Frage: Sicherungsmaßnahme 87

Guten Tag, meine Tochter (16 Jahre) hat seit Ende der Coronamaßnahmen erhebliche psychische Probleme in der Schule. Diese äußerten sich in selbstverletzenden Verhalten in der Schule (3x im letzten Jahr) und Panikattacken während Schulaufgaben (nicht bei jeder, nur manchmal vorkommend) Wir haben sehr dafür gekämpft, dass sie die 10. Klasse dieses Jahr noch besuchen darf, vor allem weil es ihr großer Wunsch war die Schule dort erfolgreich zu beenden, und dafür auch eine Schulbegleitung "erkämpft", da die Schule sie dort sonst nicht mehr beschulen wollte. Nun kam es, obwohl es bereits seit Monaten bergauf ging, zu einer Verschlimmerung ihrer psychischen Belastbarkeit in den letzten zwei Wochen. Dies will die Schule so jetzt nicht mehr hinnehmen und ich erhielt die Sicherungsmaßnahme 87 zugeschickt. Es fand vorher keine Anhörung statt. Ich wurde nur angerufen, ich solle meine Tochter holen, erhielt dort die Ansage dass es jetzt den offiziellen Weg gehen würde und ich solle dann Post erhalten. Ich weiß weder ob diese Anordnung jetzt dauerhaft ist, oder ob es ohne Anhörung überhaupt so zulässig ist. Ich habe einfach nur das Gefühl, man wolle ein unbequemes Kind schnellstmöglich dort "entsorgen". Die Psychologin meiner Tochter ist entsetzt über das Vorgehen. Was würden Sie mir raten? Mit freundlichen Grüßen S.W.

von jessykeh1984 am 10.12.2022, 23:04



Antwort auf: Sicherungsmaßnahme 87

Hallo, ich musste das googeln, das ist etwas speziell aus dem bayerischen Recht. Danach ist ein Schulverweis, auch vorübergehend, möglich, wenn von einem Gefühl eine Gefahr ausgeht. Ob das hier so ist oder nicht kann ich nicht beurteilen. Wenden Sie sich schnellstmöglich an ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht oder Schulrecht. Liebe Grüße NB

von Nicola Bader, Rechtsanwältin am 12.12.2022



Antwort auf: Sicherungsmaßnahme 87

Was wollt ihr denn erreichen? Was ist das Ziel? Ein:e Schüler:in kann auch bei bestehender Schulpflicht vorläufig vom Besuch der Schule ausgeschlossen werden, wenn das Verhalten das Leben oder in erheblicher Weise die Gesundheit [anderer Personen] gefährdet und die Gefahr nicht anders abwendbar ist. Man müsste jetzt wissen, was konkret vorgefallen ist und damit zu der Maßnahme geführt hat, davon schreibst Du nichts. Es ist letztlich Fallfrage, ob die Maßnahme gerechtfertigt ist oder nicht. Das ist eine juristische Frage, keine medizinisch/psychologische, weswegen die Psychologin hier wenig kompetent ist. Der Fall ist komplex und Du solltest Dir fachliche Hilfe vor Ort suchen, eine auf Schulrecht spezialisierte Kanzlei.

von Berlin! am 11.12.2022, 01:02



Antwort auf: Sicherungsmaßnahme 87

Fachlich kann ich nicht helfen, möchte dir aber mein Mitgefühl aussprechen und Besserungswünsche übersenden. Meine 16-jährige hat auch Schwierigkeiten und sagt, ihre Generation sei u.a. durch COVID regelrecht kaputt. Alles Gute.

von Pamo am 11.12.2022, 08:42



Antwort auf: Sicherungsmaßnahme 87

Die Maßnahme auch kann verhängt werden, bis eine Klärung bzgl. zB eines Sachverhaltes und/oder der weiteren Maßnahmen getroffen wurde. Sprich, eine Anhörung/Prüfung etc wird nachgeholt. Bspl. wäre zB der Verdacht des Verkaufs von Drogen auf dem Schulgelände. Dann kann die Maßnahme sofort verhängt werden - um den Schüler bis zur Prüfung der Substanz etc erst mal auszuschließen und so möglichen weiteren Schaden für andere auszuschließen. Es muss aber nicht zwingend um Gewalt oder Drogen gehen - es kann auch um die Beeinträchtigung des Bildungsanspruches der Mitschüler gehen. Also zB durch immer wieder auftretende Panikattacken oder selbstverletzendes Verhalten. Das geht ja auch nicht spurlos an den Mitschülern vorbei. Die Maßnahme könnte hier unter anderem den Weg dafür ebnen, deine Tochter an eine Förderschule zu "überweisen", eine Schule für Kranke oä. Die Maßnahme des vorläufigen Schulausschlusses kannst du anfechten. Such dir schnellstmöglich einen Fachanwalt vor Ort! Das ist zu komplex, um in einem Forum so beantwortet zu werden, dass du damit gegenüber der Schule etwas anfangen kannst.

von cube am 11.12.2022, 09:04



Antwort auf: Sicherungsmaßnahme 87

Verständlich, dass man als Mutter für sein Kind das Beste will und eine solche Maßnahme auf Eltern sehr oft so wirkt, als wenn Schule/Lehrer sich eines "unbequemen" Kindes entledigen wollen. Wirt haben Lehrer/Schulleiter in der Familie, die eine solch Maßnahme auch schon mal ausgesprochen haben/initiiert haben. Ja, es ging auch darum, den Unterricht für die übrigen Schüler wieder im normalen Rahmen abhalten zu können. Es ging aber auch darum, dass man als Schule/Lehrer einfach an einen Punkt kommt, wo man diesem einen Schüler einfach nicht mehr professionell genug Unterstützung bieten kann. Es geht also auch darum, für deine Tochter einen Weg zu finden, bei dem sie eine bessere/qualifiziertere Unterstützung erhalten kann. Lehrer sind eben keine Psychologen und kommen daher auch an ihre Grenzen, können einfach nicht wirklich adäquat helfen oder eine Situation verbessern.

von cube am 11.12.2022, 10:13



Antwort auf: Sicherungsmaßnahme 87

Ich habe früher in der Schule mehrere Fächer mit einen Mädchen gehabt, das sich ständig im Unterricht geritzt hat. 2 Mädels haben irgendwann den Unterricht geschwänzt, weil sie nicht ständig das sehen wollten. Andere haben ihre Unsicherheit damit vertuscht, das man Witze gerissen hat. Viele von uns waren genervt und angeekelt. Das ist die andere Seite. Auch wenn ich dich wo verstehen kann, ich kann die Entscheidung der Schule auch nachziehen. Die tragen eine Verantwortung für alle Schüler.

von Neverland am 11.12.2022, 12:48