Mitglied inaktiv
Hallo Biggi! Ich komme gerade von meinem FA. Ich war dort zur Nachsorge und wir haben uns über die Verhütung unterhalten. Er schlug mir die Dreimonatsspritze als unbedenklich vor und ich willigte ein, da sie mir sehr praktisch erschien. Nun lese ich, dass Depot-Clinovir erst nach 6 Monaten gespritzt werden soll. Unser Kleiner ist aber erst 6 Wochen und ich stille noch voll. Die Spritze ist gegeben, dagegen kann ich nichts mehr machen. War das falsch? Muss ich jetzt abstillen? Gruß Christina
Liebe Christina, reine Progesteron-Präparate werden als mit dem Stillen verträglich angesehen. Bei stillenden Müttern sind sie nur als zweite Wahl zu betrachten, da geringe Mengen der Hormone in die Muttermilch übertreten und es zu leichten Veränderungen in der Zusammensetzung der Milch und bei der Milchmenge kommen kann. Obwohl bei der Anwendung von hormonellen Verhütungsmitteln geringe Hormonmengen in die Muttermilch übergehen (Harlap 1987; Hull 1981), werden reine Progesteron-Präparate von den meisten Fachleuten als mit dem Stillen vereinbar angesehen (siehe letzten Punkt dieses Abschnitts). In vielen Studien wurde festgestellt, dass reine Progesteron-Präparate nur geringe Auswirkungen auf das Stillen haben. Einige Studien haben keine Wirkung auf die Menge und Zusammensetzung der Milch ergeben (McCann 1994; WHO 1994a), während sich in anderen Untersuchungen leichte Verbesserungen bei der Milchmenge und eine längere Stillzeit bei Müttern zeigten, die ein spezielles Progesteron-Depot-Präparat anwandten (Emery 1993). In Bezug auf die Veränderungen in der Zusammensetzung der Milch besteht Ungewissheit, ob die leichten Veränderungen von Bedeutung sind, die bei Müttern bemerkt wurden, die hormonelle Antikonzeptiva verwendeten. Bei einer Durchsicht der Literatur stellte Fraser (1991) fest, dass sich das Wachstum und die Entwicklung von Babys, deren Mütter entweder reine Progesteron-Präparate oder östrogenhaltige Präparate einnahmen, nicht von dem der Babys unterschieden, deren Mütter keine hormonellen Antikonzeptiva benutzten. Allerdings wurde nicht zwischen vollem Stillen und teilweisem Stillen unterschieden. Die Ähnlichkeiten zwischen den Gruppen sowie die natürliche Unterschiedlichkeit der Zusammensetzung der Milch von Mahlzeit zu Mahlzeit und von Tag zu Tag führten Fraser zu dem Schluß, dass die Bedeutung der Veränderungen in der Milch, die in Verbindung mit hormonellen Verhütungsmitteln auftritt, unklar ist. In einer Studie wurde herausgefunden, dass die Anwendung von reinen Progesteron-Präparaten einen gewissen Schutz gegen den Verlust von Knochensubstanz bei stillenden Frauen bietet (Caird 1994). Die reinen Progesteron-Präparate umfassen eine Vielzahl von Antikonzeptiva. Dazu zählen die Minipille, progesteronhaltige Intrauterinpessare, Vaginalringe, die Progesteron freisetzen und Depotpräparate. Die auf der ausschließlichen Wirkung des Progesteron beruhenden Präparate führen dem Körper das Progesteron auf unterschiedlichem Wege zu. Aber ihre empfängnisverhütende Wirkung basiert stets auf den gleichen Prinzipien: der Eisprung wird unterdrückt, der Zervixschleim wird verdickt, so dass es für die Spermien schwieriger wird weiter vorzudringen, und die Gebärmutterschleimhaut wird dünner. Ein bemerkenswerter Unterschied bei diesen Methoden besteht darin, dass bei Methoden, die auf einer zeitlich regulierten Freisetzung des Progesterons (Depot-Methoden) beruhen, der Progesteronspiegel im Blutkreislauf der Mutter höher ist als verglichen mit der Minipille (Kennedy 1993). Diese Methoden sind bei vielen öffentlichen Gesundheitsämtern das Mittel der Wahl, da sie über einen langen Zeitraum hinweg die Gewähr für eine sichere Empfängnisverhütung bieten, und das unabhängig davon, wie sich die Frau verhält. Die Unterschiede bei diesen Methoden können dazu führen, dass die eine Methode besser zu der einen Frau passt als zu der anderen. Allerdings sind nicht all diese Methoden in allen Gegenden erhältlich. Die reine Progesteron-Minipille wird täglich eingenommen und sollte idealerweise jeden Tag etwa zur gleichen Zeit eingenommen werden. Ihre Wirksamkeit ist abhängig von der regelmäßigen Einnahme und