Frage im Expertenforum Frühgeburt an Prof. Dr. med. Gerhard Jorch:

Infekte

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch

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Kinderarzt und Neonatologe

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Frage: Infekte

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Hallo, wie schon oft geschrieben hat unser Sohn seit Jan. dauerhaft Bronchitis. Anf. März haben wir neben Atrovent + Salbutamol + Infecto Corti Krupp eine Dauertherapie mit Singulair und Flutide mite begonnen. Mitte April wurde das Flutide gegen Feuchtinhalat Sanasthmax ersetzt, da er unter der ganzen Therapie trotzdem einen Rückschlag nach dem nächsten bekam. Jetzt waren wir am Montag beim Pneumologen und der hat uns Budes 0,2 2x1Hub verschrieben (statt Sanasthmax). Sollte das auch nicht helfen, müssen wir die Lunge spiegeln lassen. Er wurde dann zu einem Notfall gerufen, so daß ich ihn nichts mehr fragen konnte. 1. Was ist der Unterschied zwischen den 3 Medikamenten? 2. Was ist besser Feuchtinhalation oder einfach einen Hub über die "Kammer"? Er macht das totale Theater wenn wir das Budes geben. Er brüllt die ganze Zeit. 3. Kann es dann überhaupt noch wirken? Danke Naty


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Sie bekommen noch eine Antwort. Da der Sachverhalt aber etwas komplizierter ist, habe ich die Bearbeitung der Frage zunächst an unsere Spezialistin in der Klinik weitergeben.


