Petra-Juni
Liebe Frau Welter, meine Tochter ist sehr unruhig, hektisch, zappelig beim Stillen. Meistens läuft es so ab: Sie schläft bei mir in der Trage, wacht irgendwann auf, saugt am Händchen, schmatzt und "pickt" an mir. Dann gehe ich davon aus, dass sie Hunger hat und lege sie an. Sobald ich ihr jedoch die Brust anbiete (sie liegt auf meinem Bauch und ich lehne mich zurück, wir machen also dieses "laid back nursing"), fängt sie an zu schreien und wie wild zu strampeln. Sie dockt an, trinkt ein paar Tropfen, lässt die Brustwarze wieder los und schreit wieder. Dennoch "pickt" sie weiterhin, scheint zu suchen, greift die Brustwarze immer wieder, saugt kurz, lässt sie wieder los und schreit. Das wiederholt sich einige Male. Ich führe sie nicht zur Brustwarze oder so, "zwinge" sie also nicht zum Trinken, sondern möchte sie entscheiden lassen (sie kann die Brustwarze gut alleine finden und greifen). Irgendwann setzt dann der Milchspendereflex ein. Dieser ist leider recht stark, deswegen nutzen wir bereits die zurückgelehnte Stillposition und sie dockt sich dann automatisch ab und ich fange die Milch erst mal mit einem Tuch auf. Aber auch danach, wenn der Milchfluss viel weniger stark ist, zeigt sie dieses unruhige Verhalten. Irgendwann macht sie doch ein paar kräftige Züge, wirkt danach aber nicht zufrieden. Zwischendurch nehme ich sie oft auf die Schulter, um sie aufstoßen zu lassen. Oft läuft ihr die Milch aus dem Mund, obwohl der Milchfluss deutlich geringer ist. Ich habe schon verschiedene Stillpositionen ausprobiert, das Verhalten ist aber immer gleich. Sie wirkt beim Stillen leider nie zufrieden und schläft danach auch nicht entspannt ein, sondern will in der Trage beruhigt werden. Ich bin ziemlich verzweifelt, da ich das Gefühl habe, ihr mit dem Stillen keinen Gefallen zu tun bzw. sie zu quälen. Die Stillabstände betragen mal eine Stunde, mal zwei bis drei Stunden. Ich versuche dabei immer, auf ihre Hungerzeichen zu achten, kann diese aber scheinbar nicht richtig deuten. Es gibt auch Tage, da fühlen sich meine Brüste eher leer an und meine Tochter muss ziemlich lange saugen, bis was kommt und der Milchspendereflex einsetzt. Auch in der Situation wirkt sie dann natürlich hektisch, unruhig und zappelig, vermutlich weil sie Hunger hat und erst mal nichts kommt. Ich habe das Gefühl, nie die richtige Menge an Milch für sie zu haben, entweder ist es zu wenig und es kommt zu langsam oder es ist zu viel und schießt ihr regelrecht in den Mund. Ich habe auch gelesen, dass es sein könnte, dass sie zu viel Vordermilch trinkt und nicht an die sättigende Hintermilch kommt, kann das sein? Sie ist nun fast neun Wochen alt, konnte von Anfang gut und kräftig saugen, das Köpfchen gut halten und sie hat zum Glück schon gut zugenommen und ist gewachsen. Sie hat jedoch leider oft Blähungen (pupst richtig viel), muss oft aufstoßen und hat scheinbar Bauchschmerzen. Ihr Stuhl war anfangs ganz unauffällig (senfgelb und körnig), seit über drei Wochen ist er jedoch total flüssig, braun und riecht irgendwie nach faulen Eiern. Bei einer Stillberaterin waren wir bereits, sie äußerte den Verdacht auf ein verkürztes Zungenbändchen, da meine Tochter aber normal weit die Zunge über die Lippe rausstrecken und an den Gaumen strecken kann, hielt meine Hebamme das für unwahrscheinlich. Ich weiß mir keinen Rat mehr, habe es auch schon mit Ausstreichen vor dem Stillen und Abpumpen versucht (nicht viel, nur ein bisschen), aber das hat leider auch nichts verändert. Haben Sie vielleicht noch einen Tipp für mich und können mir irgendwie weiterhelfen? Herzlichen Dank schon mal! Viele Grüße!