liegt etwas unter der von Kombinationspräparaten (ebenso beeinträchtigen vergessene Pillen die Wirksamkeit stärker als bei Kombinationspräparaten). Unregelmäßige Blutungen, eine bei der Minipille häufig beobachtete Nebenwirkung, treten in der Stillzeit normalerweise nicht auf. Der Progesteron freisetzende Vaginalring wird in die Scheide eingesetzt und dort ununterbrochen getragen. Durch ihn wird eine Schwangerschaft für eine Zeitraum von drei Monaten verhindert. Wie bei anderen reinen Progesteron-Präparaten haben Untersuchungen ergeben, dass ein Progesteron freisetzender Vaginalring keinen Einfluß auf die Dauer der Stillzeit oder das Wachstum des Babys hat (Shaaban 1991). Andere zeitlich regulierte auf reiner Progesteronwirkung beruhende Methoden sind: Progesteronabgebende Intrauterin Pessare - ihre Wirkungsweise beruht auf dem gleichen Prinzip wie die der hormonfreien IUPs, zusätzlich werden über einen gewissen Zeitraum hinweg geringe Mengen Progesteron in den Kreislauf der Mutter abgegeben Reine Progesteron Injektionen (Depo-Clinovir) - jede Injektion verhütet eine Schwangerschaft für eine Zeitraum von drei Monaten Reine Progesteron-Implantate - ein unter die Haut der Frau einzusetzendes Implantat, das eine Schwangerschaft für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren verhindert. Es wird empfohlen, mit der Anwendung von progesteronhaltigen Präparaten erst nach einer Stillzeit von sechs bis acht Wochen zu beginnen. Ein früherer Beginn könnte die Milchmenge verringern oder die unreife Leber des Kindes belasten. Der Zeitpunkt für den Beginn der Anwendung eines progesteronhaltigen Präparates wird kontrovers diskutiert und die Forschungsergebnisse dazu fallen unterschiedlich aus. Während in einer Studie keinerlei Auswirkungen auf das Stillen oder das Wachstum und die Entwicklung des Säuglings festgestellt wurden, wenn mit diesen Methoden eine Woche nach der Geburt begonnen wurde (Moggia 1991), empfehlen andere Untersuchungen und anekdotenhafte Berichte abzuwarten, bis sich die Stillbeziehung über einen Zeitraum von mindestens sechs bis acht Wochen hinweg eingespielt hat, bevor mit der Anwendung einer dieser Methoden begonnen wird (Institut für Reproduktive Gesundheit 1994; WHO Task Force 1994a; WHO Task Force 1994b). Der frühen Anwendung von reinen Progesteron-Präparaten stehen die beiden folgenden Bedenken entgegen: ein möglicherweise negativer Einfluss auf die Milchmenge und fehlende Informationen über die Fähigkeit des Babys die Hormone während der ersten Lebenswochen umzuwandeln, solange die Leber noch unreif ist (Institut für Reproduktive Gesundheit 1994). Bei der Wahl des richtigen Zeitpunktes für den Beginn der Anwendung der progesteronhaltigen Präparate, sollten die stillende Mutter und ihr Arzt die Phase der natürlichen Unfruchtbarkeit der Mutter während der ersten Lebensmonate ihres Babys, solange es hauptsächlich gestillt wird, in ihre Überlegungen mit einbeziehen (nähere Informationen dazu siehe im vorangegangen Abschnitt über LAM). Obwohl kleine Mengen an Progesteron in die Muttermilch übergehen, haben Untersuchungen keine Langzeitwirkungen auf die Kinder stillender Mütter ergeben. Wissenschaftliche Untersuchungen haben sich mit den gestillten Kindern von Müttern beschäftigt, die progesteronhaltige Verhütungsmittel über einen Zeitraum bis zu siebzehn Jahren anwandten. Dabei konnten keine Langzeitwirkungen auf die sexuelle Entwicklung während der Pubertät oder auf irgendwelche anderen Bereiche entdeckt werden. Die Wissenschaftler folgerten daraus, dass der Gebrauch von reinen Progesteron-Präparaten während der Stillzeit keine negativen Auswirkungen auf lange Sicht auf das Wachstum und die Entwicklung von Kindern hat (Pardthaisong 1992). Diese Studien geben jedoch keinen vollständigen Bericht über individuelles Stillverhalten und die Gesamthormonmenge, der die Kinder ausgesetzt sind. Reine Progesteron-Methoden werden von der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte als mit dem Stillen vereinbar angesehen (AAP Kommittee für Medikamentenfragen 1994). Ich hoffe, ich konnte dich beruhigen! LLLiebe Grüße Biggi
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