EAA20
Liebe Frau Simon, vielleicht können Sie mir ein paar Denkanstöße geben. Es geht darum, dass ich unglaubliche Gewissensbisse habe, wenn ich meine Tochter durch andere Personen betreuen lasse. Meine kleine ist 1 Jahr alt, ich habe 2 Jahre Elternzeit genommen. Mein Mann ist zwar täglich arbeiten, hilft mir aber auch sehr bei den alltäglichen Aufgaben. Ich liebe unsere Tochter über alles! Aber ich bin eben viel zuhause, im Vergleich zu vorher und habe täglich einen sehr ähnlichen Ablauf. Was sicherlich auch durch corona bedingt ist/war. Wir haben noch einen Hund, ein großen Garten und ein Haus, was natürlich auch Arbeit bedeutet. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich habe mir alles so ausgesucht und bin glücklich mit meinem Leben! Das steht gar nicht zur Debatte. Aber manchmal wünsche ich mir eine kleine Auszeit und wenn es nur ein paar Stündchen sind. Zum lesen, baden, fernsehen, schlafen etc. Meine Schwiegermutter bietet sich da gern an. Sie wohnt nur 5 km entfernt und hat ein sehr positives Verhältnis zu meiner Tochter seit Geburt. Meine kleine Tochter ist gern bei Oma. Allerdings kommen mir schon die Tränen, wenn ich nur daran denke meine Tochter "abzugeben". Ich weiß, dass es objektiv total gut ist, wenn ich mir eine Auszeit nehme und meine kleine Tochter andere feste Bezugspersonen hat. Warum fällt es so schwer? Schließlich wird sie in einem Jahr in den Kindergarten kommen, wie soll es denn dann erst werden mit meinen Gedanken? Ich habe das Gefühl, ich lasse sie im Stich oder schiebe sie ab. Mein Mann versteht es auch nicht, er freut sich, wenn Oma mal aufpasst. Meine Tochter ist ein fröhliches und lebendiges, gesundes Kind. Manchmal froh, manchmal den ganzen Tag schlecht drauf und quengelig. Also ein ganz normales Kind. Es gibt Tage, da bin ich sehr erschöpft. Warum kann ich nicht einfach sagen: So, Mama braucht eine kleine Pause, umso besser und entspannter kann ich mich dann später wieder um sie kümmern? Den Fokus auf mich lenken möchte ich insgeheim sehr, halte mich dann aber für egoistisch. Zudem macht es mir auch ein schlechtes Gewissen, da meine Mutter etwa 45 Autominuten entfernt wohnt und die kleine nicht mal eben spontan sehen kann, zumal sie keinen Führerschein hat. Klar, wir sehen uns auch regelmäßig. Aber auch da zerbreche ich mir den Kopf, dass ich meine Schwiegermutter, meiner eigenen Mutter vorziehen könnte. Vielleicht spielt das bei meinen Hemmungen auch eine Rolle? Es muss ja schließlich in Waage bleiben, wie oft die Omas die kleine Maus sehen. Sie merken, ich mache mich ziemlich verrückt, wegen Sachen, die eigentlich nur Vorteile haben. Liebe und kümmernde Omas. Ich danke Ihnen wirklich sehr für Ihre Mühen!
Liebe EAA20 Vielen Dank für Ihren Beitrag, der vermutlich ganz vielen Müttern/ Frauen aus dem Herzen spricht. Sie spüren eine Ambivalenz in sich, die ganz neue Gefühle in Ihnen weckt und mit denen Sie u.U. in Vorbereitung und Erwartung auf die Elternschaft niemals gedacht hätte, dass Sie diese Gefühle und/oder Entscheidungen erwarten würden. Und ich verstehe Sie keinesfalls falsch :))! Mutter zu sein ist nicht gleichwohl mit einer "Selbstaufgabe" verbunden. Muttersein ist das Austarieren und Erfüllen von vielen Rollen... und das Finden von Balance seine Bedürfnisse vielleicht ganz neu zu entdecken und sie zu erfüllen. So ist man hier und da von sich selbst bereits irritiert, wenn man in sich ein ganz anderes Verlangen spürt, als man es vor dem Muttersein jemals von sich geglaubt hätte. Sich auch dieses einzugestehen, dass es zu einer Veränderung in sich selbst gekommen ist, plus der Herausforderung in den verschiedenen Rollen, braucht Zeit. Auch die hormonelle Beeinflussung ist nicht zu unterschätzen. Und- die Pandemiebedingungen und - entwicklungen zeigen auch ihre Wirkung. Fazit: Sie dürfen sich frei machen von Ansprüchen an sich selbst :). Ich weiß, es ist viel einfacher gesagt, als getan.... Was Sie aber tun dürfen: einfach auszuprobieren :). Werden Sie kreativ und hören in sich hinein. Vielleicht hilft der Vergleich zu Ihrem Kind. Ihr Baby weint und Sie möchten ihm etwas Gutes tun. Sie wissen, dass das Saugen beruhigt und bieten ihm Schnuller A an. Den spuckt es aus.. Also suchen Sie Variante B usw. So lange, bis Sie die richtige Schnullerform, das passende Material usw. gefunden haben und Ihr Baby das Saugen mag und den Nuckel gerne annimmt. Vielleicht kann Ihnen der Übergang zu ein bisschen Me-time ( Freiraum) erleichtert werden, wenn Ihre Schwiegermutter SIE daheim besucht und mit Ihrem Kind ein wenig in Ihrer Nähe spazieren geht. Oder Sie verabreden sich auf einen Stadtbummel o.ä. und es entlastet Sie, wenn Ihre Mutter/ Schwiegermutter Ihr Baby beaufsichtigt, während Sie ein wenig ungestört stöbern dürfen... usw. Diese kleinen Brücken können vielleicht der Beginn zu ausgedehnteren Betreuungen sein. Was Ihre Mutter betrifft: packen Sie alles für eine Übernachtung ein und fahren gemeinsam zu Ihrer Mutter. Sie und Ihr Baby. So kommen Sie ein wenig heraus aus der Routine, sind mit Ihrem Baby bei Ihrer Mutter und können schauen und ausloten, wo es für Sie Moment der Entlastung geben kann :). Wir sind alle mobil zu erreichen und können jederzeit reagieren. Großmütter haben Ihre Art mit einem Baby umzugehen. Es sind die Omas :). Sie geben ihren Enkelkindern oft genau das und mit ganz viel Liebe und Geduld, was sie sich oft gewünscht hätten, ihren eigenen Kindern gegeben zu haben und was vllt. aus Unwissenheit und/oder Zeitmangel nicht gelungen ist. Was ich damit sagen möchte ist: Ihr Baby ist in ganz viel Geborgenheit und Sicherheit aufgehoben! Sie entscheiden und geben die Schritte, egal wie klein sie sind, vor :)! Was denken und fühlen Sie dabei? Lassen Sie sich Zeit! Sie sind und bleiben eine wunderbare, sichere und liebevolle Mutter für Ihr Kind !!! Niemand anderes kann Sie ersetzen! Bis bald und liebe Grüße von Katrin
EAA20
Ich möchte noch ergänzen, dass ich immer denke, dass ich die einzige bin, die mein Kind richtig versteht und eben auch entsprechend richtig reagiert, wenn meine Tochter etwas braucht. Ich habe den Anspruch, dass ich als Mama alles alleine schaffen muss. Ich freue mich auf Mamazeit, habe ich sie, fühle ich mich schnell einsam. Das kann ja kein Dauerzustand werden. Schließlich will ich nicht eine "klammernde Glucke" werden. Danke