Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Wildes Kind

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Wildes Kind

Juli7263747

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Liebe Frau Henkes, Unser mittleres Kind, ein 5-jähriger Junge, ist sehr wild und macht unser Familienleben oft anstrengend. Er weiss nicht wann er aufhören sollte, fasst alles an und untersucht es (manchmal bis es kaputt ist), nervt die grosse Schwester (7) und den kleinen Bruder (2). Er macht ihnen Sachen kaputt, die sie gebaut haben, nimmt dem Kleinen Sachen weg, tritt und schubst. Auch Erwachsenen gegenüber ist er oft wild und kaum zu bändigen, was zB für die Grosseltern super anstrengend ist. Sie wünschen sich, dass er genauso ruhig wie die grosse Schwester wäre (was er aber niemals sein wird, er hat eine ganz andere Persönlichkeit). Am schlimmsten ist es, wenn Besuch da ist, oder wenn die Grosse Freunde da hat - er will natürlich gerne mitspielen, aber wenn er sich so verhält wollen die Grossen ihn natürlich nicht dabei haben. Er hört auch nicht auf, wenn wir Eltern etwas sagen. Den Papa bringt er regelmässig zum schreien und schimpfen (was die anderen zwei Kinder nie schaffen). Am Ende nutzt auch das nichts. Kurze Ansprache und Ankündigungen von Konsequenzen (die ich dann auch durchziehe) hilft auch nicht. Vielleicht sind es die falschen Konsequenzen? Was sind denn Beispiele für gute Konsequenzen? Was hilft ist ihn komplett aus der Situation zu nehmen, zB in einem anderen Zimmer ein Buch mit ihm lesen. Aber das ist auch nicht immer möglich. Auf der anderen Seite kooperiert er oft auch toll wenn ich morgens die Jungs in Kindergarten bzw Krippe bringe und der Kleine trotzig und superanstrengend ist. Dann ist der Mittlere verständnisvoll, steckt zurück, macht sich komplett selbst fertig.  Haben Sie uns Tipps wie wir die Situation mit diesem tollen, wilden, anstrengenden Kind besser in den Griff bekommen können?


Ingrid Henkes

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Guten Tag, als Mittelkind hat Ihr Sohn es nicht leicht. Der Platz der Ältesten ist besetzt. Hinter ihm kommt ein Kleinkind, das ebenfalls nicht mit ihm auf einer Stufe steht. Hier die eigene Position zu finden, kann für Mittelkinder schwierig sein, weil alle "attraktiven" Plätze bereits besetzt sind. Vermutlich befindet sich Ihr Sohn in Rivalität zu beiden Geschwistern. Die Schwester besetzt den begehrten Platz der Ältesten und beim kleinen Bruder könnte er befürchten, dass dieser ihm vorgezogen wird. Durch sein wildes und anstrengendes Verhalten sichert Ihr mittlerer Sohn sich Ihre Aufmerksamkeit. Sie können darauf achten, dass Ihr Sohn sich von Ihnen genügend gesehen fühlt. Es geht um sein Erleben, nicht darum, dass Sie das bisher zu wenig gemacht hätten. Betonen Sie möglichst positives Verhalten, bei dem er sich gesehen fühlt. Das kann ihm allmählich helfen, weniger Anlässe für negative Aufmerksamkeit zu schaffen. Sie merken ja, dass Ihr Sohn sich in der Einzelsituation beruhigt, wenn er die Aufmerksamkeit der Eltern bekommt. Möglicherweise kann Ihr Sohn sich auch einen Freund zum Spielen einladen, wenn die Schwester Besuch hat. Damit wäre eine Ausgrenzung vom Spiel der anderen vermieden. Die Großeltern sollten Ihren Sohn akzeptieren und gernhaben, so wie er ist. Vielleicht könnten sie ihn mal alleine nehmen. Schreien und Schimpfen kann bei Ihrem Sohn nicht hilfreich sein, denn ich vermute, dass er wegen seiner schwierigen Geschwisterposition unter starkem inneren Druck steht. Das kann er alleine noch nicht regulieren, weil er nicht weiß, woher sein Unbehagen kommt. Sprechen Sie behutsam mit ihm darüber und versichern Sie ihm, dass Sie wissen, dasss es oft schwierig für ihn ist, nicht zu den Großen und nicht zu den Kleinen zu gehören. Dann kann er sich von Ihnen verstanden fühlen. Mit Ihrer Hilfe kann er lernen, seine eigenen Stärken zu erkennen und dadurch mehr Selbstwertgefühl zu gewinnen. Vielleicht kann der Vater öfter etwas mit ihm alleine unternehmen. Das hilft bei der männlichen Identifizierung mit dem Vater und dabei könnten Wildheit und Mut eingesetzt werden. Wildheit ist ja nicht ausschließlich eine negative Eigenschaft. Ich denke nicht, dass Sie falsche Konsequenzen aussprechen. Eine Konsequenz soll ein Kind sanktionieren, damit ihm sein Fehlverhalten bewusst wird. Ihr Sohn weiß das, er kann sein Verhalten jedoch noch nicht umstellen.  Ich wünsche ihnen alles Gute. Ingrid Henkes  


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