Frage im Expertenforum Kinderorthopädie an Dr. med. Jan Matussek:

Fahrradanhänger

Dr. med. Jan Matussek

Dr. med. Jan Matussek
Chefarzt für Kinderorthopädie und Kindertraumatologie am Klinikum Emil van Behring, Berlin

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Frage: Fahrradanhänger

Krümeli

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Guten Tag, Mein Sohn ist 13 Monate alt und motorisch sehr gut entwickelt (sitzt seit 9. Monat, läuft seit er 11 Monate ist frei). Wir haben den Fahrradanhänger (Singletailer) von Tout Terrain mit sehr guter Federung und leicht geneigter Sitzhaltung (also nicht völlig aufrecht). Darin ist noch der Babysupporter von Thule (zur Rumpfstabilisierung, vom Hersteller angegeben von 9-18 Monaten), allerdings ohne die Kopf/Nackenstütze, da diese mittlerweile für seinen recht großen Kopf zu klein ist. Er trägt zusätzlich einen Helm und wenn er nicht zu dick eingepackt ist noch so ein Plüsch-Nackenhörnchen. (Die, die beim Autofahren verhindern sollen, dass der Kopf beim schlafen zu sehr nach vorne kippt). Mein Mann zieht den Hänger, als ambitionierte Radfahrer sind wir trotz Hänger zügig unterwegs, allerdings bisher nur auf Asphalt und Schotter. Ich bin sehr ängstlich in Bezug auf Kopf/Hals meines Sohnes und habe immer ein bisschen Angst, dass er im Hänger ein Schütteltrauma oder Schleudertrauma erleiden könnte, da er ja doch erst knapp über 1 Jahr als ist und er keine Kopfstütze und zusätzlich noch den Helm trägt. Mein Mann meint das ist völlig übertrieben, er könne ja schon länger frei sitzen und frei laufen. Können Sie mich beruhigen? Wie gesagt Federt der Hänger extrem gut und mein Mann bremst und lenkt auch sehr umsichtig. Im Buggy kriegt er gefühlt mehr Stöße ab... Augenscheinlich gefällt es dem Sohnemann gut, er guckt neugierig und lacht mich an, wenn ich nebenher fahre. Vielen Dank für ihre tolle Arbeit und viele Grüße!


Dr. J. Matussek

Dr. J. Matussek

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Liebe Familie, liebe Eltern, die Sache ist für Ihren Sohn eigentlich ziemlich eindeutig. Das sogenannte Schleudertrauma ist für ein Kind diesen Alters eine große Gefahr beim Fahren in Autos sowie in Fahrradanhängern, genauso wie beim Tragen in Rucksäcken etc. Das Verhältnis von Kopfgröße und Rumpf ist in diesem Alter noch deutlich anders, als beim Erwachsenen. Der Kopf ist bei abrupten Bremsbewegungen oder Beschleunigungsbewegungen wie eine Bowling-Kugel und kann dem Kind in diesen seltenen Stressunfällen die Halswirbelsäule schwer verletzen. Und Sie wissen, und das weiß auch Ihr Mann, dass der Kopf selbst beim Erwachsenen bei Auffahrunfällen im Allgemeinen durch Kopfstützen vor dem sehr gefährlichen Schleudertrauma weitgehend geschützt werden kann. Das selbe gilt umso mehr für Kleinkinder; der Kopf muss gerade in der Phase, wo ihr Sohn möglicherweise schläft in diesem Fahrradanhänger besonders geschützt werden. Und wie oft beobachtet man Kleinkinder, die durch die Fahrbewegungen wohlig schlafen, und deren Köpfe in Seit- oder ungewohnten Rück- oder Vorstellungen "hängen" : Wird dieser Kinderkörper im Rahmen einer abrupten Bewegung bei entspannter Nacken und Halsmuskulatur hin und her geschüttelt, passiert dies auch mit Kopf und Halswirbelsäule. Natürlich, mag man sagen, dass wir hier über seltene Gefahren sprechen, aber was für die Führung von Köpfen bei Erwachsenen gilt (Autokopfstützen), muss auch bei Kleinkindern angewendet werden: Auch beim bereits frei sitzenden Kleinkind muss im Sitzen eine Schalenführung des Kopfes möglich sein. Es reicht nicht nur der Helm allein, der Kopf mit Helm muss trotzdem nach hinten und seitwärts geschützt werden. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass auch bei verantwortlicher Fahrweise des Elternteils der Anhänger durch Dritte, z.B. durch einen Autokontakt, ins Schleudern gebracht werden kann. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Jan Matussek


Krümeli

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Noch eine frage wegen des Helms: er wiegt 200 g, also sehr leicht, das kann man ihm schon zumuten, dauerhaft zu halten? Zumal er der Kopf ja ohnehin hinten an dem sitzt anlehnt... (lediglich die ersten paar Minuten hält er ihn vor lauter Freude völlig frei)


Dr. J. Matussek

Dr. J. Matussek

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Das Gewicht des Helmes mit 200 g ist akzeptabel und adäquat und wird keinen Schaden an sich anrichten. Mit freundlichen Grüßen Jan Matussek


Krümeli

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Vielen herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Fragen. Nach hinten ist der Kopf natürlich durch den sitz gestützt (vergleichbar beim buggy, die Haltung ist ja auch noch leicht liegend). Dann suche ich jetzt noch explizit etwas für die Seiten. Eine letzte Frage: Muss ich mir jetzt aber sorgen machen, dass wir ihm bisher schon mit normalem fahren auf Schotter/ Asphalt geschadet haben? Jetzt habe ich ein bisschen Angst. Es ist nie etwas passiert (scharf gebremst, Unfall etc.) Herzlichen Dank nochmals für ihre Geduld !


Dr. J. Matussek

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Kommentar zur letzten Frage: nein machen Sie sich keine Sorgen! Sie haben ihrem Kind sicherlich nicht mit fahren über Schotter oder so weiter geschadet. Beruhigendes wackeln und bewegen in einem Anhänger mögen die Kinder besonders. Herzliche Grüße, Ihr Jan Matussek


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