Frage im Expertenforum Kochen für Kinder an Dipl. oec. troph. Birgit Neumann:

sehr schwierige Esserin

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann

Dipl. oec. troph. Birgit Neumann
Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

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Frage: sehr schwierige Esserin

Mitglied inaktiv

Hallo liebe Birgit, meine Tochter (knapp 16 Monate) ist eine sehr schwierige Esserin. Es fängt damit an, dass sie (außer Himbeeren) kein Obst ist. Keine Banane, keinen Apfel, keine Birne - nix. Nur in pürierter Form, sprich aus dem Gläschen. Seit ein paar Tagen verweigert sie den Nachmittagsbrei komplett. Weiter geht`s mit dem Mittagessen: Wenn ich versuche, ihr etwas von meinem Essen (Rest vom Vortag z.B.) zu geben, isst sie das nicht. Auch hier: nur Gläschen... :-( Ich würde sie nun wirklich gerne langsam wegbekommen von den Gläschen, nur wie stelle ich das an, wenn sie doch alles andere verweigert? Sie "hungern" lassen bis sie vor Kohldampf alles essen würde? Aber das kann ich irgendwie nicht.... außerdem kriege ich doch dann sicherlich die "Quittung" nachts, wenn sie tagsüber nichts isst, oder? Und wie kann ich sie an frisches und stückiges Obst gewöhnen? Andere Kinder in ihrem Alter beissen längst von Bananen ab oder essen Apfelschnitze, dann werde ich immer ganz neidisch.... aber immer Himbeeren kann ich ihr auch nicht kaufen, mal abgesehen davon, dass es diese ja auch nur eine begrenzte Zeit lang frisch gibt. Ich bitte händeringend um Tips, wie ich meine Tochter an eine gesunde und vernünftige Ernährung gewöhnen kann. Ich bin echt ratlos zur Zeit. Hilft da nur die harte Gangart? Vielen Dank im voraus! Herzliche Grüße Doro


