfüllt, dann dürfte alles in Ordnung sein. Luca braucht weder Wasser noch Tee. Ein gesundes, voll gestilltes Kind braucht keinen Tee oder Wasser (und wenn es welchen bekommt, dann ist es nicht mehr voll gestillt). Tee ist ein Arzneimittel und ein gesundes Kind braucht keine Medikamente. Tee kann nicht nur unerwartete Nebenwirkungen mit sich bringen (da Tees nun einmal eine Arzneiwirkung haben, haben sie auch Nebenwirkungen), sondern auch zu Problemen wie Gedeihstörungen (das Baby erhält eine kalorienarme oder kalorienfreie Flüssigkeit, die den Magen füllt und so verhindern kann, dass es oft genug an der Brust trinkt) oder auch Saugverwirrung (wenn der Tee mit der Flasche gegeben wird) führen und sogar das Abstillen einleiten. Alle Flüssigkeit, die ein voll gestilltes Baby braucht, bekommt es an der Brust (auch bei heißem Wetter, Beduinenfrauen geben auch weder Tee noch Wasser). Eine Studie in den Tropen ergab sogar, dass vollgestillte Kinder mehr Flüssigkeit aufnahmen als die Kinder, die zusätzliche Flüssigkeit bekamen (Sachdev, Krishna, Puri et al., 1991). Zur eingehenderen Information hänge ich dir den Artikel einer Kollegin an. Solltest Du noch Fragen haben, bin ich gerne für dich da :-). LLLiebe Grüße Biggi Ist zusätzliche Flüssigkeit für gesunde, voll gestillte Babys notwendig? Von Denise Both, IBCLC Immer wieder wird stillenden Müttern gesagt, dass Muttermilch alleine für ihr Kind nicht ausreichend sei und sie unbedingt Tee oder Wasser zugeben müssten. Die für diese Empfehlung angeführten Gründe sind vielfältig, stehen jedoch im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Empfehlungen zur Stillförderung, die UNICEF und WHO im Rahmen ihrer Initiative „Stillfreundliches Krankenhaus" veröffentlicht haben. Zusätzliche Gaben von Tee, Glukoselösung oder Wasser sind bei einem voll ausgetragenen, gesunden Baby, das ausschliesslich mit Muttermilch ernährt wird, nicht notwendig und können den Stillerfolg erheblich gefährden. Auch wenn unter unseren westlichen Verhältnissen nicht zu erwarten ist, dass das Kind durch verunreinigtes Wasser Schaden nimmt, so können sich zusätzliche Flüssigkeitsgaben bei einen Neugeborenen auf andere Weise auswirken. Zusätzlich gegebene Flüssigkeit füllt den Magen des Babys und verringert so sein Interesse am Gestilltwerden. Ein Baby, dessen Magen mit Tee gefüllt ist, erhält nicht genügend Kalorien. Tee und Glukoselösungen wirken sich störend auf das Stillen aus. Babys, die derartige Flüssigkeiten erhalten, neigen dazu, mehr an Gewicht zu verlieren als Babys, die ausschliesslich gestillt werden. Zusätzlich verabreichter Tee (oder Glukoselösung) trägt zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Untersuchungen haben ergeben, dass die Bilirubinwerte eines Babys um so höher liegen, je mehr Tee es in den ersten Lebenstagen erhalten hat. Das Mekonium (erster Stuhlgang) ist sehr bilirubinreich. Kolostrum hat eine abführende Wirkung und hilft dem Baby bei einer beschleunigten Ausscheidung des Mekoniums. Dadurch wird der Bilirubinwert niedrig gehalten. Zusätzlich gegebener Tee hingegen regt nicht zu Darmbewegungen an, verursacht eine Rückabsorption des Bilirubins in den Körper des Babys und trägt somit zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Auch während einer Phototherapie bei verstärkter Neugeborenengelbsucht sollte das Kind bevorzugt häufig Muttermilch statt Tee erhalten Wird Flüssigkeit mit einer Flasche gegeben, kann dies zu Stillproblemen, einer Schwächung der Saugfähigkeit oder Ablehnung der Brust führen. Ein Neugeborenes kann auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren. Eine Saugverwirrung kann zu gravierenden Stillproblemen führen. Auch bei heissem Wetter ist es nicht notwendig zusätzliche Flüssigkeit zu geben. Muttermilch genügt auch in dieser Situation als vollwertiges Nahrungsmittel und enthält genau das richtige Verhältnis von Flüssigkeit und Nahrung, um Hunger und Durst des Babys zu befriedigen. Wichtig ist jedoch, dass die Mutter das Baby nach Bedarf stillt, was bei heissem Wetter häufiger der Fall sein kann. Quellen: Mohrbacher und Stock: The Breastfeeding Answer Book, 1997 Lauwers und Shinskie: Counseling the Nursing Mother, 1999 Goldberg und Adams: Studie veröffentl. im Arch. Dis. Child, 1983 Sachdev, Krishna, Puri et al.: Zusätzliche Flüssigkeit für voll gestillte Kinder im Sommer in den Tropen, Lancet 1991


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.