Frage im Expertenforum Frühgeburt an PD Dr. med. Axel Hübler:

Schlafprobleme/Ernährung

PD Dr. med. Axel Hübler

PD Dr. med. Axel Hübler
Kinderarzt und Neonatologe

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Frage: Schlafprobleme/Ernährung

Verena1311

Hallo! Meine Maus Annabell ist am 8.6.2019 in der SSW 28+5 mit 845 Gramm knapp 3 Monate zu früh zur Welt gekommen. Nach 2 Monaten Neonatologie durften wir mit 1900 Gramm am 02.08.2019 nach Hause. Geburtstermin wäre der 26.8.2019 gewesen. Wir haben große Probleme mut dem Schlafen. Annabell geht um 18:30/19:00 ins Bett. Wir brauchen zwischen 1 und 3 Stunden, bis sie so schläft, das ich sie aus meinen Armen legen kann. Ich stille sie. Sie schläft beim Trinken ein. Spätestens um 22 Uhr idt sie wieder wach. Lässt sich mit stillen wieder hinlegen. Dann aber um Mitternacht, im günstigsten Fall 02:00 ist sie wach. Weint, tritt mit den Füßen. Hat sie Bauchweh? Sie schläft auch ganz unruhig. E wirft den Kopf hin und her. Hebt den Oberkörper und die Füße und lässt alles wieder fallen. Ihr Tagesablauf Essen Wirklich aufstehen 06:30/07:00 Stillen 09:00 Stillen 11:00 Stillen bzw Obst Getreidebrei 50 Gramm und ab und zu Butterbrot 13:00 Uhr Mittagessen Fleisch/Fisch/vegetarischer Brei 200-220 Gramm 13:30 Stillen zum Einschlafen 15:30/16:00 50 Gramm Obst Getreidebrei 17:30 Abendbrei Gläschen 190 Gramm 18:30/19:00 Einschlafstillen SIe wiegt 7 Kilo und ist ca 70 cm Tagsüber immer sonnig und munter. Krabbelt, brabbelt, sitzt. Ein gesundes Mädchen. Was mache ich falsch, dass unsere Nächte so unruhig sind? Ich bin schon am Verzweifeln. Seit ihrer Geburt schlafe ich nicht mehr richtig. Tagsüber schläft sie am Vormittag max 40 Minuten beim Spazieren und Nachmittags wenns gut geht 1 1/2 Stunden, aber nur auf mir. Bitte um Hilfe bzw ihren Rat. Liebe Grüße Verena


