Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Baby 4.5monate mit Tee gefüttert

Frage: Baby 4.5monate mit Tee gefüttert

Valann

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Hallo liebe Stillberaterinnen, Ich stille meinen Sohn 20 Wochen voll. Momentan ist er sehr häufig sehr hungrig und möchte spätestens alle 2 Stunden Tag und Nacht trinken. Meine Mutter meint ständig, ich hätte vielleicht nicht genug Milch (was ich an Hand der Gewichtszunahme und Anzahl nasser Windeln ausschließe), meine Schwiegermutter macht sich Sorgen um mich und rät mir immer wieder dazu dich mal ein Fläschchen zu füttern (was ich kategorisch ausschließe, weil ich gerne voll stillen möchte bis zur Beikosteinführung mit 6monaten und ich der Meinung bin, dass das keine Garantie für größere Stillabstände ist)oder Tee zu geben. Nun bin ich gerade bei Ihnen zu Besuch und hatte mich für einen kurzen Schlaf hingelegt. Sie meinte es gut und wollte mich schlafen lassen als mein Sohn sich langsam mit Hungerzeichen gemeldet hat. Statt mich zu wecken hat sie ihm Tee zubereitet und mit dem Löffel gefüttert ( wohlweislich hatte ich keine Flaschen dabei. Ich hatte mich in Sicherheit gewogen , dass ich mein Nein zum Tee nicht noch einmal thematisieren muss )mein kleiner hat nicht viele Löffel akzeptiert und ich weiß natürlich, dass ihm das nicht geschadet haben wird. Meine Frage ist nun eher die, wie kann ich ihr neben der Tatsache, dass sie zu weit gegangen ist verklickern, dass das mit dem Tee nix bringt, da es leere Kalorien sind?! Gibt es weitere Argumente, die gegen Tee vor Beikosteinführung sprechen. Ich wünschte, sie hätte wenigstens „nur“ Wasser gefüttert. All zu hart möchte ich andererseits nicht mir ihr ins Gericht gehen, da sie es gut gemeint hat. Sie versteht nur glaube ich nixht, dass Tee quasi mein Vollstillen boykottiert, was mir wichtig ist! Vielen Dank!!


