Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Waschzwang???

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Waschzwang???

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Hallo, ich bin in der 19. Ssw und Toxoplasmose negativ. Seit Beginn dieser SS bin ich sehr nervös (ich hatte bereits eine Fehlgeburt). Ständig mach ich mir Sorgen, dass ich irgend etwas falsch machen könnte und somit dem Baby schaden könnte. Vor der SS war ich ein recht vernünftiger Mensch, der seine Ängste gut im Griff hatte und eigentlich überhaupt nicht überängstlich o.ä. war. Meine größte Angst hängt mit Toxoplasmose zusammen. Wir haben keine Katzen, aber ich bin sehr eigen bei der Nahrungsaufnahme geworden. Eigentlich esse ich nur noch, was ich selbst zubereitet habe. Doch damit nicht genug. Ich habe heute geschlagene 3 Stunden gebraucht Geschnetzeltes zu kochen, da ich ständig die Arbeitsflächen abwischen musste und danach wieder meine Hände waschen musste. Ich weiss, dass das alles nicht mehr rational ist, komme aber nicht davon ab, mir dauernd die Hände waschen zu müssen. Als ich dann weinend im Bad saß, habe ich eindeutig erkannt, das mein Verhalten bestimmt nicht mehr normal ist. Meine Hände sind bereits sehr trocken und rissig - bluten auch an den tiefen Rissen. Bitte geben Sie mir einen Tipp wie ich mein Verhalten in den Griff bekomme. PS: Ausserdem habe ich noch eine Frage: werden Toxoplasmoseerreger bei 70 Grad im Geschirrspüler abgetötet? Ich danke Ihnen schon im Voraus....


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, 1. 1. eine schwangere Frau sollte nicht meinen, sie müsste sich mit Bekanntwerden der Schwangerschaft komplett von der Außenwelt abkapseln, um sich dann nur noch zur Geburt des Kindes rufen zu lassen, da ja da draußen eine Menge potentieller Gefahren vorhanden ist. Leider werden derartige Vorstellungen in zunehmendem Maße durch Veröffentlichungen in allen möglichen Medien – vornehmlich des Internets - und der selbsternannten Expertinnen mehr als geschürt. Und so erleben wir leider immer öfter eine gewisse Form der Hysterie im Hinblick auf potentielle Infektionsquellen in der Umwelt. Dieses bestätigen auch Ihre Ausführungen. Zum Glück können wir hier meist entwarnen. 2. wenn es bei Ihnen schon Züge annimmmt, die auf einen Waschzwang hinhauslaufen, dann empfehle ich Ihnen, sich über Ihre Frauenärztin/Frauenarzt an einen Psychotherapeuten zu wenden. 3. hat die Schwangere einen negativen Toxoplasmosetiter (IgG & IgM negativ), weil sie wohl nie eine Auseinandersetzung mit dem Erreger hatte und damit keinen Schutz, sollte man ihr empfehlen, sich nicht nur um so mehr an die Empfehlungen zur Vermeidung einer Infektion zu halten, sondern diesen Titer nach etwa 8-10 Wochen nochmals kontrollieren zu lassen, da sie sich ja theoretisch in der Zwischenzeit infiziert haben könnte, und man dann noch früh genug dran wäre für eine antibiotische Behandlung, um Folgen für das Ungeborene zu vermeiden. Dabei reicht zunächst die Bestimmung des IgG völlig aus. Hat die Patientin einen positiven Titer (IgG positiv, aber IgM negativ), sprich Schutz (es fand in der Vergangenheit irgendwann mal eine Auseinandersetzung mit den Erregern statt), dann muss man dieses nicht mehr kontrollieren. In Deutschland werden jährlich etwa 20 im Mutterleib erworbene Infektionen mit Toxoplasmen gemeldet (Zahlen Bundesinstitut für Risikobewertung, 2009). Das bedeutet, dass bei 675.000 Geburten in 2008 die Wahrscheinlichkeit bei etwa 1:33.700 liegen würde! Für Toxoplasmose-negative Schwangere gilt: - Kein Genuss von rohem oder blutigem Fleisch (Beefsteak, Tartar). - Kein Kontakt mit Katzenkot und Katzenkistchen (außer mit Gummihandschuhen). -Junge Kätzchen meiden (diese scheiden besonders viele Parasiten aus). - Die Katze soll, wenn möglich, nicht draußen jagen gehen. Auch der Katze soll nur gekochtes Fleisch gefüttert werden. Das Katzenkistchen mit heißem Wasser desinfizieren. - Bei Gartenarbeit Handschuhe tragen, Hände von Augen, Nase und Mund fernhalten und anschließend gut abwaschen. Sowohl im Garten als auch in Sandkästen von Kindern findet sich häufig Katzenkot. - Beim Zubereiten von rohem Fleisch Augen, Nase oder Mund mit den Händen möglichst nicht berühren. Hände anschließend gut abwaschen. Rohes Obst und Gemüse immer gut abwaschen. Abgetötet werden die Erreger durch Braten oder Pasteurisieren. Bei einer Temperatur von 67 Grad Celsius sterben auch Dauerstadien in Gewebszysten innerhalb von 1-2 Minuten ab. Das Tieffrieren hat zwar auch einen abtötenden Effekt, dieses alleine reicht jedoch nicht aus, das gefrierresistente Stämme vorkommen. Aus diesem Grund sollte Fleisch mindestens acht Stunden bei -20 C durchgefroren sein, um eine Abtötung der Toxoplasmen zu erreichen. Eine Impfung oder bewusste Infektion ist nicht möglich. Weitere Informationen erhalten Sie beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit einem Merkblatt zur Toxoplasmose unter der Adresse http://www.bfr.bund.de/cm/238/verbrauchertipps_schutz_vor_toxoplasmose.pdf (zuletzt abgerufen:12.11.2010) VB


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