Birgit Neumann

Birgit Neumann

Hallo Doro ich vermute, dass du noch zu sehr im Essschema für Babys denkst und handelst: Festgelegte und klar definierte Mahlzeiten gibt es zu bestimmten Tageseiten. In diesem Alter kann sich das aber sehr verändern. Die Kinder wachsen nicht mehr so schnell und brauchen insgesamt weniger Nahrung. Aber die Nahrungspalette kann vielseitiger gestaltet werden und dem üblichen Familienessen immer weiter angepasst werden. Die Speisen sollten kindgerecht sein, aber durchaus schmackhaft. So wären auch Pommes oder Würtschen, sowie Pfannkuchen etc durchaus möglich. Gläschen braucht dein Kind nicht mehr. Auch keinen Brei am Nachmittag. Statt dessen wären Obst mit oder ohne Getreidestängelchen, Zwieback, Kekse (wenig süß), Reiswaffeln, Hefezopf, Brot, Brezel etcetc möglich. Schreib mir doch mal, was dein Kind so im Algemeinen isst und trinkt. Zum Beipsile auch wieviel Milch, in welchem Gefäß, wann und welche Sorte. Was isst du mittags? Isst dein Kind alleine oder fütterst du? Hier kannst du mal schauen, ob euer Plan so hinkommt. Plan für Verzehrsmengenempfehlungen http://www.aid.de/downloads/kinderernaehrung_alter.pdf Dieser Plan muss nicht starr eingehalten werden. Es sind Richtlinien, die auf die Woche hochgerechnet werden können. Und der Appetit des Kindes sollte auch stark berücksichtigt werden. Manche Kinder essen mehr, andere Kinder essen weniger. Empfohlene Verzehrsmengenangaben sind immer auch abhängig davon wieviel ein Kind sonst so isst. Die Relationen sollten jedoch ungefähr erhalten bleiben. Ab dem 10. Lm ist die Familienkost, die nun anstelle der üblichen Breimahlzeiten Einzug hält, besonders wertvoll, weil das Baby noch neugierig ist. Es muss keine üppigen Portionen von Neuem essen, sondern es einfach als "Spielerei" betrachten und sich an den üblichen Breien sattessen. So kann ein Kind die unterschiedlichen Geschmäcker und Konsistenzen unterschiedlicher Nahrungsmittel kennenlernen. Wie war diese Phase bei euch? Die Geschmackspalette sollte erweitert werden. Einen Brei, falls nötig, kannst du mit Familienessen theoretisch auf dem Teller des Kindes erzeugen. Einfach mit der Gabel zerdrücken. Es würden eine Kartoffel mitunter schon ausreichen, wenn das Kind eben nicht mehr mag. Wunderbar eignet sich bspw Kartoffelbrei. Den kannst du der ganzen Familie servieren. Auch muss nicht jeden Tag neues unbekanntes Essen auf den Teller deines Kind kommen. Werden Nudeln gut akzepztiert, können eine Woche lang Nudeln gegessen werden. Dann mal die Nudelsorte wechseln. Statt Apfelbrei aus dem Gläschen, lässt sich ein Apfel auch frisch reiben und kann gut gegessen werden. So ist der Apfel nicht immer exakt gleich im Geschmack, aber doch ähnlich. Hier könntest du ja die Himbeeren darauf verteilen. Die Zeit des größten Wachstums ist längst vorbei. Die Kinder brauchen nicht mehr so viel Nahrung wie zuvor. Manchen Kindern reichen schon kleinste Mengen aus. Wichtig ist, dass du das akzeptierst, wenn es so ist. Trotzdem ist es wichtig, dass auch mittags gemeinsame Mahlzeiten stattfinden, bei denen dein Kind die Möglichkeit erhält zu essen oder nicht zu essen und dass Auswahlmöglichkeiten gegeben sind. Dass dein Kind die Gelegenheit erhält, Neues zu probieren. Wichtiges Kriterium der Familienkost ist es, dass ein Kind nun als vollwertiges Familienmitglied behandelt wird. Es bekommt einen eigenen Teller und eigenes Besteck. Auch mit den Fingern zu essen, sollte dem Kind erlaubt sein. Und auch das Frühstücksbrot kann morgens hinzukommen. Nicht alle Kinder mögen alle Obst-und Gemüsesorten gerne essen. Manche essen gar nichts und manche haben zwei bis drei Lieblingssorten. Andere Kinder mögen Fleisch nicht so gerne essen und wieder andere verabscheuen Milchprodukte. Als Mutter kann man schon daran verzweifeln, wenn die lieben Kleinen nicht so essen wollen, wie man sich das wünscht. Und vor allem wie es in den allgemeinen Ernährungsempfehlungen geschrieben steht. Kinder wissen nichts von Ernährungsempfehlungen und essen einfach dann, wenn es ihnen schmeckt, oder wenn sie hungrig sind. Und sie essen vor allem das gerne, was sie kennen. Bei manchen Kindern kann das sehr ausgeprägt sein. Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben eine sog. Neophobie. Eine Angst vor dem Neuen. Das betrifft eben das Essen und ist aus Urzeiten eigentlich eine gute Schutzfunktion. Gegessen wird nur das, was man kennt. Denn Unbekanntes könnte giftig sein. Die Kinder beurteilen das Essen auch nach der Verträglichkeit. Diese Veträglichkeit ist subjektiv und von Aussenstehenden nicht immer direkt nachvollziehbar. Die Vererbung hat nach neuerer Studie einen großen Einfluss auf das Essverhalten und vor allem auf diese sog.Neophobie. Ãœbrigens sind süsse LM u.a. so begehrt, weil sie nahrhaft sind. Sprich, sie liefern auf kleinstem Raum viel Nahrungsenergie. Fett (Pommes) hat viele Kalorien, aber nimmt nur wenig Volumen ein, sodass eine Mahlzeit zwar klein erscheinen mag, weniger Essaufwand erfordert, aber trotzdem gut sättigt. Hier lohnt das Selberzubereiten. Süßes vermittelt ein rasches Sättigungsgefühl, was evolutionär bedingt eine ebensolche Berechtigung hat. Gemüse dagegen hat zwar Vitamine Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, aber bringt null Sättigung. Die sekundären Pflanzenstoffe hingegen sind manchmal schwerer verdaulich. Individuell verschieden. Deshalb wird Gemüse oft akzeptiert, wenn es entsprechend zubereitet wurde. Mit viel Fett - Rahmspinat. Ketchup: sehr hoher Zuckergehalt. Erbsen: leicht süßlicher Geschmack. Pizza: fettreich Da gibt es einige Beispiele. Fleisch ist schwer zu kauen. Deswegen sind Würstchen meist beliebter. Und Hackfleisch. Das Wichtigste wäre, dass euer Kind neue Speisen probiert. Immer und immer wieder. Ausspucken erlaubt. Manchmal ist so eine Situation nicht der Essenstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant etc Denn nur über das Probieren können neue Esserfahrungen gesammelt werden. Auf diesen Erfahrungen beruht genussreiches Essen und darauf basiert widerum die Appetisteuerung. Kinder sollten bis zu 10 mal etwas probiert haben, bevor sie es wirklich gut akzeptieren und sich an den Geschmack gewöhnt haben. Auch der Geruchssinn spielt eine große Rolle. Denn noch bis ins Erwachsenenalter (lebenslang) hinein sind solche Erinnerungen mittels Geruchssinn aktiv, und die Bereitschaft später im Erwachsenenalter eine Speise zu probieren, ist dadurch sehr gross. Somit nimmt die Geruchsprägung noch vor der Geschmacksprägung eine wesentliche Rolle ein. Die einmal erlernten Geschmacksmuster, in frühester Kindheit, werden treu bis ins Erwachsenenalter hinein beibehalten. Muttermilchersatzpulver bspw. enthält gewöhnlich den Aromastoff Vanillin. Das Münchner Sensorikunternehmen ASAP hat hierzu eine Versuch durchgeführt: 130 Jugendliche und Erwachsene erhielten zwei fast identische Proben Ketchup. Die Proben unterschieden sich in der Zugabe von Vanillin zu einer Ketchupflasche. Der vanillinhaltige Ketchup wurde von ehemaligen Flaschenkindern 4 mal so häufig bevorzugt, als von ehemals gestillten Personen. Eine neuere Studie ergab, dass Kinder, die häufig aromatisierte Fruchtjoghurts assen, sich so sehr an die Aromen gewöhnen, dass sie dann den im Testversuch selber angerührten Joghurt mit frischen Früchten, als Kunstprodukt zu identifizieren glaubten. Fazit: Das Aroma der echten Früchte war ihnen so fremd, dass sie die künstlichen, naturidentischen, natürlichen Aromen, jeweils als den Geschmack von "echtem Obst" abgespeichert hatten und künftig diesen "unechten" favorisieren. Wichtig zu wissen ist, dass bei der Appetitsteuerung viele Faktoren zusammenspielen. Eine ganz wichtige Rolle spielt auch die individuelle Verdauung der Speisen, die u.a. von der mikrobiologischen Darmbesiedelung abhängt. Jedes Kind hat seine Favoriten. Dieses Herauszufinden, ist schon mal was wert Dazu ist es wichtig, dass ein Kind ein möglichst breitgefächertes Repertoire hat, aus dem schöpfen kann. Das bedeutet, dass möglichst viel probiert werden sollte. Gruss Birgit


