Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

chaos - verkehrter Rythmus????

Frage: chaos - verkehrter Rythmus????

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Liebe Biggi! Meine Tochter (6 1/2 Monate) bekommt seit 3 Wochen Beikost - ich gebe ihr schon 2 bis 3 x Beikost am Tag und stille aber immer vorher oder nachher! Manchmal ist sie recht viel, dann verweigert sie wieder komplett. Ich habe das ganze auch etwas falsch angefangen, da ich jede Woche gleiche mit einer neue Mahlzeit angefangen habe! Jetzt herrscht Chaos: ich habe überhaupt kein Gefühl mehr, wann sie wirklich hungrig ist. Ich habe es mit festen ZEiten versucht (stillen und Beikost) und nach Bedarf.....irgendwie funktioniert das alles nicht! (Habe auch das Bulletin "Tischlein deck dich" genauestens gelesen). Dafür löscht sie ihren Durst / Hunger in der NAcht...........da wacht sie sehr oft auf und ich stille sie, da ich sie anders nicht mehr beruhigen kann. Sie schläft im Gitterbett neben uns bzw. in letzter Zeit auch bei uns im Bett. Aber es hat sich nichts gebessert. Es ist auch egal, ob sie einen ruhigen TAg hatte oder einen turbulenten Tag! Ich weiß schon, dass sie in einem Alter ist, wo sie alles, was sie erlebt eben nachts verarbeiten muss und außerdem krabbelt sie seit 3 Tagen richtig (sie robbt schon seit einem Monat), aber ich bin schon ziemlich fertig, aufgrund der langen Nächte! HAben Sie eine Tipp für mich, wie ich es mit der Beikost besser angehen kann und vor allem, wie ich mir ruhiger Nächte verschaffen kann (Babybalkon ist mir zu gefährlich). Hinzu kommt auch, dass, wenn sie keinen Hunger hat, sie auch nicht isst... So kommt es vor, dass sie um 4:30 Uhr an der Brust trinkt und dann erst um 11.00 UHr vorm. wieder. Man muss doch diesen Rythmus umdrehen können, oder? Ich kann sie aber tagsüber aus oben genannten Gründen nicht öfter anlegen....... ICh möchte eigentlich schon noch weiterstillen, aber schön langsam verzweifle ich. Ich weiß, dass wenn sie die FLasche bekommt, dass nicht ruhigere Nächte bedeutet, aber zumindest könnte mein Mann ihr dann die Flasche geben! ICh habe mir auch schon gedacht, dass ich mich nachts mal in ein anderes Zimmer lege und mein Mann versucht sie so zu beruhigen - denken sie, dass das etwas bringt????????? Viele Dank für Ihre AntworT! ELa