Biggi Welter

Biggi Welter

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Liebe Valann, stell dir mal vor, es gäbe für dich kein Internet, Du bist in einer Gesellschaft groß geworden, in der überspitzt ausgedrückt der Herr Pfarrer, der Herr Lehrer und der Herr Doktor für die große Mehrheit der Menschen eine unangefochtene Autorität sind und Du erlebst, dass sich in der Technik fortwährend riesige Neuheiten auftun. Von frühester Kindheit an wirst Du geprägt durch das Verhalten deiner Eltern, die in bester Absicht und nicht selten gegen ihr Gefühl handeln, weil "man" Kinder so erziehen muss. Die Medien, die dir zur Information zur Verfügung stehen sind eher einseitig und Vorbilder, die von dem, was die Mehrheit tut, abweichen, gibt es ebenfalls so gut wie keine. Wie würde wohl dein Weltbild aussehen? In dieser Situation haben sich unsere Mütter und Großmütter befunden und sie haben das getan, was aus ihrer Sicht heraus, das Beste für ihre Kinder uns war. Ich kenne eine Frau, deren erster Sohn 1958 geboren wurde. Sie hat erzählt, wie sie weinend neben dem Bett ihres ebenfalls weinenden Kindes saß und die Minuten gezählt hat, bis sie ihn aus dem Bett herausnehmen und füttern durfte. Aber sie wollte ihrem Kind ja auf keinen Fall schaden, also hat sie sich strikt an die Anweisung des Arztes gehalten. Ihr Baby hatte wie sich wenige Wochen nach der Geburt herausstellte einen Herzfehler und musste ins Krankenhaus. Diese Mutter hat es 1958 (!) durchgesetzt, dass sie mit ins Krankenhaus konnte. Aber sie hat sich all die langen Wochen nicht getraut, ihr Kind aus dem Krankenhausbett zu nehmen, wenn es nicht gerade die offizielle Fütterzeit war oder das Kind gewickelt wurde. Sie hat mit aller Kraft ihre Tränen unterdrückt und neben ihrem Kind ausgeharrt, froh, dass sie zumindest in seiner Nähe bleiben durfte. Auf keinen Fall wollte sie riskieren, dass sie dieses in den Augen der Ärzte riesige Privileg am Tag auf einem Stuhl neben ihrem Kind zu sein und es selbst füttern und wickeln zu dürfen, verliert. Kannst Du dir vorstellen, wie diese Frau sich gefühlt haben muss und wie sie sich heute fühlt, wenn sie ihre Schwiegertochter mit den Enkeln erlebt? Diese Frau war mit Sicherheit eine Pionierin, eine Revoluzzerin, die immerhin den Mut hatte, sich gegen eine vollständige Trennung von ihrem kranken Kind aufzulehnen. Aus heutiger Sicht lässt sich leicht sagen "Warum hat sie nicht auf ihr Gefühl gehört und ihr Kind in den Arm genommen?" Wir heute haben die Möglichkeit, uns zu informieren, eine zweit oder dritte (ärztliche) Meinung einzuholen, die Klinik zu wechseln. Doch welche Möglichkeiten standen unseren Müttern offen? Unseren Müttern wurde einleuchtend erklärt, warum sie wie mit ihren Kindern umzugehen hatten und sie haben es geglaubt. Ich denke sogar, sie hatten oft gar keine andere Wahl als das zu glauben, was ihnen gesagt wurde und was sie in der ihnen zur Verfügung stehenden Literatur nachlesen konnten. Wie alle Mütter wollten sie nur das Beste für ihre Kinder und das Beste war laut damaligen Zeitgeist nicht die Muttermilch. Hochglanzbroschüren mit Bildern von glücklichen, wohlgenährten Babys und ihren strahlenden Müttern gab es auch damals und die Skepsis gegenüber dem gedruckten Wort war noch nicht so verbreitet wie heute. Der Geist der Zeit lautete "sei modern" und stemme dich nicht gegen den Fortschritt. Stillen war sicher nicht modern. Nun erleben unsere Mütter heute als Großmütter, dass wir es so ganz anders machen. Sie sehen, dass wir andere Entscheidungen treffen, Autoritäten anzweifeln und andere Prioritäten setzen. Ein Teil unserer Mütter wird voll Wehmut erkennen, dass wir das leben, was sie in ihrem Inneren gefühlt und nicht gewagt haben. Das sind Mütter wie die Frau, die ich oben erwähnt habe. Sie leidet heute nochmals, wenn sie erlebt, wie ihre Schwiegertochter stillt und ganz selbstverständlich das Kind jederzeit auf den Arm nimmt, im Tragetuch trägt und all die Dinge tut, die ihr vor über 40 Jahren verwehrt wurden. Doch ein Teil unserer Mütter sieht nur, dass es jetzt anders ist und fühlt sich dadurch angegriffen und vor den Kopf gestoßen. Unsere Art, mit den Kindern umzugehen und das Stillen, stellt in Frage, dass sie gute Mütter waren (und sind). Es ist für sie schwer zu akzeptieren, dass es heute "anders" ist, denn das gibt ihnen das Gefühl, dass sie "falsch" gehandelt haben ein schlechtes Gefühl. Sie können kein Vertrauen in die Muttermilch haben, weil ihnen dieses Vertrauen gründlich abtrainiert wurde und dazu kommt dann in vielen Fällen auch noch dieses unangenehme Gefühl, das einen Menschen beschleicht, der erlebt, dass sein eigenes Verhalten als falsch hingestellt wird. Je älter ich werde und vor allem je älter meine Kinder werden, umso mehr beschäftigt mich dieses Thema und damit auch der Gedanke, wie wird es sein, wenn meine Kinder Eltern werden, wie werde ich mich fühlen, wenn sie andere