Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Abstill-Drama - an alle

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: Abstill-Drama - an alle

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Liebe Biggi, ich dachte eigentlich, ich muesste Deine nette Hilfe fuer meinen fast 10-monatigen Sohn nicht mehr in Anspruch nehmen ... Seit Monaten biete ich ihm Milch aus der Flasche/Schnabeltasse/Glas an, die er konsequent ablehnt (auch von Oma, Papa, ...). Seit 2 Monaten stille ich tagsueber nicht mehr weil ich arbeite - trotzdem lehnt er Milch ab. Nachts stille ich dann 3-4 x. Langsam habe ich aber keine Kraefte mehr zum Stillen/Nachtsaufstehen. Ausserdem muss ich Kortison und Antibiotika nehmen (lt. Beilagezettel in Stillzeit ok aber mit vielen Gefahren fuer das Baby). Seit 2-Wochen versuchen mein Mann und ich 1 x naechtliches Stillen durch gutes Zureden, Tragen, ... zu ueberbruecken bzw. wir bieten ihm das Flaeschen an. Das ganze artet dann immer in einem Hustenanfall, Spucken und totalen Wutausbruch aus. Wir sind wirklich k.o. und ich bereue schon fast ueberhaupt gestillt zu haben. Fuer den Kleinen und uns wird das Stillen zum Trauma. Bitte um Hilfe wie wir vorgehen sollen. Liebe Gruesse Christine


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

? Liebe Christine, zunächst einmal möchte ich dich beruhigen, was die Gefahren der Medikamente für das Kind betrifft. Leider werden die Risiken einer Medikamenteneinnahme durch die Mutter für das gestillte Kind meist absolut überbewertet, denn in aller Regel stehen diese Risiken in keiner Relation zu dem Risko des Nicht-Stillens. So werden zum Beispiel bei Antibiotika die folgenden Risiken diskutiert: • Beeinflussung der Darmflora (als Folge eventuell Durchfall) • Beeinflussung bakteriologischer Untersuchungen, die im Falle einer Erkrankung des Säuglings erforderlich werden könnten • Entwicklung resistenter Keime • Sensibilisierung Dazu steht in „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Spielmann, Schaefer, 6. Auflage 2001: „Erwiesen haben sich alle diese Nebenwirkungen bisher nicht. Am ehesten ist - im seltenen Fall - mit einer vorübergehenden, nicht therapiebedürftigen Abnahme der Stuhlkonsistenz zu rechnen (Ito 1993)." Ich denke, gerade weil Du dich so erschöpft fühlst und offensichtlich auch gesundheitlich angeschlagen bist, ist das letzte, was Du jetzt brauchen kannst, ein Kampf mit dem Kind, der letztlich alle Beteiligten Kraft und Nerven kostet und zudem nicht unbedingt die Beziehung zwischen Mutter, Vater und Kind verbessert. Deshalb halte ich wenig davon, dass ihr auf Biegen und Brechen versucht, das Kind zum Milchtrinken aus Becher oder Flasche zu zwingen. Wenn Du dir Sorgen machst, dass dein Kind zu wenig Milch bekommen würde, dann kann der Milchbedarf auch über einen Milchbrei gedeckt werden, es muss keineswegs flüssige Milch auf Becher oder Flasche sein. In ein paar Wochen könnt ihr zudem mit Milchprodukten wie Joghurt oder Käse und auch Kuhmilch beginnen. Hier besteht jetzt sicher kein dringender Handlungsbedarf, das unbedingte „Zwangsmaßnahmen" erfordert. Nun zum nächtlichen Stillen. Es ist ja nicht so, dass dein Kind nachts nur seinen Milchbedarf deckt - da es tagsüber nicht mehr gestillt wird - sondern dein Kind tankt nachts schlicht und ergreifend bei dir auf. Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass Kinder, die am Tag über längere Zeiträume von der Mutter getrennt sind, in der Nacht ein vermehrtes Nähebedürfnis haben und bei gestillten Kindern geht dies einher mit nächtlichen Stillzeiten, denn dabei nimmt das Kind ja nicht nur Nahrung auf, sondern das Stillen bedeutet automatisch auch Nähe, Geborgenheit und Sicherheit. Selbst wenn Du jetzt restlos abgestillt hättest, würde dein Kind weiterhin das Bedürfnis nach deiner Nähe haben und es gibt keine Garantie, dass deine Nächte ruhiger würden. Dazu kommt, dass dein Sohn spürt, dass es dir nicht gut geht und dass Du mit dir und ihm kämpfst. Das verunsichert ihn und führt letztlich dazu, dass er verzweifelt versucht - so weit ihm das möglich ist - sich deine Nähe und auch das Stillen zu sichern. Ihr müsst aus diesem Teufelskreis raus. Kannst Du dir nicht eine Zeit lang Urlaub nehmen, um zum einen zur Ruhe zu kommen und dich zu erholen und zum anderen auch wieder mehr Ruhe in die Beziehung zu euren Sohn kommen zu lassen? Wenn Du erst einmal wieder mehr in dir ruhst und Gelassenheit ausstrahlen kannst, wird auch dein Kind wieder ruhiger werden und dies ist nicht davon abhängig, ob ihr stillt oder nicht. LLLiebe Grüße Biggi


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.