Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Topiramat/Venlafaxin

Frage: Topiramat/Venlafaxin

Laudi@Gth

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Hallo, ich bin ungeplant schwanger geworden und bin nun total unsicher wegen meiner Medikamente! Mir wurde gesagt ich darf nicht schwanger werden , da das Kind schwerst behindert werden würde! Hatte mir dann auch die Pille geholt , jedoch ging es mir mit Pille psychisch noch schlechter! Da mein Sd-Wert eh immer viel zu hoch war machte ich mir auch nicht weiter Gedanken nun verbesserte der Wert sich schlagartig und ich wurde sofort schwanger! Ist das Topiramat wirklich so gefährlich für das Kind?Absetzen kann ich es nicht da ich auf Triptane allergisch bin! Und auch das Venlafaxin brauche ich sonst bin ich kein Mensch! Claudia


Dr. Wolfgang Paulus

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Inzwischen liegen einige Erfahrungen mit Topiramat in der menschlichen Schwangerschaft vor. In einer Untersuchung an 5 Schwangeren konnte der ausgeprägte Übergang von Topiramat auf den kindlichen Organismus annähernd im Verhältnis 1:1 gezeigt werden (Ohmann et al 2002). Eine Publikation berichtet von drei unauffälligen Neugeborenen nach Exposition mit Topiramat in der Schwangerschaft (Morrell 1996). Eine Kasuistik beschreibt ein Neugeborenes mit mehreren kleineren Auffälligkeiten nach Monotherapie der Mutter mit Topiramat während der gesamten Schwangerschaft (Hoyme et al 1998). Eine weitere Kasuistik berichtet von einem Kind mit kleineren Auffälligkeiten an den Extremitäen nach mütterlicher Dauermedikation mit Topiramat in einer Tagesdosis von 300 mg (Vila Ceren et al 2005). Unter mütterlicher Therapie mit Topiramat 100 mg/d und Oxcarbazepin 300 mg/d diagnostizierte man bei einem Feten multiple Anomalien (Uludag et al 2012). In einer Serie von 15 Schwangerschaften unter antikonvulsiver Therapie mit Topiramat zeigten sich folgende Ausgänge (Westin et al 2009): 1 Spontanabort 1 Kind mit Herzfehler 13 gesunde Neugeborene (darunter 1 Frühgeburt) Eine amerikanische Beratungsstelle berichtet von fünf unauffälligen Neuge-borenen nach intrauteriner Exposition mit Topiramat (Chambers et al 2005). Eine italienische Beratungsstelle erfasste drei gesunde Kinder sowie einen Schwangerschaftsabbruch unter mütterlicher Therapie mit Topiramat in der Schwangerschaft (De Santis et al 2004). Das UK Epilepsy and Pregnancy Register (Morrow 2005) erfasste zwei Kin-der mit Anomalien (Lippen-Kiefer-Spalte, Harnröhrenfehlmündung) unter 28 ausgetragenen Schwangerschaften bei mütterlicher Medikation mit Topiramat. Eine dänische Studie registrierte 5 Kinder mit Fehlbildungen unter 108 Schwangerschaften (4,6%) von Müttern, die im ersten Trimenon Topiramat eingenommen hatten. Dies entspricht dem allgemeinen Hintergrundsrisiko (Molgaard-Nielsen & Hviid 2011). Auf der Basis von Krankenversicherungsunterlagen fand sich kein Anstieg von angeborenen Anomalien bzw. oralen Spaltbildungen unter 870 Kindern, deren Mütter im ersten Trimenon ein Rezept für Topiramat erhalten hatten (Green et al 2012). Das North American Antiepileptic Drug Pregnancy Registry (Hernandez-Diaz et al 2012) ermittelte einen Anteil von 4,2% für größere Fehlbildungen unter 359 Kindern bei mütterlicher Monotherapie mit Topiramat im ersten Trimenon. Ein Risikoanstieg zeigte sich für orale Spaltbildungen. Ein erhöhter Anteil von oralen Spaltbildungen wurde bereits