Erdbeere81
Unser Sohn ist 11 und wir haben seit Oktober 2019 die Diagnose "Umschrieben Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen/Dyspraxie" Ich habe jetzt über eine Elterngruppe eine Familie kennen gelernt, deren Sohn auch 11 ist und auch seit 1 Jahr die Diagnose hat. Sie hat mir erzählt, dass sie seit November Pflegestufe 3 bekommen haben. Ihr Sohn hat noch Asthma und muss oft zu Fachärzten, dass ist natürlich auch von großer Bedeutung. Unser Sohn hat noch zusätzlich Neurodermitis und darüber halt einen Mehraufwand. 11 Jahre lang dachte ich, unser Sohn sei einfach jemand der viel jammert, ich eine zu betüddelnde Mutter, etwas mehr Anstrengung von unserer Seite und vom Kind und er kann aufholen und es wird alles gut. Wir wurden auch von Pontius nach Pilatus bezüglich der Ärzte und Diagnosesuchen geschickt. Jetzt müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass es eine unheilbare Behinderung ist. In der 4 Klasse konnte er sich noch keine Socken anziehen, er kann bis heute keine Schnürsenkel binden (nur kleine Beispiele), Hilfsmittel für die Schule sind beantragt, weil er nicht mehr mit der Hand schreiben kann. Sein ganzer Körper ist betroffen (auch Hypotonie) aber am stärksten Hand und Fingermotorik. Und ich grübbel nun auch. Sollen wir auch einen Antrag stellen? Die andere Mutter erzählte, ein wichtiger Punkt wäre, dass unsere Kinder viel Anleitung benötigen. Eine Aspekt der Dyspraxie ist auch die fehlende Handlungsplanung. Sie hat allerdings nur diesen Sohn als Einzelkind, wir haben noch 2 weitere Kinder. Sie steht wirklich neben ihm, wenn er duscht und erinnert an die einzelnen Schritte und hilft beim Haarewaschen. Ich frage vorher ab, dass ihm klar ist wie er duschen muss und zuerst das Shampoo nutzen soll. Manchmal wenn er es nachher zu sehen ist, dass er es vergessen hat, schicke ich ihn nochmal duschen und manchmal wenn es stressig ist oder er genervt, dann lass ich ihn und er schicke ihn dann am nächsten Tag nochmal. Wenn die Haare richtig schlimm sind, dann wasche ich sie ihm über dem Waschbecken. Noch ohne Pubertät stinkt er nicht so schnell, die Haare trägt er recht kurz. Die andere Mutter zieht auch Socken an. Ich habe jetzt so weite, weiche Bambussocken im Internet gefunden, die kann er anziehen. Sieht manchmal sehr seltsam aus und man sieht dass sie zu groß sind, sind über die Hose gezogen, falsch herum usw. aber sie drücken nicht und sind für ihn angenehm. Ich schicke ihn jetzt nur oft vor den Spiegel bevor er das Haus verlässt, damit er sehen kann worauf es ankommt. Das klappt ganz gut und er fühlt sich nicht so kontrolliert. Damit habe ich mir schon einen Punkt von der Liste genommen. Deshalb denke ich manchmal, lieber keine Pflegestufe beantragen sondern noch kreativer überlegen, wie wir die Probleme austricksen können. Aber diese Anleitung, Kontrolle und Hilfe bei den Planungen (wir machen mit ihm vorab Tages und Wochenpläne die er abhaken kann) die wird noch lange bleiben. Und wenn das Kind es mitbekommt, dass es eine Pflegestufe hat. Was macht das erst mit dem Kind? Ich habe Sorge, dass er sich hängen lässt. Abgesehen vom Geld, hilft eine Pflegstufe damit die Krankenkasse leichter Hilfsmittel gewährt? Wir rechnen damit, dass er ein Auto nur mit Sonderhilfen wird fahren können.