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Hier die Antwort meiner in solchen Fragen spezialisierten Oberärztin: Hallo liebe Naty, wir verstehen Sie so gut, es geht Ihnen wie vielen anderen Müttern, Sie sind nicht allein. Ich will Ihnen in zwei Teilen antworten. Im ersten Teil gehe ich auf Ihre drei Fragen-Punkte ein, im zweiten erkläre ich Ihnen die Behandlung der obstruktiven Bronchitis. Hier der erste Teil: Ihre drei Fragen: 1. Was ist der Unterschied zwischen den 3 Medikamenten? Zur Bronchienerweiterung akut und beim Infekt werden Salbutamol und Atrovent eingesetzt. Zur antientzündlichen Dauerbehandlung dienen das Kortison inhalativ und (das 4. Medikament) Montelukast als Kautablette. 2. Was ist besser Feuchtinhalation oder einfach einen Hub über die "Kammer"? Bei Infekt und Hartnäckigkeit eignet sich die Feuchtinhalation: Beim Klein-kind mit Maske, beim größeren Kind mit Mundstück und Nasenklemme. Zur Dauerbehandlung „einfach“ ein Hub über die Kammer? Ja, beim Säugling - Kleinkind mit Maske und Kammer über Mund plus Nase, beim größeren Kind mit Mundstück und Atemhilfe. 3. Er macht das totale Theater wenn wir das Budes geben. Er brüllt die ganze Zeit. Kann es dann überhaupt noch wirken? Wenn es daneben geht, kann es nicht wirken. Wenn er beim „korrekten“ Inhalieren brüllt, kommt es tatsächlich an. Das Brüllen wollen wir natürlich nicht. Feucht-inhalation erscheint mir bei Ihrem Sohn angebracht. Wenn er schläft können Sie vorsichtig damit anfangen. Wenn er sich wehrt nützt es nichts. Es gibt eine sichere Haltetechnik: Das Kind sitzt auf dem Schoss links (bei Rechtshänderin), der rechte Arm des Kindes wird hinter den mütterlichen Rücken (es kann auch der Vater sein) geführt. Mit dem linken Arm können Sie das Kind sanft mit dem Kopf an Ihre Seite drücken, Sie halten dabei das linke Handgelenk des Kindes fest. Mit der rechten Hand können Sie die Maske direkt in das Gesicht des Kindes drücken (Mund und Nase eingeschliessen) und so sicher inhalieren. Nach stetiger und konsequenter Inhalation lassen die Wehrattacken des Kindes mit der Zeit nach. Es hilft kein Wehren und das Kind merkt selbst, dass es ihm danach besser geht. Im zweiten Teil erkläre ich Ihnen jetzt die Behandlung der obstruktiven Bronchitis beim Säugling, Kleinkind. Eine Bronchitis ist eine Entzündung (Infekt oder allgemeine Dauerreizung) der kleinen Atemwege, genannt Bronchien; obstruktiv heisst einengend, hier des Luftweges, es handelt sich um eine obstruktive Bronchitis. Die kleinen Luft-wege sind eng erstens wegen der entzündlichen Schleimhautschwellung und akut zusätzlich wegen eines Spasmus, was Krampf bedeutet: Um die Atem-wege herum befindet sich eine Muskelschicht, die verkrampft durch den Dauerreiz. Bei einer obstruktiven Bronchitis, die dauerhaft anhält, ist die von Ihnen angegebenen Medikation korrekt: Anfangs versucht man es mit Inhalationen mit 2 ml isotoner Kochsalzlösung. Wenn es zu Husten, Giemen und Pfeifen kommt, werden bronchienerweiternde Medikamente zur Inhalation zusätzlich notwendig. In diesen Fällen haben Sie damals das Kind beim Kinderarzt oder in der pädiatrischen Notfallambulanz vorgestellt und im Verlauf die genannte Therapie verordnet bekommen. Wichtig bei der Inhalation ist, dass das Klein-kind die Maske komplett über Mund und Nase gehalten bekommt beim Inhalieren, bis die Lösung verbraucht ist. Grössere Kinder schaffen es, mit Mundstück und Nasenklemme die Lösung in die Atemwege zu inhalieren. Alles, was daneben geht, hilft dem Kind nicht. Zur Bronchienerweiterung gibt es das Salbutamol und das Atrovent. Salbutamol hat eine Halbwertzeit von 8 Stunden, so dass beim Infekt und/oder hartnäckiger Bronchitis die Inhalation 3 oder 4 x am Tag notwendig werden kann. Die Dosis beträgt 3 Tr./Lebensalter in 2 ml Kochsalzlösung: Kleinkinder bis zum Alter von 3 Jahren erhalten nach Verträglichkeit 3 Tropfen, ab dem 9. Lebensjahr brauchen Sie nicht mehr 8 Tropfen. Reicht Kochsalzlösung mit Salbutamol nicht aus, wird zu dem Gemisch Atrovent dazugegeben. Das Atrovent hat eine Halbwertzeit von 6 Stunden, so dass Sie diese Mischung 4 x am Tag korrekt geben. Geht es dem Kind wieder besser, wird das Atrovent rausgenommen, Sie lassen Ihr Kind dreimal am Tag mit der Mischung Kochsalzlösung und Salbutamol inhalieren, ca. 2 –3 Tage lang, geht es wieder besser, lassen Sie es nach Bedarf 2 – 3 x mit Kochsalz-lösung (wie gehabt: 2 ml, 0,9%) zuendeinhalieren. Von Vorteil ist, wenn bei Inhalation mit Mundstück eine Nasenklemme eingesetzt wird. Infecto Corti Krupp hat ihr Kinderarzt als antientzündliches Medikament zur nachhaltigen Wirkung dazuverordnet, wahrscheinlich, weil der Husten anfangs kruppartig war. Die chronisch geschwollene Schleimhaut der Bronchien (Bronchitis) wird durch die antientzündliche Dauertherapie mit Flutide (Fluticason) oder Pulmicort, Budes (Budesonid) und Montelukast (Singulair) behandelt. Montelukast (Singulair) hat sich besonders bewährt bei infektgetriggerten Bronchitiden, so wie bei Ihrem Sohn. Wenn Montelukast nach 6-8 Wochen keinen Unterschied im Vergleich zu vorher zeigt, sollte es abgesetzt werden. Die antientzündliche Dauer-Inhalation erfolgt mit Kortikosteroiden, sie kann feucht (mit Budesonid, z.B. Pulmicort oder Fluticason, z.B. Flutide) erfolgen oder mit Dosieraerosol, später Trockeninhalat). Dieses ist bei Ihrem Sohn der Fall. Das Sanasthmax enthält Beclomethason, das mögliche Wachstumsverzögerung bewirken kann, es gibt wenig Sicherheitsdaten, wir bevorzugen das Budesonid und Fluticason, diese beiden Medikamente haben eine gute Datenlage bzgl. Langzeitnebenwirkungen. Wichtig beim Kortison: Danach trinken lassen (altersentsprechend Zähne-putzen) damit kein Pilzwachstum entstehen kann. Leider weiss ich nicht, wie alt Ihr Sohn ist, und wie geschickt er beim Inhalieren ist. Feuchtinhalation (s.o.) eignet sich gut beim Infekt oder bei hart-näckiger Bronchitis, so, wie Sie es bei Ihrem Sohn beschreiben. Aus diesem Grund hat Ihr Kinderarzt sich für die Feuchtinhalation entschieden. Klappt die Inhalation mit Maske und Atemhilfe bei Säuglingen und Klein-kindern, mit Mundstück +/- Atemhilfe beim Kind gut, entscheidet man sich für inhalatives Kortison- Dosieraerosol. Fluticason mite enthält 50µg /Sprühstoss. Bekommt Ihr Sohn dieses morgens und abends? Die Dosis kann je nach Alter, auf 100µg morgens und abends angehoben werden. Der Dosis Budes nach ist Ihr Sohn Vorschul- oder Schulkind, wenn sich der Zustand unter 2 x 1 Hub Budes 0,2 im nächsten halben bis Jahr stabilisiert, wird Ihr Kinder-pneumologe die Dosis entsprechend reduzieren. Wenn sich die Inhalations-technik markant bessert, und Sie ihm darüber berichten, wird er es ent-sprechend eher tun. Sollte es trotz korrigierter und verbesserter Inhalationstechnik zu Hause weiter Probleme geben, empfiehlt sich eine stationäre Abklärung einschliesslich Therapiekontrolle und Optimierung. Eine Bronchoskopie kann hierbei im Rahmen der Diagnostik sinnvoll sein. Ich wünsche Ihnen zu Ihrer Herzlichkeit viel Kraft, Konsequenz und konstante Geduld. Dr. GG.


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