Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Fragen zur nächsten Schwangerschaft

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

zur Vita

Frage: Fragen zur nächsten Schwangerschaft

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Dr Bluni, ich habe bereits ein Kind 1,5 Jahre. Jedoch wünschen mein Mann und ich Uns ein zweites Kind. Allerdings war meine letzte Schwangerschaft eine Risikoschwangerschaft. Ich hatte zum einen bereits vor meiner Schwangerschaft eine Fehlgeburt und davor eine Eileiterschwangerschaft. Da man damals meinen Eisprung nur sehr schwer ermitteln konnte habe ich Clomifin eingenommen und bin gleich beim ersten Mal Schwanger geworden. Außerdem wurde ich mit Utrogest behandelt und bei mir wurde eine Blutgerinnungsstörung festgestellt - ich hatte bereits schon zwei Thrombosen, deshalb musste ich auch in der Schwangerschaft ASS 100 zu mir nehmen. In der letzten Schwangerschaft hatte ich Diabetis, sowie probleme mit meiner Niere (da mein Kind bis zum Ende des 8. Monat quer im Bauch gelegen hat) Außerdem hatte ich Bluthochdruck und musste Presinol einnehmen und mein Blutdruck kontrolieren und einen Verdacht auf Schwangerschaftsvergiftung, der sich Glücklicherweise nicht bestätigt hat. Ich musste während meine gesammten Schwangerschaft sehr oft zum Arzt um alles zu beobachten was ich auch sehr gut fand, da ich liebevoll betreut worden bin. Meine Tochter hat sich während der Geburt in den Presswehen noch einmal nach oben gedreht (Sternenschauer) weil die Geburt dann mehr oder weniger still gestanden hat, wurde ein Kaiserschnitt gemacht. Die Hebammen meinten, ich solle beim nächsten Kind einen geplanten Kaiserschnitt machen, da mein Becken wie sich hinterher raus gestellt hat, zu eng gewesen sei. Jetzt sind meine Fragen: Muss ich vor meiner nächsten Schwangerschaft wieder vorbereitungen treffen, wie die einnahme von Utrogest? (Wegen den schwachen Gelbkörpern)? - und ASS 100? Denken Sie, ich sollte mich eher an meine Ärztin wenden, bevor mein Mann und ich versuchen, an einem zweiten Kind zu "basteln"? Werde ich automatisch wieder als Risikopatinten eingestuft, wenn ich Schwanger bin? Und kann man überhaupt in einem Krankenhaus sagen, dass man einen Kaiserschnitt möchte? - Also ich meine vor ab einen Kaiserschnitt planen? Wer entscheidet das? (Wenn das mein Wunsch ist?) Ich bedanke mich im vorraus. Alice im Wunderland


Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni

Beitrag melden

Liebe Alice, 1. in der Tat stellt diese Vorgeschichte mit a. Blutgerinnungsstörung b. erhöhtem Blutdruck in der Schwangerschaft c. Schwangerschaftsdiabetes d. protrahiertem Geburtsverlauf mit folgendem Kaiserschnitt e. Vorgeschichte mit Eileiterschwangerschaft berechtigterweise eine nicht unerhebliche Risikokonstellation für eine folgende Schwangerschaft dar. Aus diesem Grund wird es für Sie unerlässlich sein, vor einer erneuten Schwangerschaft zumindest mit Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt, ggf. einer Gerinnungsambulanz und der Frauenklinik über Ihre Pläne zu sprechen, um deren Einschätzung zu hören und dann ggf. das für Sie und die nächste Schwangerschaft sinnvollste Vorgehen abzustimmen. 2. die Tatsache, dass vorher eine Clomifentherapie mit paralleler Gabe von Utrogest erfolgte, sehe ich weniger kritisch. 3. da hier die Blutgerinnungsstörung sehr wahrscheinlich auch mitverantwortlich ist für den erhöhten Blutdruck und den Schwangerschaftsdiabetes, kommt der optimalen Einstellung sicher mit die größte Bedeutung zu. 4. gemäß der Einteilung des Thromboembolierisikos nach S3-Leitlinie der AWMF zur Prophylaxe der venösen Thromboembolie 3/09 besteht bei einer schwangeren Frau mit einer Vorgeschichte einer Thrombose ohne nachgewiesene Gerinnungsstörung ein mittleres Risiko. Gleiches gilt für die Einteilung der Thromboserisikogruppen in der Schwangerschaft und im Wochenbett. modifiziert nach EthiG-Studie (Effektivität der Thromboseprophylaxe als Intervention in der Gravidität), und ACCP-Guidelines 2008. Daraus folgernd gibt es für diese Einordnung zur Frage der Dauer und Dosierung einer Therapie mit einem so genannten niedermolekularen Heparinpräparat (NMH) in Spritzenform in das Unterhautfettgewebe gemäß EthiG-Studie unter Berücksichtigung der ACCP-Guidelines 2008 und der AWMF-Leitlinien 2009 die Empfehlung, sofort bei nachgewiesener Schwangerschaft und mindestens sechs Wochen nach der Geburt eine solche Therapie mit einem NMH zu beginnen. Gleichzeitig sollten in jedem Fall Kompressionsstrümpfe in dieser gesamten Zeit getragen werden, um das Risiko zu reduzieren. 5. eine parallele Gabe von ASS wird meines Wissens nicht generell, sondern nur bei zusätzlichen arteriellen Risikofaktoren, wie z.B. erhöhtem Lp(a), Hyperlipidämie, art. Hypertonus, Diabetes, etc. empfohlen. Anders ist dieses aber vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es in der vorherigen Schwangerschaft zu einer so genannte Präeklampsie kam. In beiden Fällen ist der Einsatz auch vertretbar und unbedenklich. Aber: Im letzten Schwangerschaftsdrittel sollte die ASS-Gabe (bei hoher Dosierung) wegen des möglichen vorzeitigen Verschlusses des Ductus botalli zurückhaltend durchgeführt werden. Darüber hinaus muss eine ASS-Therapie spätestens mit Abschluss der 37.SSW beendet werden, um Blutungskomplikationen unter der Geburt zu vermeiden (Gynäkologe: 2009, 42:219) 6. die Zahlen der Literatur beziffern das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie (Gestose) zwischen 19,5 -25,9 Prozent. Dabei ist das Wiederholungsrisiko umso größer, je früher die Erkrankung aufgetreten ist und liegt über 60%, wenn sich eine Präeklampsie bereits vor der 28. SSW manifestiert hat (Steinhard, 1999); Es ist also nicht gerade gering. Laut einer Studie aus Israel aus dem Jahr 2000 liegt das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie bei 25,7% in der nachfolgenden Schwangerschaft und bei 37% für Patientinnen, die in ihrer ersten Schwangerschaft an einer schweren Präeklampsie litten. Nach einer Eklampsie ist das Wiederholungsrisiko etwa bei 21.9Prozent bis 46.8 Prozent. Nach einem HELLP-Syndrom ist das Wiederholungsrisiko zwischen 3-5 Prozent anzusiedeln. Für HELLP Patientinnen, die vor der 32. SSW entbunden worden sind, steigt das Risiko für eine erneute Frühgeburt in der nächsten Schwangerschaft um 61% (Sullivan et al. 1994). Im Falle eines erneuten Kinderwunsches mit derartiger Vorgeschichte sollte sicher schon im Vorfeld auch der Hausarzt nach internistischen Symptomen, die von Herz-Kreislaufsystem ausgehen können oder auch die Niere betreffen können, schauen, um hier im entsprechende Risiken auszuschließen. Auch können schon mal Gerinnungsstörungen bei der Frau, die nur mit speziellen Untersuchungen nachweisbar sind, ursächlich sein. Nach den vorliegenden Leitlinien scheint zurzeit die einzige verfügbare Methode zur Prävention der Präeklampsie in einer ab der Frühschwangerschaft beginnenden Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (75-150 mg/Tag) zu sein. In Deutschland ist hier die ASS-Dosierung von 100 mg/Tag schon fast etabliert. Darüber hinaus sollte die Frau dann während der Schwangerschaft auf eine möglichst gesunde Ernährung unter Wahrung der maximalen Gewichtszunahme, einer ausreichenden Flüssigkeits-, Eiweiß- und Salzaufnahme achten. Die prophylaktische Einnahme von Magnesium hat sich in wissenschaftlichen Studien eindeutig als vorbeugend erwiesen. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sind entsprechende Hinweiszeichen frühzeitig zu beachten. Weiterhin ist die Ultraschall-Doppleruntersuchung schon früher, als andere Methoden in der Lage, Hinweiszeichen für eine Präeklampsie (Gestose) erkennen zu können. 7. nach einer Schwangerschaft mit einem GDM (Gestationsdiabetes=Diabetes in der Schwangerschaft) besteht ein Risiko von etwa 50% für das erneute Auftreten einer Glucosetoleranzstörung in der folgenden Schwangerschaft. Es ist also eine frühzeitige (in den ersten drei Monaten) Diagnostik und Besprechung des Vorgehens indiziert. Das individuelle Vorgehen hinsichtlich Ernährungsberatung und/oder medikamentöse Maßnahmen besprechen Sie dann am besten durch den diabetologischen Spezialisten vor Ort. VB Quellen: Geisen U, Abou-Mandour N, Schambeck Ch, Zilly M, Keller F. Pilotstudie und EthiG-Studie zur Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft. Vascular care 2001; 1: 12–9. Hirsh, Jack, Bates, Shannon M., Greer, Ian A., Pabinger, Ingrid, Sofaer, Shoshanna, Venous Thromboembolism, Thrombophilia, Antithrombotic Therapy, and Pregnancy, American College of Chest Physicians, Evidence-Based Clinical Practice Guidelines, (8th Edition), Chest 2008;133;844S-886S Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583 http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/003-001_S3_AWMF-Leitlinie_Prophylaxe_der_venoesen_Thromboembolie__VTE__Kurz_04-2009_12-2013.pdf (AWMF-S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“, Version vom 18. März 2009 mit eingearbeitetem Addendum vom 08. Mai 2010, letzter Abruf:21.12.2010) http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/015-018.htm AWMF-Leitlinie 015/018 Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Schwangerschaftshochdruck/Gestose der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG):“Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen“, Stand:5-2008, zuletzt abgerufen:23.11.2010 Dukler D MD, Porath A MD; Bashiri A MD, Erez O MD; Mazor M MD. Remote prognosis of primiparous women with preeclampsia. Eur. J. of Obstet. Gynecol. and Reprod. Biol. 2001,96: 69-74 Janssen, Petra, „Wiederholungsrisiko und anamnestisches Risikoprofil bei hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen (HES)”, Dissertation, 2004 Sibai BM., Gordon T, Thom E, Caritis SN, Klebanoff MK, McNellis D et al. Risk factors for preeclampsia in healthy nulliparous women: a prospective multicenter study. Am. J. Obstet. Gynecol. 1995a;172:642-48. Steinhard J, Klockenbusch W. Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie und Präeklampsie. Risikofaktoren und Vorhersagemöglichkeiten. Gynäkologe 1999;32:753-60 Sullivan CA, Magann EF, Perry KG, Jr., Roberts WE, Blake PG, Martin JN, Jr. The recurrence risk of the syndrome of hemolysis, elevated liver enzymes, and low platelets (HELLP) in subsequent gestations. Am. J. Obstet. Gynecol. 1994;171:940- 43. Diabetesgesellschaft, A. D. u. S. d. D. (2001). "Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie des Gestationdiabetes (GDM)." AWMF Leitlinien. Major, C. A., M. deVeciana, et al. (1998). "Recurrence of gestational diabetes: who is at risk?" Am J Obstet Gynecol 179(4): 1038-42. Mc Neill S, Dodds L, Hamilton DC, Armson BA, Vanden Hof M. 2001. Rates and risk factors for recurrence of gestational diabetes. Diabetes Care 24: 659-662. Weiss PA. 1993. Zweites Internationales Grazer Symposium über Gestationsdiabetes. Consensus Statement. Gynäkol Geburtsh. Rundsch. 516: 54-57.


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Dr. Bluni, vielen Dank für ihre Zeit und ihre lange Antwort. Doch ich habe noch eine Frage, ich habe des öfteren gehört dass wenn man schon einmal einen Kaiserschnitt hatte man meistens wieder einen bekommt - stimmt das? - Und ist es wirklich möglich einen Kaiserschnitt auf Wunsch durchzuführen? Und ich habe noch eine Frage - ich wünsche mir Zwillinge - ist es möglich das man nach hilft mit einer Clomifinbehandlung? Oder mit was anderem? Wenn ja mit was? Liebe Grüße Alice


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.