Biggi Welter

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Liebe Ela, ihr Kind verhält sich genau so, wie es von einem Baby zu erwarten ist und wie es auch von der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte (AAP) und der WHO empfohlen wird: es sieht die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch. Gerade in der ersten Zeit der Beikostfütterung sollte der Begriff "BEI Kost" wörtlich genommen werden: es ist zusätzliche Nahrung, die nicht anstatt der Muttermilch sondern dazu gegeben wird. Das Kind bekommt altersgemäße Beikost und wird weiterhin nach Bedarf gestillt. Leider ist vor allem bei uns in Deutschland die Vorstellung fest in den Köpfen verwurzelt, dass mit dem Beginn der Beikost die Muttermilch durch die feste Nahrung verdrängt werden soll. Doch wenn Sie Ihr Kind wirklich satt bekommen wollten mit Beikost, dann müsste es so große Mengen essen, wie es gar nicht möglich ist. 100 ml Muttermilch haben etwa 70 kcal, 100 g Karotten haben etwa 20 kcal. Um also die gleiche Kalorienzahl wie mit 100 ml Muttermilch zu bekommen, müsste Ihr Kind mehr als 400 g Karotten essen. Stellen Sie sich diese Menge einmal vor. Sie müssen Ihr Baby nicht nach der Uhr füttern, die Essmenge wird sich von ganz alleine langsam steigern. Ich will nicht leugnen, dass es gelegentlich vorkommt, dass ein Baby nach einem Brei als Abendmahlzeit länger schläft (und die Mutter dieses Kindes ist dann selbstverständlich überzeugt, dass das Schlafverhalten durch den Brei positiv beeinflusst wurde und gibt es als guten Tipp weiter). Dennoch gibt es unzählige Kinder, bei denen diese Methode nichts bringt oder sich das Schlafverhalten sogar verschlechtert (die Mütter dieser Kinder halten erstaunlicherweise meistens den Mund und fühlen sich als Versager). Tatsache ist, dass Babys etwa in der Mitte des ersten Lebensjahres sehr häufig beginnen (wieder) häufiger in der Nacht aufzuwachen und die Ursachen dafür sehr vielfältig sein können und sehr viel seltener auf Hunger zurückzuführen sind als meist angenommen. Babys beginnen ihre Umwelt bewusst wahrzunehmen und müssen ihre aufregenden Erlebnisse des Tages (die uns vielleicht gar nicht aufregend vorkommen) verarbeiten, Babys zahnen und das ist nachts schlimmer als tagsüber, wenn es Ablenkung gibt, Babys haben häufig mit etwa einem halben Jahr zum ersten Mal eine Erkältung .... die Liste lässt sich noch lange fortführen. So schwer es auch ist einen "Rückschritt" zu akzeptieren und wieder auf den ununterbrochenen Schlaf verzichten zu müssen: es gibt kein Patentrezept, um das Schlafverhalten von Babys und Kleinkindern entsprechend den Vorstellungen von uns Erwachsenen zu optimieren. Wenn Sie gerne lesen und die Zeit dazu finden, möchte ich Ihnen das Buch "Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen. Dr. Sears (Professor für Kinderheilkunde und achtfacher Vater) erklärt warum Kinder so schlafen wie sie es tun (und nicht wie wir es erwarten) und gibt Tipps wie die Nächte für alle Beteiligten angenehmer werden können. Das Buch ist im Buchhandel, bei La Leche Liga und bei jeder LLL Stillberaterin (auch hier im Still-Shop) erhältlich. Sie können versuchen ihre abendliches Ritual zu ändern und dann bringt vielleicht der Papa seine Tochter ins Bett. Da er keine Brust hat, aber sicher auch gut kuscheln, singen, Geschichte erzählen oder vorlesen (auch schon bei kleinen Kindern) usw. kann, lässt sich Ihre Tochter möglicherweise nach ein paar "Anläufen" auch gerne von ihm ins Bett bringen. Auch Babys können schon gut zwischen Mama und Papa unterscheiden und sich auf diese beiden verschiedenen Persönlichkeiten einstellen. Eventuell können Sie auch die "Nachtschicht" etwas verteilen, so dass Ihr Mann zwischendurch getrennt von Ihnen schläft oder eben z.B. am Wochenende die Nachtschicht mit dem Kind übernimmt. Auch tagsüber sollten Sie versuchen, sich selbst Nischen zu schaffen, die Sie ganz gezielt für Ihre Erholung nutzen. Gönnen Sie sich selbst in dieser anstrengenden Zeit so viel Ruhe wie möglich. Jetzt ist nicht die Zeit für blitzende Fußböden und spiegelnde Fenster. Lassen Sie den Haushalt auf Sparflamme laufen. Wenn die Fenster erst in einem halben Jahr wieder geputzt werden, dann schadet das niemandem und Tiefkühlgemüse ist nicht so schlecht und muss nicht geputzt werden. Nicht alles muss gebügelt werden. Machen Sie den Tragetest. Bügeln Sie etwas und tragen Sie es für zehn Minuten. Das nächste Mal bügeln Sie es nicht und tragen es für zehn Minuten. Dann vergleichen Sie ist der Unterschied nach der kurzen Tragezeit wirklich so deutlich, dass das Bügeln sich gelohnt hat? Viel Bügelarbeit lässt sich sparen, wenn die Wäsche sorgfältig aufgehängt wurde bzw. nicht lange im Trockner liegen bleibt, wenn der Trockner fertig ist. Es ist nicht viel mehr Arbeit, die doppelte Menge von zum Beispiel Nudelsauce zu kochen. Sie können dann eine Hälfte einfrieren und hast damit schnelle eine Mahlzeit, wenn ein Tag mal wieder sehr hektisch war. Nehmen Sie ALLE Hilfe an, die Sie bekommen können. Möglicherweise kann Ihnen auch Ihre Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, den Bügelkorb leer bügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für die Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Sie in die sich hinlegen, spazieren gehen oder sonst etwas für sich tun ... Vielleicht finden Sie einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit dem älteren Kind oder dem Baby zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit sollten Sie dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder sich mit dem größerem Kind beschäftigen oder SICH etwas Gutes tun. Achten Sie darauf, dass Sie genügend essen und trinken. Sie müssen keine perfekten Menus kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparen Sie sich auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. Schauen Sie nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch Ihre beiden werden älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen. Kurz: beschränken Sie viel Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Sie auf diese Weise mehr Zeit für sich bekommen. Diese "gewonnene" Zeit können Sie dann dazu nutzen, sich wieder zu erholen, neue Energie zu tanken. Vergessen Sie sich selbst nicht: Gönnen SIE SICH etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen. Ich wünsche Ihnen bald wieder ruhigere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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