Frage im Expertenforum Babypflege an Katrin Simon:

Nachtrag zum Thema Verwöhnen

Katrin Simon

 Katrin Simon
Kinderkrankenschwester, Pflege- und Heilpädagogin

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Frage: Nachtrag zum Thema Verwöhnen

grummelhummel3-kiwu doppelteFrg

Hallo Kathrin, Ich hatte am 19.6. gefragt, wie man ab dem 6. Lebensmonat des Babys mit dem Thema Verwöhnen umgeht. Wo beginnt verwöhnen, was ist "zu viel" Bedürfniserfüllung? Warum sollte man sich in diesem Alter anders den Babys gegenüber Verhalten? Du hattest nach Details und Beispielen gefragt, die haben ich dann mal versucht aufzuführen. Vielleicht magst du ja deine Sichtweise dazu schreiben? Liebe Grüße! :-)


Katrin Simon

Katrin Simon

Liebe Grummelhummel, bitte entschuldige die Verzögerung der Antwort. Aber jetzt bin ich ganz für Dich da :). Erziehung als solches ist ein sehr sehr weit gefächerter Begriff, der unterschiedlichste Ansätze und Umsetzungen anbietet. Es gibt Mischformen von Theorien, es gibt sehr klare Umsetzungen von pädagogischen Modellen usw.. Aber eines ist klar: wir als Eltern reagieren zunächst und auch später erst einmal intuitiv und bedürfnisorientiert. Diese Reaktion ist wichtig und essentiell, um sich als Eltern mit seinem Baby überhaupt verstehen zu können und zu beobachten, wie man aufeinander reagiert. Wo bestehen Grenzen, was kann mein Baby/ ich "aushalten". Welcher Typ Eltern sind wir überhaupt und was möchte mein Kind. Viele Eltern haben ganz klare Vorstellungen vor der Geburt ihres Babys, wie was zu laufen hat. Wenn das Baby aber erst einmal da ist und sich in seiner Persönlichkeit präsentiert, müssen sich ( zwangsläufig) auch so einige Ideale an das Leben mit einem Baby verändern. Manchmal irritierend für den ein oder anderen ;). Die bedürfnisorientierte Zuwendung für sein Kind, hört nie auf. Wir als Eltern wollen nämlich immer das Beste für unser Kind. Da der Beginn insb. der Mutter/Kind- Beziehung einen symbiotischen Charakter hat, stehen elterliche und kindliche Bedürfnisse i.d.R. in einer Balance. Das eine bedingt das andere. Geht es dem Kind gut, geht es der Mutter/ den Eltern gut. Diese gefühlte und auch gelebte "Regel" kann man auf alle Lebensbereiche anwenden. D.h. Es ist im Grunde permanent so, dass wir schauen, wie wir die Balance halten, damit kindliche und elterliche Bedürfnisse im Gleichklang sind. Damit dies geschehen kann, braucht es u.a. Rituale, Regeln, eine eigene Haltung und die Gewissheit um die Grenzen und Ressourcen, die das Kind hat. Und- ganz wichtig: es spielt immer auch die eigene Biographie in den Umgang/ die Erziehung mit seinem Kind hinein. Oftmals spiegeln sich Situationen aus der eigenen Kindheit wieder, die man fast vergessen hat. An dieser Stelle sollte man sich sensibilisieren, wenn man u.U. Erlebnisse hatte, die man keinesfalls weitergeben möchte. Eine Auseinandersetzung mit dem WARUM solcher erzieherischen Maßnahmen oder Verhalten der eigenen Eltern kann dabei helfen, dass es keinen Wiederholungseffekt bei den eigenen Kindern gibt. Erziehung geschieht also bereits vom ersten Tag im Miteinander an. Nur, dass sie sich immer wieder verändert und an das Leben, das Kennenlernen und die sich in der Entwicklung veränderten Bedürfnisse anpasst. Schaut man sich Eure Autobahnsituation an und dies u.U. mit einem älteren Kind, welches sich artikulieren kann und anstelle des Weinens gesagt hätte: " Mama mir ist schlecht, ich muss mich übergeben... jetzt sofort!" und dies in den Etappen wie ihr auch angehalten habt, wäre es ganz klar gewesen, dass ein Stop gemacht wird. Denn- die Interaktion mit dem Kind ist einfacher und kann besser nachvollzogen werden. Ein Säugling kann eben diese Sprache noch nicht sprechen und zeigt sie durch sein Weinen. Und Deine Intuition hat Dir gezeigt, dass irgendetwas nicht richtig ist und Du anhalten musstest- also auf der Ebene gehandelt hast, die Du als richtig eingeschätzt hast. Gleichzeitig spürst Du in Dir die Verunsicherung, ob Du hättest weiterfahren können... ein neues Ausloten von Grenzen. Leider! gibt es kein Patentrezept. Manchmal ist es notwendig eine Stresssitution zügig durchzuziehen, um dann schneller den Trost zu spenden. Dies ist dann richtig, wenn es keine Alternative gibt. Später beim Zahnarzt, beim Impfen, ggf. in einer Trennungssituation etc. Wichtig ist der Trost im Anschluss und die Tatsache, dass Dein Baby spürt, dass es in diesem Moment das richtige ist. Erziehung fängt eben nicht mit genau dem sechsten LM an... Erziehung passt sich der Entwicklung des Kindes in seelisch, emotionaler, motorischer und kognitiver Hinsicht an. Es gibt sehr gute Literatur zur Bindung/ Erziehung zwischen Eltern/Kind: SAFE von Prof. Brisch und Erziehung mit Gelassenheit von Christiane Kutik Liebe Grüße von Katrin :)


grummelhummel3-kiwu doppelteFrg

Wow! VIELEN Dank für diese tolle und lange Antwort! Wirklich!


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