Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Bub (8) dauernd beleidigt

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Bub (8) dauernd beleidigt

Schnecki2014

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Liebe Frau Henkes! Ich habe neben einer fast 11jährigen Tochter 8jährige Zwillingsbuben. Sie sind gut in der Schule, gehen in dieselbe Klasse, spielen beide im selben Verein Fußball und dieser Sport bestimmt im wesentlichen ihr Leben, nichts ist wichtiger. Sie sind beste Freund, können sich natürlich aber auch streiten dass die Fetzen fliegen und prügeln sich viel, manchmal im Spaß, manchmal so, dass sie sich wirklich weh tun. Einer der beiden fühlt sich dauernd missverstanden, ist schnell beleidigt und hat oft das Gefühl, er kommt zu kurz. Jede noch so kleine Kritik ist eine persönliche schwere Beleidigung, hört man ihm nicht gleich zu, ist er beleidigt, bekommt eines seiner Geschwister etwas vor ihm, wird er immer benachteiligt. Er schreit und weint schnell und viel, weinen ist überhaupt seine bevorzugte Reaktion auf negative Erlebnisse, egal welcher Art. Er braucht sehr viel Körperkontakt, schmusen, kitzeln, streicheln. Ich bin mir nicht sicher, ob es einfach eine Entwicklungssache ist (ich war als Kind auch schnell beleidigt und habe heute noch schnell das Gefühl, jemand tritt mir zu  nahe) oder ob ich etwas übersehe. Ich habe schon alle mögliche Reaktionen durch, von sofort Beschwichtigen zu völligem Ignorieren. Es macht keinen Unterschied. Heute in der Früh habe ich zu ihm gesagt, es ist noch zu früh, um in die Schule zu gehen, daraufhin hat er mich angeschrien, dass er gehen kann, wenn er will, und ist einfach gegangen ohne sich zu verabschieden, obwohl ich ihm noch nach bin. Das hat mir schon zu denken gegeben. Haben Sie irgendeinen Rat für mich? Seine Reaktionen erscheinen mir oft unangemessen und er hat überhaupt keinen Sinn für Ironie oder Spaß, wenn es zu seinen Lasten geht. Vielen Dank, Schnecki


Ingrid Henkes

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Guten Tag, das Verhalten Ihres Sohnes könnte zum einen ein Ausdruck seines Charakters sein. Es kann jedoch auch mit der Geschwisterkonstellation zu tun haben, in der er sich benachteiligt fühlt oder den anderen ihre Position neidet. Beleidigt sein bedeutet in der Regel, dass man andere für seinen Ärger, Kummer o.a. verantwortlich macht. Damit entlastet man sich selbst und muss keine Verantwortung für sich übernehmen. Das anschließende Weinen dient dazu, die Reaktion des Gegenübers abzumildern. Wer schon weint, muss nicht mit Kritik rechnen. Nun beginnt bei Ihrem achtjährigen Sohn erst allmählich die Phase, in der er mehr Verantwortung für sich übernehmen kann und sollte. Sie können das Thema jedoch in entspannten Situationen bereits mit ihm ansprechen. Vermitteln Sie ihm behutsam, dass es seine Entscheidung ist, beleidigt zu reagieren. Sie behandeln ihn ja nicht anders als die Geschwister. Fragen Sie ihn: "Was könnte denn der Grund sein, warum du immer benachteiligt wirst?" Dann können Sie möglicherweise herausfinden, was er fühlt und ihm auf der Realitätsebene vermitteln, dass das ausschließlich seine eingeengte Wahrnehmung ist. Wenn Sie so vorgehen, müssen Sie sein Verhalten nicht ignorieren. Beschwichtigen müssen Sie Ihren Sohn ohnehin nicht. Über den heutigen Vorfall sollten Sie mit Ihrem Sohn ein klärendes Gespräch führen. Achtjährige bestimmen nicht, wann sie das Haus verlassen. Das entscheiden die Eltern. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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