Liebe Petra-Juni, die Unterteilung der Milch in Vordermilch und Hintermilch ist nicht so, wie es immer wieder zu lesen ist und ist für die Praxis abgesehen von wenigen, besonderen Fällen kaum relevant. Der Milchspendereflex setzt beidseitig ein, so dass das Kind an der zweiten Brust dann eine „Mischmilch" erhält. Die Unterscheidung in „Vordermilch" und „Hintermilch" ist in aller Regel allerdings eine akademische Frage, die für den normalen Stillablauf keine Bedeutung hat. Solange das Kind gedeiht und sich wohl fühlt, muss keine Mutter über die Anteile an Vorder oder Hintermilch nachdenken. Wenn Babys noch so klein sind, ist der Darm noch unreif, und da kann es durchaus passieren, dass der Stuhlgang mal schleimig, mal schaumig, mal braun, grün oder gelb ist. Auf Anhieb gibt es mehrere mögliche Ursachen für das Verhalten deines Babys. Zum einen erlebt dein Kind jetzt seine Umwelt immer bewusster und muss daher die Ereignisse des Tages verarbeiten. Das bedeutet für manche der kleinen Menschlein, dass sie sehr unruhig sind, weinen und an der Brust ebenfalls unruhig sind. Hier hilft es, die Tage möglichst ruhig verlaufen zu lassen, den Abend sanft ausklingen zu lassen und dem Kind Nähe, Ruhe und Halt zu geben. Keine hektischen Versuche mit immer neuen Ideen das Kind zur Ruhe zu bringen, sondern so wenig „Action" wie möglich. Den Raum abdunkeln, beruhigend mit dem Baby sprechen oder ihm etwas leise vorsingen. Besonders unruhige Babys, die sich an der Brust steif machen und nach hinten überstrecken, können auch gebündelt werden. Beim Bündeln wird das Baby gut in eine Decke eingewickelt, so dass seine Schultern nach vorne geneigt und die Arme unterhalb der Brust gekreuzt sind. So kann es den Kopf nicht zurückwerfen. Bei manchen Babys bewährt es sich, wenn die Decke unten offen bleibt, so dass die Füße frei bleiben. Wenn ein Kind auf diese Weise eingepackt ist, sieht es wie ein „C" aus, mit dem Kinn auf der Brust und angezogenen Beinchen. Häufig reicht diese Maßnahme aus, das Baby zu beruhigen und es trinkt dann besser an der Brust. Manche Babys brauchen Halt im wahrsten Sinne des Wortes um weniger zappelig zu sein. Beobachte einmal eine Stillzeit ganz genau. Verschluckt sich dein Baby sehr leicht? Hast du den Eindruck, dass die Milch sehr rasch aus deiner Brust fließt? Fließt deinem Kind Milch aus den Mundwinkeln, weil es beim Schlucken nicht nachkommt? Da du die obigen Fragen mit „Ja" beantworten kannst, dann kann es sein, dass du einen sehr starken Milchspendereflex hast und dein Baby mit der plötzlich in großer Menge fließenden Milch nicht zurechtkommt. Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (leg dir eine Windel zum Auffangen der Milch hin und vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das „Berg auf Stillen". Dazu hältst du dein Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als deine Brustwarze. Beim Stillen mit dem Rückengriff lehnst du dich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützt du dein Baby von unten mit zwei Kissen in deinem Schoß und lehnst dich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück. Wenn das gar nicht klappt, stille im Liegen. Versuche überhaupt einmal verschiedene Stillpositionen, möglicherweise gefällt deinem Baby die von Dir bevorzugte Haltung nicht. Babys sind von Geburt an (bzw. bereits im Mutterleib) eigene, individuelle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, Temperament und auch mit eigener Stimmungslage. Ob eine Mutter ein ruhiges, zufriedenes, (fast) immer lächelndes Baby hat oder ein Kind, das als „Schreibaby" bezeichnet wird, das hängt nicht zwingend von ihren Fähigkeiten als Mutter ab. Vieles ist einfach angeboren. Wenn dein Kind viel quengelt und weint, dann kann es sein, dass es ein Baby mit erhöhten Bedürfnissen ist, ein High Need Baby, wie diese Kinder von dem amerikanischen Kinderarzt Dr. William Sears genannt werden. Ein High Need Baby braucht sehr viel mehr Einsatz von seiner Mutter/Eltern. Es ist kein „pflegeleichtes" Kind. Oft zeigen sich die Erfolge der Bemühungen der Mutter erst nach längerer Zeit und die Mutter zweifelt an sich selbst. Deshalb ist es so wichtig, dass Mütter/Eltern wissen, dass es High Need Babys gibt und wissen, dass sie keine „Schuld" haben. Sehr gut beschrieben sind High Need Babys in dem Buch „Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears und Dr. Sears gibt auch Anregungen und Erklärungen, was Eltern tun können, um zu einem einfacheren Alltag mit ihren Kindern zu kommen. Das Buch ist im Buchhandel, bei der LLL, jeder LLL Stillberaterin erhältlich. Ehe du aber jetzt zusammenklappst, weil du nicht mehr genug Schlaf bekommst, muss eine Lösung gefunden werden, die dich entlastet. Suche für dich eine Möglichkeit zum Entspannen und Abschalten. Gönne DIR etwas. Wenn es dir besser geht, wird es auch deinem Kind besser gehen. Erkundige dich mal, ob du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Am besten besprichst du auch mit einer Stillberaterin in deiner Nähe, wie du vorgehen kannst. Adressen von Stillberaterinnen findest du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Liebe Grüße Biggi
Ani158
Hallo! Wir haben exakt die gleiche Situation! Laut Osteopathin auch ein verkürztes Zungenbändchen. Sollen es vor dem Stillen mit dem Finger dehnen...gestaltet sich jedoch sehr schwierig...Wir sollen laut KA zum Mund ,Kiefer, Gesichtschirurg und das abklären lassen.