Frage: Frühgeborenenanämie

Sehr geehrter Prof. Dr.Jorch, ich habe am 29.12.2010 meine Tochter in der 31+2 SSW entbunden. Sie wurde am 07.02.2011 mit der Diagnose "Frühgeborenenanämie" und einem HB von 7,8 entlassen. Zur Therapie erhält sie seither Ferro sanol Tropfen 30mg (Dosierung 3-0-4). Am Wochenende bekam sie nun eine heftige Erkältung, in der Kinderambulanz wurde zu meinem Erschrecken festgestellt, das der HB noch weiter auf nun 6,1 gefallen ist.Ich habe davon nichts bemerkt, sie sah rosig aus und hat an diesem Tag so gut getrunken wie noch nie.Sie erhielt daraufhin eine Bluttransfusion.Heute lag der Wert wieder bei 12,3. Weiter soll sie Ferrosanol 5-0-5 erhalten. Nun meine Fragen: 1) Ab welchem HB-Wert wird es für ein Baby gefährlich? Kann man eine fortschreitende Anämie bemerken, gibt es Anzeichen? Welche Auswirkungen kann ein so niedriger Hb auf ein Baby haben? Ich habe Angst, das ich dieses wieder nicht bemerken könnte. 2) Ich habe seit der Klinikentlassug bei meiner Tochter in den Trinkpausen und auch manchmal einfach so, ein starkes "Hecheln" bemerkt. Im KH habe ich nun am Monitor geseheh das die Atemfrequenz dann auf bis zu 130 ansteigt. Auch die Herzfrequenz war mit 170/180 (teils auch in Ruhe) recht hoch.Kann dieses durch die Anämie bedingt sein? Oder handelt es sich hier wie beim "Drücken" um eine "frühchentypische Eigenheit"? 3) Wie schnell verfallen die Blutkörperchen die sie durch die Transfusion erhalten hat wieder? Kann sie in den nächsten Tagen wieder eine Anämie bekommen? 4) Wann sollte der HB wieder vom Kinderarzt kontrolliert werden? Ich bedanke mich im Voraus herzlich für die Beantwortung meiner Fragen. Ich bin schon lange "Stille Mitleserin" im Forum und habe davon schon oft profitiert. Viele Grüße Jamila79

von Jamila79 am 23.02.2011, 12:48



Antwort auf: Frühgeborenenanämie

Zu 1) Die Antwort auf Ihre Frage wird auch unter Spezialisten sehr kontrovers diskutiert. In den letzen Jahren ist man immer zurückhaltender mit Transfusionen geworden, weil man 1. erkannt hat, dass die Kinder doch mehr Anämie vertragen als man früher gedacht hat und 2. jede Transfusion natürlich das blutbildende Kochenmark zusätzlich hemmt. Bei einem Hb-Wert von < 6 g/dl plus Symptomen würden wir aber auch transfundieren, weil wir wir die Risiken (mangelndes Gedeihen, verminderte Widerstandsfähigkeit bei Krankheit) etwas höher einschätzen würden als die Risiken der Transfusion (Hemmung des Knochenmarks, Infektionsrisiko) . Außerdem hat eine Transfusion den Vorteil, dass man Eisen (in den übertragenden roten Blutkörperchen) direkt ins Blut transfundiert. Bei Gabe als Tropfen wird dieses ja leider häufig nicht gut aufgenommen. Zu 2) Die von Ihnen beschrieben Auffälligkeiten bei der Atmung und der Herzfrequenz können, müssen aber nicht zwingend mit der Anämie zusammenhängen. Wenn diese Zeichen jetzt nach Transfusion nicht mehr auftreten, haben Sie im Nachhinein einen Hinweis auf einen Zusammenhang. Zu 3) Eigene im Knochemark gebildete rote Blutkörperchen haben eine Lebenszeit von 3 Monaten, transfundierte in der Regel deutlich weniger. In ihrem Falle sollte aber eine einmalige Transfusion ausreichen. Wenn nicht, würde ich zunächst eine vertiefte hämatologische Diagnostik machen, weil auch Frühchen natürlich eine (seltene) Erkrankung der Blutkörperchen haben können. Zu 4) Frühestens nach 4 Wochen.

von Prof. Dr. med. Gerhard Jorch am 26.02.2011