Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Negative Effekte von Glucocorticoiden auf Gehirnentwicklung des Fötus?

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Negative Effekte von Glucocorticoiden auf Gehirnentwicklung des Fötus?

Wibke 31

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Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, nach der zweiten nicht zu lokalisierenden vaginalen Blutung und dem Verdacht auf placenta praevia marginalis wurden mir vergangenen Woche beim Schwangerschaftsalter 29+3 prophylaktisch Lungenreifespritzen gegeben. (Die Blutung war bereits sistiert, das CTG zeigte keine Wehentätigkeit, laut der Ärztin wurde keine Frühgeburt erwartet.) Auf meine Nachfrage zu Nebenwirkungen auf das Kind hieß es, es gebe keine. Als ich mich zu Hause dann noch etwas zum Thema Lungenreife informieren wollte, stieß ich auf den folgenden Artikel:http://www.plosone.org/article/fetchObject.action?uri=info:doi/10.1371/journal.pone.0081394&representation=PDF. Ich nehme an, er ist Ihnen bekannt. Mich jedenfalls hat er schockiert, denn ich hätte der Behandlung unter den gegebenen Umständen nicht zugestimmt, hätte ich von den möglichen negativen Auswirkungen auf die Cortexentwicklung und die daraus erwachsenden mentalen und psychischen Problemen gewusst. Verschlimmert wird die Situation dadurch, dass unser noch ungeborenes Kind durch Triple X in diesem Bereich ohnehin mit Problemen rechnen muss. Meine Frage geht nun dahin, ob zum jetzigen Zeitpunkt (heute 30+4) noch eine Chance besteht, negative Auswirkungen durch die Gabe der Glucocorticoide abzumildern oder aktiv die Gehirnentwicklung zu unterstützen. Vielen Dank für Ihre Hilfe! Mit den besten Grüßen, Wibke 31


Dr. Wolfgang Paulus

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Zur neurologischen Entwicklung nach Kortikoidgabe in der Schwangerschaft existieren seit Jahren widersprüchliche Daten. Zu Ihrer Beruhigung kann ich Ihnen eine aktuelle Metaanalyse bezüglich der einmaligen Applikation von Kortikoiden zur fetalen Lungenreifung bei drohender Frühgeburt vorlegen, die nach Auswertung aller bisherigen Studiendaten von einer weitgehenden Verbesserung des kindlichen Outcomes nach einmaliger Anwendung ausgeht (Sotiriadis A, Tsiami A, Papatheodorou S, Baschat AA, Sarafidis K, Makrydimas G. Neurodevelopmental Outcome After a Single Course of Antenatal Steroids in Children Born Preterm: A Systematic Review and Meta-analysis. Obstet Gynecol 2015 Jun;125(6):1385-96). Daher ist es bei Gefahr einer Frühgeburt nach den aktuellen geburtshilflichen Leitlinien üblich und sinnvoll, Betamethason 2 x 12 mg zu verabreichen. Im Falle einer Plazenta praevia kann eine unerwartet einsetzende stärkere Blutung durchaus eine notfallmäßige Section erforderlich machen, ggf. auch in einer frühen Schwangerschaftswoche.


Wibke 31

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Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, vielen Dank für Ihre Antwort. Herzlichen Dank auch für den Verweis auf die Studie, deren Schlussfolgerungen sich allerdings nur auf Kinder beziehen, die vor der 34. Schwangerschaftswoche geboren wurden. Dass in diesem Fall die Gabe von Glucocorticoiden bei Risikoabwägung sicher gemacht werden sollte, möchte ich keineswegs anzweifeln. Die Vermutung einer Plazenta praevia ließ sich bei mir übrigens nicht bestätigen. Die Ursache der Blutungen bleibt weiter unklar. Da Sie sich zu meiner Frage, ob man zu diesem Zeitpunkt noch irgendwas unternehmen kann, um mögliche schädliche Effekte auf das Kind abzumildern oder die Gehirnentwicklung aktiv zu unterstützen, nicht geäußert haben, gehe ich davon aus, dass Sie hierzu keine Möglichkeit sehen. Ist das richtig? Mit vielen Grüßen, Wibke 31


Dr. Wolfgang Paulus

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Eine positive Wirkung auf die neurologische Entwicklung wird der mehrfach ungesättigten Fettsäure DHA zugeschrieben, die in vielen Nahrungsergänzungsmitteln für Schwangere ab dem 2.Trimenon enthalten ist. Ansonsten sehe ich keine effektiven Maßnahmen.


Wibke 31

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Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, haben Sie herzlichen Dank für Ihre Antwort! Mit vielen Grüßen, Wibke 31


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