Lena1707
Hallo Frau Windisch, wir machen uns derzeit große Sorgen um unseren 2,5-jährigen Sohn. Achtung der Text wird länger. In der Krippe, die er seit September 2023 besucht, wurde uns nahegelegt, das Hörvermögen, auditive Wahrnehmung und Verarbeitung sowie sein Sprachverständnis genauer zu beobachten, da diese Bereiche möglicherweise nicht altersgerecht entwickelt scheinen. Auch seine Handlungsplanung wirkt teilweise eingeschränkt, und sein Verhalten fällt auf, wie z. B. das starke Imitieren anderer Kinder, insbesondere seines besten Freundes. Uns ist dies auch zu Hause aufgefallen – jede Bewegung, jeder Luftsprung, jedes Geräusch seines Freundes wird von ihm teilweise nachgemacht. Sein Richtungshören erscheint lt. Kita auffällig, er scheint Geräusche schwer zuordnen zu können. Laut einer Heilpädagogin (Gruppenleiterin) liegt sehr sicher eine Teilleistungsstörung (wenn nicht sogar noch mehr) vor. Die Erzieherin hat mir große Sorgen bereitet, indem sie meinte, dass das fehlende Sprachverständnis auch mit seinen kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen könnte. Puh, das war für mich ein ziemlicher Schlag. Es wurden Beispiele genannt: In der Krippe sollten die Kinder anhand eines Geräusches – z. B. von einer Gitarre – das passende Instrument identifizieren, nachdem sie dieses zuvor gesehen hatten. Mein Sohn konnte dies wohl nicht, zumindest nicht zuverlässig. Auch bei Handlungsabfolgen, wie „Holt bitte erst eure Becher, dann sammelt ihr die Instrumente ein“, zeigte er Unsicherheiten und wirkte überfordert. Was ich hierzu unbedingt ergänzen möchte: mein Sohn hat seit Langem mit Ohrenproblemen zu kämpfen (gefühlt immer gerötete Ohren), darunter vergrößerte Polypen und Paukenergüsse, die vermutlich schon seit April 2024 bestehen und aktuell auf beiden Ohren vorhanden sind. Für Mai ist eine Operation geplant. Derzeit hört er wieder sehr schlecht und muss oft nachfragen, was gesagt wurde. Eine kurzfristige Besserung war während einer Kortison-Spray-Kur spürbar, die jedoch vor der Operation abgesetzt wurde. Zu Hause ist sein Sprachverständnis aus meiner Sicht besser bzw. gut und er spricht viel, auch in Sätzen mit 3 bis 5 Wörtern. Allerdings klingt seine Sprache manchmal auswendig gelernt, als würde er sie/Phrasen abrufen, was jedoch immer zum Kontext passt. Es gibt auch Momente, in denen er Aussagen von uns direkt wiederholt, als müsste er diese erst verarbeiten. Gleichzeitig formuliert er durchaus eigene Sätze. Er setzt auch immer mehr das Wort „ich“. Auffällig ist, dass er selten „W-Fragen“ stellt und bei neuen Dingen meist nur fragt: „Das hier?“, ab und zu kommt aber schon mal „was ist das“ oder „wo ist…?“. Auf einfache W fragen kann er aber immer sicher antworten. Er hat außerdem ein wahnsinniges Gedächtnis, er kann sich Dinge und Situationen merken, die vor zig Monaten passiert sind. Trotz dieser diversen Auffälligkeiten gibt es viele positive Aspekte: Mein Sohn zählt bis 20, unterscheidet zwischen Einzahl und Mehrzahl, kennt die Grundfarben und ordnet sie korrekt zu. Er spielt leidenschaftlich gern Fußball, wirft und fängt Bälle sicher, und er liebt Bilderbücher, in denen er zahlreiche Dinge benennen kann. Obwohl er selten puzzelt, knetet er gern und experimentiert mit Schleim. Er ist motorisch geschickt, fuhr bereits mit 1 Jahr Laufrad und lernt mittlerweile auch das Fahrradfahren, das klappt auch erstaunlich gut. Also ich finde er „kapiert“ recht schnell. Aber ich bin auch die Mama… Er ist jedoch weniger kreativ im freien Spiel und beschäftigt sich nur selten allein. Gelegentlich kümmert er sich um Kuscheltiere, wickelt sie oder „repariert“ mit einem Schraubenzieher Schränke. Er liebt Wasser und