Ist mein Sohn (3) verhaltensauffällig?!

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Ist mein Sohn (3) verhaltensauffällig?!

Mein Sohn, im Juni drei geworden, war schon immer ein mobiles und aktives Kind. Er konnte mit 9 Monaten Laufen, mit 12 Monaten Roller fahren, ist am liebsten bei Wind und Wetter draußen. Er wird seit seinem ersten Lebensjahr durch eine Tagesmutter fremdbetreut(anfänglich 3mal die Woche, ab dem 2ten Lebensjahr täglich) und geht jetzt im August in den Kindergarten. Er ist sehr sensibel, hat seit je her Probleme mit Veränderungen und zeigt Fremden gegenüber Argwohn und Zurückhaltung. Seit Mai diesen Jahres ist er großer Bruder einer Schwester. Nun zum eigentlichen Problem Unser Sohn zeigt Verhaltensweisen die mich verunsichern und mich zudem ratlos machen, weil ich nicht darauf zu reagieren weiß. Ein Beispiel: er wird gerade trocken und macht sein großes Geschäft auf der Toilette. Er verkündet stolz seinen Erfolg, ich lobe ihn und spreche aus, wie stolz ich auf ihn bin und er, vor mir stehend, beißt mir völlig unvermittelt in den Unterleib. Ich war total schockiert und fragte ihn, warum er mich gebissen hat. Eine Antwort blieb aus, er ging einfach an mir vorbei und zum Alltag über. Ich Rede viel mit ihm und erkläre anstatt einfach nur ein Verbot auszusprechen. Natürlich auch darüber, dass er nicht beißen darf und dass mir das weh tat etc. Er entschuldigt sich später zwar, aber oft bleibt das Gefühl zurück, dass er nicht wirklich zuhört, wenn ich mit ihm Rede. Er hat eine blühende Phantasie und verbringt seinen Tag fast ausschließlich mit Rollenspielen. Er hat auch tolles Spielzeug , wie Legos, Bausteine, Sachen zum Kreativ sein, die interessieren ihn aber nicht. Er zieht lieber das Kabel des Staubsaugers raus, wickelt sich darin ein und "seilt" sich irgendwo ab. Dafür springt er dann beispielsweise vom Tisch oder der Couch. Ich finde es ganz prima, wenn er so phantasievoll ist,aber die ist Grenzen- und leider auch Maßlos. Er erkennt keine Gefahr und lässt ein Eingreifen meinerseits nicht zu. Sage ich ihm, dass es gefährlich ist, an Armen und Füßen umwickelt vom Tisch auf den Holzboden zu springen, wiederholt er es promt. Ich muss ihn fast unter Zwang aus dieser Situation heraus holen. Im Schwimmbad schmeißt er einen Sonnenschirmständer ins gut besuchte Babybecken und setzt sich darauf. Seine Erklärung: es sei ein Rettungsboot und er könne nicht schwimmen. Er akzeptiert absolut kein "NEIN", will mit dem Kopf durch die Wand. Im Falle des Schwimmbadbesuchs rennt er plötzlich weg und war nicht mehr gesehen. Wir stellen fest, dass es seit der Geburt seiner Schwester schlimmer geworden ist. Verbiete Ich ihm etwas, springt er bewusst an dem Ort Auf und Ab oder dreht sich unkontrolliert im Kreis, an dem seine 10 Wochen alte Schwester liegt. Um ein letztes Beispiel zu nennen: er räumt täglich mehrfach sämtliche Sofakissen ab und schichtet sie übereinander. Er, Waldarbeiter, kommt mit einem Stock, um den Holzhaufen zu zersägen, etwas zu bauen, etc. Nun sitze ich aber in den Kissen, um seine Schwester zu stillen und sage ihm, dass er das Kissen nicht jetzt sondern später haben darf. Darauf schrillt er wie eine Alarmanlage los und spielt "Polizeiauto", unmittelbar neben mir so dass die Kleine vor Schreck heult und ans Stillen nicht mehr zu denken ist. Wir fördern ihn, wo wir können. Lassen uns auf seine Spielweise ein und unterstützen seine phantasievolle Art des Spielens, wir kommen seinem Bewegubgsdrang nach, sind tagsüber fast ausschließlich draußen und dennoch wirkt er oft rastlos/ruhelos mit sich unzufrieden und unausgeglichen. Besuche bei der Osteopathin blieben erfolglos. Ich habe das Gefühl, dass ich nicht zu ihm durchdringe, dass seine geschaffene Phantasiewelt eine Flucht ist und ich nicht erkenne wovor. Er wirkt selbst in Situationen in denen unsere Aufmerksamkeit nur ihm gehört, unzufrieden und ich frag mich, warum das so ist. Oftmals, völlig unvermittelt mitten im Spiel sagt er: "Mama (Papa) nicht mehr mein Freund". Oder: "Mama (Papa) ist blöd, geh weg". Ist sein Verhalten "normal oder wäre beispielsweise ein Besuch beim Kinderpsychologen ratsam?

von SabblmitHerz am 30.07.2018, 21:43



Antwort auf: Ist mein Sohn (3) verhaltensauffällig?!

Liebe SabblmitHerz, Ihr Sohn scheint mit zu viel Input überfordert. Dazu gehören beispielsweise auch die vielen Spielsachen. Viele Kinder vertragen diese Fülle, manche nicht. Sie suchen sich, genau wie Ihr Sohn, Beschäftigung mit Alltagsgegenständen, Ästen, Steinen usw.. Er möchte selbst kreativ sein und nicht, dass seine Kreativität durch Lego und Co. vorgegeben wird. Genauso das um Aufmerksamkeit buhlen, wenn das Geschwisterchen gestillt werden muss. Er weiß, dass Mama dann keine Zeit für ihn hat und weiß auch, wie er Unruhe stiften kann. Weiterhin möchte Ihr Sohn Ihre Reaktion testen. Wie konsequent handeln Sie, wenn Sie ihm verbieten, vom Sofa zu springen. Wie oft kann er es ausreizen, bevor Sie tatsächlich handeln? Verbannen Sie gerne ein wenig Spielzeug aus dem Kinderzimmer Ihres Sohnes. Lassen Sie ihn selbst sein Spielzeug (Äste, Deckel ...) finden. Während des Stillens bieten Sie Ihrem Sohn an, ihm etwas vorzulesen. Vielleicht mag er sich neben Sie setzen und kann entspannt zuhören und Sie entspannt stillen?! Springt er vom Sofa etc. gibt es ein deutliches Nein. Reagiert Ihr Sohn nicht und klettert wieder rauf, dann gibt es für mehrere Minuten den Ausschluss aus dem Wohnzimmer o.ä.. Damit Ihr Sohn die Ernsthaftigkeit Ihres Neins erkennt, sollten Sie sofort handeln und nicht nur mit einem Nein bitten, damit aufzuhören. Ihr Sohn scheint nicht verhaltensauffällig zu sein. Er ist ein normaler Dreijähriger mit eigenem Willen, eigener Kreativität und großem Bewegungsdrang. Kommen Sie dem gerne nach und gehen viel mit ihm nach draußen, wo er sich ordentlich auspowern kann. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 02.08.2018