in einer früheren Studie festgestellt (Holmes & Hernandez-Diaz 2012). Das UK Epilepsy and Pregnancy Register dokumentierte 16 Kinder (9,0%) mit größeren Fehlbildungen unter 178 Neugeborenen nach intrauteriner Topiramat-Exposition im ersten Trimenon (Hunt et al 2008). Bei vier Kindern diagnostizierte man orale Spaltbildungen, bei fünf von insgesamt 78 Jungen Harnröhrenfehlmündungen (Reimers & Brodtkorb 2012). Die Fehlbildungsrate stieg vor allem bei Kombinationstherapie mit anderen Antikonvulsiva an, insbesondere bei Valproinsäure. Nach mütterlicher Monotherapie mit Topiramat erfasste das European and International Registry of Antiepileptic Drugs in Pregnancy fünf Fälle (6,8%) von angeborenen Anomalien unter insgesamt 73 exponierten Kindern (Reimers & Brodtkorb 2012). Bei prospektiver Erfassung einer Topiramat-Monotherapie fand sich nur ein Fehlbildungsfall (Harnröhrenfehlmündung) unter 44 intrauterin exponierten Kindern (2,3%) im Australian Pregnancy Register (Vajda et al 2013). Bei Kombinationstherapien mit Topiramat registrierte man 10 Fehlbildungsfälle (14%) unter 73 exponierten Kindern. Eine größere Fallsammlung mit 53 Expositionen in der Frühschwangerschaft stammt vom Israeli Teratogen Information Service (Ornoy et al 2008): 5 Schwangerschaftsbbrüche aus Angst vor Fehlbildungen. 7 Spontanaborte 37 unauffällige Neugeborene (4 x Dauermedikation) 4 angeborene Anomalien Im Vergleich mit einer Kontrollgruppe zeigte sich kein signifikanter Anstieg der Fehlbildungsrate. Wir verfügen bislang über 49 Rückmeldungen nach Anwendung von Topira-mat in der Schwangerschaft: 7 Schwangerschaftsbbrüche aus Angst vor Fehlbildungen. 3 Spontanaborte 34 unauffällige Neugeborene (4 x Dauermedikation) 5 angeborene Anomalien Eine prospektiv kontrollierte Multicenterstudie berichtet von 150 Schwangerschaften unter Medikation mit Venlafaxin im I.Trimenon: Neben 7 Schwangerschaftsabbrüchen und 18 Fehlgeburten wurden 125 Neugeborene registriert. Darunter befanden sich zwei Kinder mit einer schwereren Anomalie: 1 x Hypospadie (Harnröhrenfehlmündung), 1 x Neuralrohrdefekt mit Klumpfuß. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe fanden sich keine signifikanten Unterschiede im Schwangerschaftsausgang (Einarson et al 2001). Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1997 und 2007 100 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Venlafaxin in der Frühgravidität dokumentiert. Die Befunde wurden mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=439) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war. Unsere prospektive, kontrollierte Followup-Studie konnte kein fruchtschädigendes Potential von Venlafaxin nachweisen. Nach mütterlicher Behandlung mit Venlafaxin in der sensiblen Phase der Organdifferenzierung (I.Trimenon) beobachtete man im schwedischen Schwangerschaftsregister unter 505 Neugeborenen keine Zunahme angeborener Anomalien (Lennestål & Källén 2007). Ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko aufgrund der Medikation ist angesichts der aktuellen Datenlage nicht zu erwarten. Eine Fortsetzung der aktuellen Medikation mit Venlafaxin ist auch in der Schwangerschaft durchaus möglich.


Babyhope7777

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Hallo! Mir wurde gesagt dass Sertralin das Mittel der Wahl sei. Habe daher Venlafaxin ausgeschlichen und Sertralin genommen. LG


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