Frage im Expertenforum Milch und Beikost - Ernährung von Babys und Kleinkindern an Veronika Klinkenberg:

Gibt es Möglichkeiten die Esssituation besser zu gestalten?

Veronika Klinkenberg

 Veronika Klinkenberg
Ernährungsberaterin
Frage: Gibt es Möglichkeiten die Esssituation besser zu gestalten?

Fracat

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Hallo, meine Kleine 2 1/4 Jahre alt war schon immer eher eine schlechte Esserin- angefangen von Brei, Gläschen, selbst gekochtem. Seit 2 Wochen ist ein Geschwisterkind auf der Welt und da wir jetzt alle zusammen daheim sind ist es fast noch schlimmer- jede Mahlzeit wird zur Qual und Geduldsprobe- 1 Frühstücksbrot dauert ewig- mittags wird fast nichts vom Mittagessen gegessen und abends das Brot und die Tomaten- an allem wird ewig rumgekaut, wenn es überhaupt angerührt wird. Teils entsteht das Gefühl, dass sie gezielt provoziert(sie steckt gerade in einer sehr intensiven "Nein"- Phase, d.h. die Reaktionen auf ihre Essverweigerung testet (z.B. rumspielt, das Essen auf den Tisch schmiert, betont langsam isst etc.). Ihr Gewicht ist 11.6 Kilo bei 90cm. Wir haben schon allerlei Überlegungen angestellt wie die Situation zu verbessern ist sind uns aber nicht einig, Ich bin der Ansicht, dass sie nicht zum Essen gezwungen werden sollte, da sie dann nur noch mehr Aversionen entwickelt und die ganze Geschichte "unnatürlich" und Gegenstand von Machtkampf und Trotzphase wird. Andererseits ist es sehr frustrierend zuzusehen wie alles verweigert wird und ich mache mir deshalb auch Sorgen- denn es gibt- organisch- keinen Grund dafür, dass jedes Essen so ausartet (auch zeitlich). Ich habe mir jetzt überlegt, es so zu handhaben, dass ich ihr zu jeder Mahlzeit und Zwischenmahlzeit das "normale" Essen anbiete (morgens Brot mit Wurst, Käse oder Honig), Zwischenmahlzeit Obst und Kekse, mittags vom Familientisch und abends wieder ein Brot mit Tomate oder Gurke oder Paprika oder mal Pfannkuchen und ähnliches und wenn sie nichts isst gibt es erst zur nächsten Mahlzeit etwas. Gibt es sonst eine Möglichkeit die Esssituation besser zu gestalten? Vielen Dank!


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Liebe „Fracat“, Ihre „Große“ verhält sich ganz typisch für ihr Alter. Kinder in diesem Alter wollen ihre Kräfte mit den Eltern messen. Sehr schnell entwickeln sie ein Gespür für die „Schwachstellen“ der Eltern. Die Mahlzeiten eignen sich besonders gut für kleine Kämpfe, denn hier haben Eltern ihre besondere Schwachstelle. Offensichtlich handelt es sich bei Ihrem Töchterchen um ein sehr fittes, aufgewecktes Mädchen, das sehr deutlich seinen Willen zeigt und reagiert. Zusätzlich gibt es ja im Moment noch eine neue Situation, die Kleine hat nun seit ganz kurzer Zeit ein Geschwisterchen. Auch da muss sie sich erst zurechtfinden. Für Sie als Mama ist das sicher keine leichte Aufgabe. Als erstes möchte ich Ihnen sagen, dass es sich bei Ihrer Maus um ein putzmunteres gesundes Mädchen handelt, das sich sowohl von der Größe als auch vom Gewicht her wunderbar entwickelt. Das ist doch beruhigend und zeigt ihnen, dass es ihr gut geht und an nichts fehlt. Gehen Sie Ihr Vorhaben also ganz couragiert und entschlossen an. Das ist der richtige Weg. So wie ich es empfinde haben Sie bisher wirklich alles unternommen, um Ihrer Kleinen gesundes Essen schmackhaft zu machen. Stellen Sie das einmal zurück und machen Sie es ganz anders. Beobachtungen zeigten, je mehr Eltern sich anstrengten und auf Extrawünschen eingingen, um ihren Sprössling zum Essen zu bewegen, desto schlimmer wurde es. Alle Methoden wie Druck, „Nachtisch-Trick“ oder Ablenken funktionieren nicht, um Kinder langfristig zu einem gesunden Essverhalten zu bewegen. Bieten Sie gesundes Essen in ruhiger Atmosphäre für die ganze Familie an. Bei jeder Mahlzeit sollte eine Speise dabei sein, die Ihre Kleine kennt. Essen Sie ruhig und mit vollem Genuss vor Ihrem Kind. Ihr Töchterchen darf aus dem Angebot wählen. Will Sie nichts essen, sagen Sie nur ruhig „es ist etwas dabei, was Du essen kannst“. Sind es nur Spatzenportionen gibt es bis zur nächsten Mahlzeit nichts, auch nichts besonders Beliebteres. Ganz sicher, Ihre Tochter wird nicht vor einem vollen Teller verhungern, dafür ist sie viel zu schlau. Ihr Töchterchen ist sich natürlich auch ihrer Wirkung bewusst ist. Sie hat bemerkt, dass sie mit dieser Verhaltensweise die Eltern berühren kann und viel Aufmerksamkeit bekommt. Mama tut alles, damit ich mehr und gesund esse. Je weniger Sie dem Verhalten Bedeutung beimessen umso weniger interessant ist es für sie. Sehen Sie das Essen weniger als Problem oder Schwierigkeit, sondern mehr als Freude und Genuss. Wenden Sie sich nicht mehr ausschließlich der Kleinen zu, sondern unterhalten sich auch mit den anderen Familienmitgliedern. Thematisieren Sie das Essverhalten der Kleinen auf keinen Fall. Wichtig ist, dass die Atmosphäre während des Essens entspannt ist, die Gespräche über ganz alltägliche Dinge gehen und viel gelacht wird. Ziehen Sie Mahlzeiten nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein. Dann ist wieder Spielzeit. Beziehen Sie Ihre „Große“ so viel es geht mit ein. Sie darf beim Einkaufen mit aussuchen, zuhause auspacken und auch bei der Essenszubereitung mithelfen. Es ist ein Stück Arbeit und wird ein bisschen dauern, aber wenn Sie beständig aber ruhig Ihren Standpunkt vertreten und weniger auf Ihre Kleine eingehen, wird es schrittweise besser werden. Da es sich hier vorwiegend um eine Verhaltensfrage handelt könnten Sie noch bei Frau Schuster vom Nachbarforum posten, Sie ist hier die „Fachfrau“. Ich wünsche Ihnen viel Geduld und mütterliches Durchhaltevermögen Veronika Klinkenberg


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