Frage im Expertenforum Frühgeburt an Prof. Dr. med. Gerhard Jorch:

persistierend gespannte fontanelle nach virusinfekt

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Kinderarzt und Neonatologe

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Frage: persistierend gespannte fontanelle nach virusinfekt

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Sehr geehrter Herr Prof. Jorch, ich bin mutter zweier frühchen (korr. 2j (29.ssw) bzw korr. 6m (31.ssw) alt). letzte woche bekam der große für 2 tage hohes fieber, anschliessend bläschen an lippe, zunge und unterarmen (neurodermitis), die innerhalb einer woche abheilten. die kinderärztin vermutete einen untypischen verlauf der hfm-kh, eine weitere diagnostik lief natuerlich nicht. 3 tage später zog die kleine nach (frühchen 31. ssw, asd + unroofed coronary sinus mit großem shuntvolumen, rumpfhypotonie und entwicklungsverzögerung; monitorversorgt wegen apnoesyndrom; bisher kein schädelsono, da keine veranlassung): d1: morgens 39°C fieber und gespannte fontanelle, aber guter az. wegen der gespannten fontanelle wurden wir in die kikli geschickt, hier erfolgte die sofortige lp (geringe zellzahlerhöhung, sonst ob). blutabnahmen d1 und d3 ergaben 12tsd leukos/crp 20 bzz 4tsd leukos/crp 28, ergo virusinfekt. ausserdem ck(ges) erhöhung von 270 bei normwertiger ck mb. 3 stunden nach lp entwickelte meine tochter einen dtl meningismus mit überstreckung (rückenlage unmöglich), unstillbarem schreien wechselnd mit apathie. nach 48 stunden war dies weitgehend vorbei, es wurde auf die lp zurückgeführt. das fieber persistierte um 40°C, hinzu kamen bläschen im rachen (weicher gaumen, rachenhinterwand), die nach 3 tagen wieder verschwanden. sonst keine effloreszenzen. Entfieberung an d6 (gestern), seither schlapp aber zugewandt. herpesdiagnostik (d3 aufgrund der klinik zusammen mit 2. be durchgeführt) sei ob gewesen, allerdings entnahm ich dem arztbrief mit entsetzen, dass keine pcr, sondern eine serologie durchgeführt wurde. meines erachtens hat dies keine aussagekraft an tag 3 der erkrankung? entschuldigen sie die lange vorgeschichte, ich wollte, dass sie sich ein bild machen können. das problem ist folgendes: obwohl meine tochter seit ihrer entfieberung gestern (und entlassung) augenscheinlich wieder gesund ist (noch etwas schlapp und nörgelig) und das ganze als coxsackie-infektion mit meningealer 'reizung' eingestuft wird, ist die gr. fontanelle weiterhin dtl. gespannt ist (vor erkrankung tendenziell eingesunken). im sitzen mäßig gespannt mit pulsation, im liegen weit mehr, auch von weitem sichtbar, pulsation wechselnd. schädelsono gestern vor entlassung ergab unauffällige flussprofile und anatomie. die ärzte im kinderkrankenhaus kennen eine solchen verlauf nicht und konnten mir keine erklärung/prognose geben. ich solle die kleine regelmäßig dem kinderarzt vorstellen, den geplanten urlaub absagen und erstmal 'abwarten', diagnose 'pseudotumor cerebri'. meine fragen an Sie: - kennen SIE solche verläufe nach virusinfektion? - wenn ja, normalisiert sich der hirndruck/die fontanelle wieder? wann? - sollte man evtl einen neurologen konsultieren, oder therapieversuche unternehmen (gefühlsmäßig nein, aber ich möchte nichts verpassen) - wenn keine normalsierung erfolgt, hat dies gesundheitliche konsequenzen? opticus? - ist eine herpesdiagnostik noch notwendig bzw hat es therapeutische konsequenzen? die serologie an d3 wurde zum ausschluss durchgeführt, aber meines erachtens schliesst eine negative serologie (igG/igM) an d3 einen herpes nicht aus? soll ich dies im abstand wiederholen lassen? herzlichen dank für ihre tolle arbeit, ich lese viel in diesem forum und bin beeindruckt von ihrer erfahrung und der fähigkeit, diese verbal weiterzugeben sowie besorgte eltern aufzubauen. mit freundlichen grüßen, a.w.


Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Ich hätte auch am ehesten auf eine Enterovirusinfektion (Echo, Coxsackie) getippt ("Sommergrippe"). Diese machen Hautbläschen, haben eine variablen Verlauf und betreffen nicht selten das ZNS (allerdings auch den Herzmuskel!). Obwohl Darmbakterien machen Sie nur selten Durchfall. Neben der Klinik hilft diagnostisch der direkte Erregernachweis aus dem Liquor per PCR, während die Serologie spät reagiert und wenig aussagefähig ist. Allerdings ergibt sich aus dem PCR-Nachweis meistens keine spezifische therapeutische Konsequenz. Bei Meningoenzephalitis gibt man ohnehin gewöhnlich sicherheitshalber Acyclovir bis zum Beweis, dass keine Herpesinfektion vorliegt oder bie zum Ende des Therapiezyklus. Entweder man hat in Ihrem Falle dies gemacht und deshalb auf den PCR-Nachweis verzichtet oder man war sich aufgrund der Klinik sehr sicher, dass keine Herpesinfektion vorlag. Der Verlauf war ja wirklich nicht typisch für eine Herpesinfektion. Gegen ein Exanthema subitum sprechen der das von Ihnen beschriebene Exanthem und der unytpische Verlauf. Solche Kinder habe auch eher keine typische Meningoenzephalitis sondern ihre möglichen Krampfanfälle im Sinne von Fieberkrämpfen. Gespannte Fontanelle: Liquorregulationsstörungen als Folge einer Entzündung der Hirnhäute sind denkbar, auch dass sie noch einige Zeit andauern. Die Frage ist: Wie stark ist die Fontanelle gespannt? Ist sie vorgewölbt? Ist sie auch im Sitzen gespannt? Diagnostische Methode der Wahl wäre ein Schädelsonogramm, um zu schauen, welche Hirnstrukturen (Hirngewebe, äußere Liquorräume, Hinrventrikel) eine mögliche Volumenzunahme verursachen.


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sollte vielleicht noch erwähnen, dass ich selbst ärztin bin, allerdings gynäkologin.


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sehr geehrter herr prof. jorch, seit heute mittag hat sie doch ein exanthem - begann hinter den ohren, hat sich dann über hals, behaarte kopfhaut und gesicht ausgebreitet und z zt den oberen stamm erreicht. extremitäten (noch?) frei. 2-3mm groß, teils pustulös, dicht stehend. ausserdem besteht heiserkeit und diarrhoe (seit 3 tagen, hatte ich oben noch nicht erwähnt). trinkverweigerung über 4 tage, seit gestern trinkt sie wieder gut. meine frage gilt nach wie vor der fontanelle, wollte nur das exanthem ergänzen, falls es wichtig ist (atypischer verlauf exanthema subitum über eine woche?? wenn ja, wie lang bleibt die gespannte fontanelle erfahrungsgemäß bestehen?). herzlichen dank, a.w. ps: sollte das exanthem morgen bestehen bleiben, werde ich natuerlich zum kia gehen. notfallambulanz (mittwoch nachmittag) mit sonst gesundem kind erscheint mir falsch.


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Sehr geehrter Herr Prof. Jorch, Sie schreiben: "Gespannte Fontanelle: Liquorregulationsstörungen als Folge einer Entzündung der Hirnhäute sind denkbar, auch dass sie noch einige Zeit andauern. Die Frage ist: Wie stark ist die Fontanelle gespannt? Ist sie vorgewölbt? Ist sie auch im Sitzen gespannt?" die fontanelle ist dtl. vorgewölbt, vor allem im liegen, aber auch im sitzen. ein schädelsono wurde vor entlassung gemacht (sehr kurz), da hiess es anatomisch normalbefund, flüsse (doppler) norm. GIBT SICH DIE LIQUORREGULATIONSSTÖRUNG ERFAHRUNGSGEMÄß WIEDER MIT ABHEILUNG DES INFEKTES? wie lange dauert das? oder muss ich ernstere konsequenzen befürchten? macht es sinn, im intervall (zb in drei wochen) einen neuropädiater hinzuzuziehen? herpes als differentialdiagnose wurde an d3 erwogen, allerdings war das führende symptom der ausgeprägte meningismus plus apathie, für eine enzephalitis sprach nach ansicht des diensthabenden arztes wenig. dennoch sollte der ausschluss durchgeführt werden (ich dachte ja per pcr, aber die wurde wohl nicth durchgeführt), und aciclovir wurde nach längerem hin und her dann doch nicht gegeben. vor der myokarditis habe ich wegen des ohnehin kompromittierten herzens auch angst, andererseits hätte es ja keinerlei therapeutische option gegeben? der blutdruck wurde aufgrund des reduzierten az gemonitort und war (mir nicht klar warum) konstant erhöht auf etwa 110/65, tachykardie bei 170-190bpm in ruhe (wohl erklärt durch fieber, trotz aggressiver antipyrese nicht unter 38°C). herzlichen dank für ihre einschätzung, ich hoffe, sie können mir noch zusätzlich die frage nach der prognose beantworten? herzliche grüße, a.w.


Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Wenn die Fontanelle auch im Sitzen vorgewölbt ist, würde ich sonographische Verlaufskontrollen machen und das Kopfumfangswachstum verfolgen. Fragen zur Prognose sind - wie Sie als Ärztin wissen - in der Medizin immer sehr schwer zu beantworten. Der neurologische Befund während der Erkrankung und danach ist aber wohl der beste Parameter.


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o.t.


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