Feuerwehrspiele. Seine kreativen Momente wirken manchmal eingeschränkt, was ich darauf zurückführe, dass er unser erstes Kind ist und nie lernen musste, sich allein zu beschäftigen. Ich habe bereits vieles unternommen und zahlreiche Fachkräfte konsultiert: drei Kinderärzte, darunter einen renommierten Professor, Ergotherapeuten, eine Logopädin, unseren langjährigen Physiotherapeuten sowie zwei HNO-Ärzte und eine Pädaudiologin. Allesamt versicherten mir, dass mein Sohn gesund sei. Aufgrund der Ohrenprobleme konnten bei der Pädaudiologin bisher nur eingeschränkte Tests durchgeführt werden, was wir nach der Operation nachholen möchten. Trotzdem plagt mich die Sorge, etwas zu übersehen oder in meiner Wahrnehmung „betriebsblind“ zu sein. Ich möchte, die Beobachtungen der Kita nicht abtun und nehme sie sehr ernst. Die Heilpädagogin sagte mir, dass gerade das Sprachverständnis von Eltern nicht richtig eingeschätzt wird und gerade Mütter häufig etwas übersehen. Besonders belastend ist es, dass das Verhalten von ihm so unterschiedlich interpretiert wird. In der Krippe ist er teilweise das Opfer und wird gebissen oder gehauen, während er zu Hause manchmal selbst grob zu anderen Kindern ist. Meine Unsicherheit, ob die Hörprobleme allein verantwortlich sind oder ob möglicherweise doch eine Beeinträchtigung z.b. eine geistige Behinderung vorliegt, setzt mir sehr zu. Die Heilpädagogin hat ihn regelrecht als „besonderes Kind“ beschrieben, was mich nicht nur verunsichert, sondern auch tief belastet. Er hat sich nach meinem Gefühl und auch laut den U-Untersuchungen insgesamt normal entwickelt: Mit 5 Monaten drehte er sich, mit 7,5 Monaten robbte er, mit 9,5 Monaten saß er sicher, und mit 13 Monaten lief er. Die ersten Worte wie „Mama“, „Papa“ und „da“ kamen zeitgerecht, und vor seinem zweiten Geburtstag formulierte er schon erste einfache Sätze. Er ist ein fröhlicher, wilder und liebevoller Junge, der uns als Eltern stolz macht. Die gegenwärtige Ungewissheit fällt mir schwer. Ich will nur das Beste für mein Kind, doch fühle mich von widersprüchlichen Meinungen und Diagnosen regelrecht zerrissen. Morgen steht ein weiterer Kinderarzttermin an, und Unterlagen für das SPZ haben wir vorbereitet. Es bleibt die Frage, ob es sich um vorübergehende Auffälligkeiten handelt oder ob wir tatsächlich genauer hinschauen müssen. was meinen sie? liebe Grüße
Hallo, vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Da dieser Fall aber doch recht komplex scheint und Sie auch schon die Meinung div.Fachkräfte bezogen haben, bleibt mir hier vorerst nur, dass Sie zur Abklärung bereits auf genau dem richtigen Weg sind und alles mögliche tun, um ihr Kind zu unterstützen. Warten Sie zunächst geduldig den OP Termin für die Polypen ab, denn durch eine Veränderung dieser Problematik kann sich das Sprachproblem danach von ganz allein verbessern und auch aufgeholt werden. Auch beim SPZ sind sie genau beim richtigen Ansprechpartner und bei einem Kind welches in diesem Alter schon bis 20 zählen kann, gehen wir jetzt erstmal nicht von einer geistigen Beeinträchtigung aus ;) Die sprachliche Entwicklung und das Reaktionsvermögen können zu Hause durchaus besser sein, weil nicht so viele ablenkende Umgebungsfaktoren die Hörleistung beeinträchtigen, wie es in der Krippe der Fall ist. Unterstützend für die sprachliche Entwicklung immer gut sind zusammen Bücher anschauen und dazu erzählen, sowie Vorsingen und gemeinsames Singen. Atmen Sie tief durch, genießen ihr Kind, wie es ist und warten eine Veränderung durch die Polypen-OP ab, in einem halben Jahr können Sie dann in der Krippe nochmals nach einer aktuellen Beurteilung der bisher auffälligen Punkte fragen. Alles Gute, Kristin Windisch