Wege gehen als ich sie gegangen bin? Es ist wirklich ein schwieriges Thema und es ist sicher wichtig, dass wir uns ab und zu bewusst machen, dass unsere Mütter uns nicht in besserwisserischer Form ärgern wollen, sondern damit zurechtkommen müssen, dass ihr Weltbild auf den Kopf gestellt wird. Versuche, ihr in aller Ruhe und mit Liebe zu erklären, dass es dich verletzt, wenn sie dir nicht vertraut und dir ihre Meinung aufdrängen will. Ich kann mich heute schmunzelnd daran erinnern, als ich meinem Sohn einen Kuchenkrümel aus dem Mund gefischt habe und meine Schwiegermutter zornentbrannt den ganzen Kuchen in die Tonne geschmissen hat, weil ihr Kuchen ja nicht gut genug ist. Es gab erst einmal Tränen auf beiden Seiten, dann ein gutes und ehrliches Gespräch (zugegeben, es hat etwas gedauert : ) ) Trotzdem ist es natürlich wichtig, dass sie in unserem Sinne handelt und das ist wurde nur möglich durch viel Reden und Verständnis von beiden Seiten. Ich hoffe, es klappt bei dir bald besser! Infos zum Thema Tee bekommst Du jetzt ;-). Selbst in heißen Klimaten ist keine zusätzliche Flüssigkeitsgabe notwendig. Zusätzlicher Saft oder Tee würde nur dazu führen, dass das Interesse des Babys an der Brust nachlässt und das wiederum wirkt sich ungünstig auf die Milchproduktion aus. Die Milchmenge richtet sich danach, wieviel das Baby trinkt. Wird es seltener angelegt, geht die Milchmenge zurück. Tee oder Saft haben keinen bzw. nur einen geringen Nährwert und können deshalb das Gedeihen des Babys negativ beeinflussen. Außerdem besteht bei der Verwendung von künstlichen Saugern die Gefahr einer Saugverwirrung. Zur eingehenderen Information hänge ich den Artikel einer Kollegin an. LLLiebe Grüße Biggi Ist zusätzliche Flüssigkeit für gesunde, voll gestillte Babys notwendig? Von Denise Both, IBCLC Immer wieder wird stillenden Müttern gesagt, dass Muttermilch alleine für ihr Kind nicht ausreichend sei und sie unbedingt Tee oder Wasser zugeben müssten. Die für diese Empfehlung angeführten Gründe sind vielfältig, stehen jedoch im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Empfehlungen zur Stillförderung, die UNICEF und WHO im Rahmen ihrer Initiative "Stillfreundliches Krankenhaus" veröffentlicht haben. Zusätzliche Gaben von Tee, Glukoselösung oder Wasser sind bei einem voll ausgetragenen, gesunden Baby, das ausschliesslich mit Muttermilch ernährt wird, nicht notwendig und können den Stillerfolg erheblich gefährden. Auch wenn unter unseren westlichen Verhältnissen nicht zu erwarten ist, dass das Kind durch verunreinigtes Wasser Schaden nimmt, so können sich zusätzliche Flüssigkeitsgaben bei einen Neugeborenen auf andere Weise auswirken. Zusätzlich gegebene Flüssigkeit füllt den Magen des Babys und verringert so sein Interesse am Gestilltwerden. Ein Baby, dessen Magen mit Tee gefüllt ist, erhält nicht genügend Kalorien. Tee und Glukoselösungen wirken sich störend auf das Stillen aus. Babys, die derartige Flüssigkeiten erhalten, neigen dazu, mehr an Gewicht zu verlieren als Babys, die ausschliesslich gestillt werden. Zusätzlich verabreichter Tee (oder Glukoselösung) trägt zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Untersuchungen haben ergeben, dass die Bilirubinwerte eines Babys um so höher liegen, je mehr Tee es in den ersten Lebenstagen erhalten hat. Das Mekonium (erster Stuhlgang) ist sehr bilirubinreich. Kolostrum hat eine abführende Wirkung und hilft dem Baby bei einer beschleunigten Ausscheidung des Mekoniums. Dadurch wird der Bilirubinwert niedrig gehalten. Zusätzlich gegebener Tee hingegen regt nicht zu Darmbewegungen an, verursacht eine Rückabsorption des Bilirubins in den Körper des Babys und trägt somit zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Auch während einer Phototherapie bei verstärkter Neugeborenengelbsucht sollte das Kind bevorzugt häufig Muttermilch statt Tee erhalten Wird Flüssigkeit mit einer Flasche gegeben, kann dies zu Stillproblemen, einer Schwächung der Saugfähigkeit oder Ablehnung der Brust führen. Ein Neugeborenes kann auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren. Eine Saugverwirrung kann zu gravierenden Stillproblemen führen. Auch bei heissem Wetter ist es nicht notwendig zusätzliche Flüssigkeit zu geben. Muttermilch genügt auch in dieser Situation als vollwertiges Nahrungsmittel und enthält genau das richtige Verhältnis von Flüssigkeit und Nahrung, um Hunger und Durst des Babys zu befriedigen. Wichtig ist jedoch, dass die Mutter das Baby nach Bedarf stillt, was bei heissem Wetter häufiger der Fall sein kann. Quellen: Mohrbacher und Stock: The Breastfeeding Answer Book, 1997 Lauwers und Shinskie: Counseling the Nursing Mother, 1999 Goldberg und Adams: Studie veröffentl. im Arch. Dis. Child, 1983 Sachdev, Krishna, Puri et al.: Zusätzliche Flüssigkeit für voll gestillte Kinder im Sommer in den Tropen, Lancet 1991


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