Liebe Verena, zunächst möchte ich Ihre Frage vom Ende Ihres Berichtes beantworten: Sie machen überhaupt nichts falsch. Als Mutti eines ehemals extrem unreifen Frühgeborenen liegen deutlich anstrengendere Wochen und Monate gemeinsam mit Ihrer Tochter hinter Ihnen als hinter den meisten Müttern Reifgeborener. Sie beobachten Ihr Kind genau, und wie alle Mütter machen Sie sich Sorgen, welche Besonderheiten sich im normalen Bereich bewegen und was vielleicht schon Krankheitswert haben könnte. Hinsichtlich des Schlafverhaltens zeigt Ihr Kind schon einen klaren Tag-Nacht-Rhythmus mit überwiegenden Ruhezeiten in der Nacht und wahrscheinlich ein bis zwei kürzeren Schlafphasen am Tag. Das ist ganz altersgerecht. Die Einschlafsituation ist für Sie verständlicherweise belastend, weil Ihre Tochter nur in Ihrer Anwesenheit und mit relativ langer Einschlafphase zur Ruhe kommt. Sie stillen Ihr Kind in dieser Situation und vermitteln ihm Nähe und Geborgenheit, was ihrer Tochter gut zu bekommen scheint, aber für Sie, nehme ich an, zunehmend anstrengender wird. Ihre Tochter hat sich wahrscheinlich auch über die Zeit an das Einschlafritual gewöhnt und ihre Erwartungen darauf eingestellt. Viele Mütter empfinden übrigens insbesondere am Ende des ersten Lebensjahres vergleichbare Situationen als sehr belastend, weil das Stillen eher der Beruhigung ihres Kindes dient, die Milch weniger wird und durch die ersten Zähne das Saugen für sie selbst zunehmend schmerzhafter erscheint. Änderungen an dieser Konstellation brauchen meist einige Wochen, ehe sich ein Kind beispielsweise daran gewöhnt hat, abends vor dem Schlafengehen anstelle der Brust noch eine Flasche angeboten zu bekommen, um dann in Anwesenheit der Mutti (oder des Vatis) einzuschlafen. Durchschlafen muss ein Kind mit elf Lebensmonaten noch nicht. Zwei bis drei nächtliche Wachphasen sind nicht ungewöhnlich, zehren aber insbesondere am Schlafbedürfnis der Eltern. Da Ihre Tochter zu 100% von Ihnen als Bezugsperson abhängig ist, erscheint es aus kinderärztlicher Sicht sehr wichtig, dass auch Sie Gelegenheit zur Ruhe bekommen. Empfehlenswert wäre in der Akutsituation, sich im Umfeld regelmäßig Unterstützung zu holen, in der Familie oder im Freundeskreis. Es mag vielleicht etwas profan klingen, aber wenn eine Vertrauensperson am Tag eine junge Familie regelmäßig entlastet und mit dem kleinen Erdenbürger einen Spaziergang unternimmt, während die Mutti Gelegenheit bekommt, etwas zu schlafen, wäre dies schon ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. In Bezug auf die Ernährung haben Sie am Tag schon erfolgreich mehrere Mahlzeiten mit festerer Nahrung eingeführt und stillen noch anteilig. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das abendliche Stillen auch das Durstgefühl ihrer Tochter ausreichend löschen kann, denn die angegebene Zeit ohne Trinken, geschätzt zehn bis zwölf Stunden, erscheint doch relativ lang. Ein Teil der nächtlichen Unruhephasen könnte eventuell auch dadurch bedingt sein, dass Ihre Tochter möglicherweise noch eine zusätzliche Trinkmahlzeit, beispielsweise Tee oder eine Folgenahrung, vertragen könnte. Die besonderen Bewegungen, welche Ihre Tochter nachts unternimmt, können auch im Schlaf stattfinden, ohne dass Ihr Kind wach wird. Kleine Kinder bewegen sich noch deutlich häufiger im Schlaf als Erwachsene. Wenn sich dies über längere Zeit fortsetzen und Ihnen weiterhin auffällig erscheinen sollte, wäre es sinnvoll, einen Kinderschlafmediziner in Ihrer Region zu konsultieren und die Notwendigkeit einer Schlaflaboruntersuchung zu prüfen. Bei einer Schlaflaboruntersuchung, einer sogenannten „Polysomnographie“ werden im Schlaf eine Anzahl von Parametern wie die Hirnströme, der Herzschlag, die Atembewegungen und die Sauerstoffsättigung zusammen mit einer kontinuierlichen Videoaufzeichnung erhoben, welche eine gute Trennung zwischen normalen Bewegungsmustern und möglichen Auffälligkeiten erlauben. Insgesamt weisen Ihre Informationen zum körperlichen Wachstum und zu den bisher erlernten Fähigkeiten Ihrer Tochter darauf hin, dass sie schon beginnt, sehr ordentlich aufzuholen. Diese Situation und das von Ihnen geschilderte, gute Tagesbefinden Ihres Kindes bedeuten, dass die Besonderheiten im Schlaf sich bisher nicht nachteilig auf ihre Entwicklung ausgewirkt haben. Dies heißt auch, dass Sie, am besten gemeinsam mit der Kinderärztin / dem Kinderarzt Ihrer Tochter, schrittweise prüfen können, ob und bei welchen Dingen Änderungs- und Klärungsbedarf besteht. Alles Gute!


Verena1311

Vielen Dank für die schnelle Antwort. Diese beruhigt mich schon ein bisschen. Bezüglich des Durstes ist mir in den letzten Tagen aufgefallen, dass sie öfter trockene Lippen hatte. Ich biete ihr mehrmals täglich Wasser an, aber die trinkt nicht wirklich. Wann soll ich ihr zb noch eine Flasche Tee geben? Über den Tag verteilt, oder am Abend? Vielen Dank für ihre schnelle Hilfe !!! Liebe Grüße Verena


Zu Ihrer zweiten Anfrage: Sie können Ihrer Tochter gern am Tag zwischen den Mahlzeiten Tee oder auch, wie Sie das schon begonnen haben, anteilig Wasser anbieten. Probieren Sie doch einfach in der nächsten Zeit aus, welche für Säuglinge geeignete Teesorte ihrer Tochter schmeckt. Abends wäre zu prüfen, ob Ihr Kind durch das Stillen vor dem Einschlafen noch ausreichend Flüssigkeit erhält und ein gewisses Sättigungsgefühl erreicht. Eventuell für die Nacht noch etwas Tee oder auch eine Folgemilch (eine sogenannte "2er-Nahrung") bereitstellen.


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