Mitglied inaktiv

Warum pürierst Du Ihr nicht frisches Obst?? Dann jat sie schonmal den Geschmack von richtigem Obst.Und dann kannst Du ja nach einer Zeit immer weniger púrieren.Und mit dem Mittag genauso.Koch normal und pürier es Ihr.Wir hatten das Problem nicht,weil ich von Beikost an selbst gekocht habe. Probier es doch mal. Viel Glück


Mitglied inaktiv

Hallo Kevinsmum, das habe ich schon probiert, nur eben noch nicht erwähnt. Leider klappt das auch nicht :-( Sobald ich nur mit dem Löffel ankomme und sie einmal dran gerochen hat, geht das Geschrei los :-( Ich habe fast den Eindruck, dass sie schon viel zu sehr an die Gläschenkost gewöhnt ist. Was geht, ist Gemüse und Kartoffel ganz fein zerdrückt. Also quasi in der Form, in der man es einem 4 Monate alten Säugling geben kann. Das mag sie. Aber wie lange soll ich denn das Essen noch für sie pürieren? Das geht doch nicht ewig, vor allem habe ich dann ein Problem wenn wir unterwegs sind... Kauen an sich ist kein Problem, oft isst sie abends Brot. Aber bei anderen Mahlzeiten schiebt sie das Essen, zum Beispiel eine Nudel, mit der Zunge raus, matscht damit herum und schmeisst es dann auf den Boden. Teilweise ist es so, dass man sie ein bisschen zu ihrem Glück "zwingen" muss, sprich wenn sie nach dem Ersten Bissen merkt, dass das ja doch ganz lecker ist, gehen die nachfolgenden Bissen ganz leicht....


Mitglied inaktiv

MMMMhhh ist ja schwierig.Vielleicht Glas und normale Kost mischen und dann langsam die Mischung auf nur normales essen machen?? Das Matschen ect ist normal.Das macht meiner heute mit fast 3 noch manchmal. Oder vielleicht einfach die Gláschen aufbrauchen und dann wird gegessen was auf den Tisch kommt.Wenn sie wirklich Hunger hat wird sie auch essen was Du Ihr guibst.Das macht sie vielleicht 2 tage und dann nicht mehr.Vor einem vollen Teller verhungert kein gesundes Kind.Es ist schwer zu akzeptieren,wenn die Kinder mal nicht essen wollen.Wir hatten das thema auch kürzlich.Aber je mehr Theater die Eltern darum machen desto schwieriger wirds.Wir haben ihm dann einfach den teller vor die Nase gestellt und kein Komentar abgegeben.Entweder er hat gegessen oder nicht.Und siehe da nach 2 tagen hat er wieder ganz normal gegessen ohne Theater. Mal gucken was Birgit sagt


Mitglied inaktiv

Genau, mal abwarten. Aber vielen Dank schon mal an Dich! LG Doro


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