Hallo Herr Dr. Bluni,
bei mir wurde gestern über den oGTT eine Diabetes festegestellt. Mein Vater und meine Tante sind beide insulinpflichtige Diabetiker. Bin in der 18. SSW, Kind zeitgerecht entwickelt.
In der Praxis (Internist und Diabetologe):
Nüchtern BZ: 66
oral 75 g Glucose
1 h BZ: 190
2 h BZ: 158
Dann hab ich ein Messgerät bekommen und soll Diät halten.
1 h nach dem Mittag BZ: 108
1 h nach dem Abendessen BZ: 102
Heute Nüchtern BZ: 80
1 h nach dem Frühstück: 134
Die Werte sind ja wohl ganz normal und nicht besorgniserregend was den BZ angeht. Viel mehr beunruhigen mich die niedrigen Werte 1 h nach dem Essen. Denn abends über die Nacht mit 102 ist doch ganz schön wenig oder? Habe dann auch noch einen Fruchtquark gegessen gegen 20 Uhr, denn da wurde mir schon fast schlecht.
Kann auch ein zu niedriger BZ schädlich für das Baby sein?
Montag muss ich wieder hin und dann werden die Werte besprochen!
Vielen Dank für ihre Einschätzung!
Schnecke1
von
schnecke1
am 17.02.2011, 13:25
Antwort auf:
Schwangerschaftsdiabetes festegestellt
Hallo,
1. sicher sollten allzu große Schwankungen nach oben oder unten vermieden werden.
2. eine Diabetikerin kann heute eine Schwangerschaft in aller Regel "normal" austragen und ein gesundes Kind zur Welt bringen. Es ist aber zu fordern, dass sie sich schon bei der Planung, spätestens sofort nach Feststellung der Schwangerschaft, von einem diabetologisch erfahrenen Internisten und einem mit diabetologischen Problemen vertrauten Gynäkologen gemeinsam betreuen lässt.
Wichtigstes Ziel der Prophylaxe und Behandlung ist eine normoglykämische (normale Zuckerwerte) Diabeteseinstellung.
Dieses Ziel ist erreicht, wenn die Blutglukosewerte vor den Mahlzeiten unter 90 mg/dl, eine Stunde nach dem Essen unter 140 mg/dl, zwei Stunden danach unter 120 mg/dl liegen. In der ersten Schwangerschaftshälfte soll das HbA1c im oberen Normbereich, später im unteren Normbereich stoffwechselgesunder Schwangerer liegen (Normbereich mit 4,8 bis 6,0 %).
Das Therapiekonzept des Gestationsdiabetes sieh als erste Stufe eine Ernährungsberatung vor. In 90% der Fälle genügt diese Ernährungsumstellung (bei der übrigens kaum eine Patientin Hungergefühl hat), um das Therapieziel zu erreichen.
Gleichzeitig sollte eine ausreichende Bewegung der Schwangeren sichergestellt sein. Bereits ein halbstündiger Spaziergang nach dem Essen kann die Blutzuckerwerte deutlich senken.
Nur bei Schwangeren, die auch dann noch ein pathologisches Blutzuckertagesprofil (wie oben angegeben) aufweisen, ist zusätzlich eine Insulingabe notwendig.
Zur Ernährungsumstellung ist folgendes zu sagen:
Empfohlen wird eine Ernährung, die eine für die Bedürfnisse der Schwangerschaft adäquate Kalorienmenge und Zusammensetzung enthält. Der Kalorienbedarf für eine Schwangere im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel (Trimenon) beträgt ca. 30 kcal/kg Körpergewicht. Bei Frauen mit einem Body-Mass-Index von größer 27 kg/ Quadratmeter Körperoberfläche am Beginn der Schwangerschaft sollte die Kalorienmenge auf 25 kcal/ kg Körpergewicht reduziert werden.
Die Kostverordnung soll von einer ausgebildeten Fachkraft nach Kohlenhydrat-Einheiten (KE) quantifiziert werden.
Weiteres besprechen Sie bitte mit den Experten vor Ort.
Auf den Internetseiten der Deutschen Diabetes-Klinik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
http://www.diabetes.uni-duesseldorf.de/download/DDFI_Broschuere_Schwangerschaft.pdf (letzter Abruf:5.1.2011)
können Sie dazu eine sehr informative Broschüre für Betroffene downloaden.
VB
Weitere Quellen:
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-020_S1_Die_aerztliche_Betreuung_der_schwangeren_Diabetikerin_05-2008_10-2010.pdf (AWMF-Leitlinie 015/20: „Die ärztliche Betreung der schwangeren Diabetikerin“, Stand: 2008, letzter Abruf: 13.12.2010)
http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/mitteilungen/leitlinien/PL_DDG2010_Schwangerschaft (Praxis-Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) Stand: 2010, letzter Abruf: 13.12.2010)
Moses, Robert G. , MD, New Consensus Criteria for GDM - Problem solved or a Pandora's box?, Diabetes Care February 27, 2010 vol. 33 no. 3, 690-691
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 17.02.2011