Hey, Ich würde dringend den pflegegrad beantragen, auch wenn ihr euch arrangiert habt, es steht euch zu. Wie hoch der pflegegrad sein wird, bestimmt natürlich die Pflegekasse (gehört zu eurer Krankenkasse). Ich kenne nun deinen Sohn nicht persönlich, aber ich glaube, es ist auch ein Prozess, sich selbst anzunehmen, auch mit Pflegegrad und der -Bedürftigkeit. Er wird ja so oder so merken und irgendwann auch begreifen, dass er nicht wie die anderen Kinder zeitgemäß entwickelt ist. Trotzdem ist man ja ein wertvoller und liebenswerter Mensch, auch mit Behinderung. Und zur Identitätsfindung gehört es eben auch dazu, seine Behinderung zu akzeptieren und ich glaube sogar, dass dein Sohn damit gar keine Probleme hat. Vllt liegt das Problem da eher bei euch? Schämt ihr euch, macht ihr euch Sorgen? Darüber würde ich mal nachdenken. Ich meine das nicht böse. Wie ihr den Alltag gestaltet ist ja eure Sache, da würde ich mich mit der anderen Mutter auch nicht vergleichen. Der medizinische Dienst der Krankenkasse (MDK) hat einen allgemeinen Fragenkatalog, der in verschiedene Module unterteilt ist und dieser wird dann ausgefüllt, auf Grundlage der vorliegenden Diagnosen und deiner Schilderungen (hier immer schön defizitär berichten, schau noch mal was andere Kinder in dem Alter können; mach dir eine Liste, mit allen alltäglich wiederkehrenden Tätigkeiten und erwähne nur die, bei denen er Hilfe braucht). https://www.pflege-durch-angehoerige.de/pflegegrade-pflegeleistungen/mdk-fehler-vermeiden/ https://drweiglundpartner.de/pflegegrad-fuer-ihr-kind/
Unser Sohn ist noch etwas jünger, wird jetzt 7 Jahre alt. Er hat seit etwa 1,5 Jahren einen Pflegegrad (PG2). Motorisch gesehen könnte er alles machen, in der Realität halten ihn aber diverse Dinge (und sei es "nur" die gerade nicht vorhandene Aufmerksamkeit) davon ab, so dass wir einfach ständig hinterher sein müssen. Er ist da deutlich "pflegeintensiver" als die 2 Jahre jüngere Schwester gewesen und das ist ja das worauf es ankommt: "Mehraufwand zu gleichaltrigen", unabhängig von irgendwelchen Diagnosen.
Wir haben damals einen online-Pflegegrad Rechner speziell für Kinder (da einige Punkte erst ab einem gewissen Alter zählen) ausgefüllt und geguckt, wo wir da landen würden.
Da wir dabei auf PG3 kamen, schickten wir den Antrag los.
Der Mann vom MDK, der daraufhin zu uns kam, war sehr nett, hat sich ne Weile mit uns unterhalten und einige Fragen gestellt. Anschließend hat er sich noch kurz mit unserem Sohn unterhalten. Mehr war unser Sohn da gar nicht involviert, aber er war wie gesagt auch noch jünger und hat da auch überhaupt keine Fragen gestellt, wie es bei älteren Kindern ist, weiß ich natürlich nicht.
Ich denke aber, dass man einen Pflegegrad dem Kind auch positiv verkaufen kann. Wir haben uns jetzt beispielsweise über die Lebenshilfe einen Babysitter besorgt (das läuft über die Verhinderungspflege oder den Entlastungsbeitrag, das verwechsel ich immer
), der kommt jetzt jeden Samstag und macht mit unserem Sohn Ausflüge und unter der Woche kommt er auch mal, wenn wir mal etwas Unterstützung gebrauchen können. Sohnemann freut sich immer wie Bolle, wenn es heißt, dass X kommt, um ihn zum Spielen abzuholen :-)
Das Pflegegeld entlastet unser Konto natürlich auch etwas, so dass wir jetzt öfter mal spontane Ausflüge ins "Spaßbad" machen konnten oder einfach mal in den Freizeitpark fuhren.
Wir hatten uns auch schon überlegt Sohnemann in einen Kurs zu stecken, da haben wir aber noch nichts gefunden, was ihn anspricht. :-)
Zu den Hilfsmitteln kann ich nichts sagen, da wir noch nichts beantragt haben, aber ich denke ein Pflegegrad schadet da sicher nicht.
Such dir in deiner Nähe über das Internet eine Pflegestützpunkt und vereinbare ein Termin bei Ihnen. Die beraten eine sehr gut in solchen Sachen.
Hallo, du beschreibst gerade meinen Sohn. Alles klappt nur mit Anleitung, muss überprüft werden und neues mühsam gelernt werden. Er hat Pflegegrad 3, SBA 80% GB und ist 12 Jahre alt. Wir haben den Pflegegrad aber schon seit 7 Jahren, weil schon früh klar war, daß mit ihm irgendetwas ist. Leider hat es 5 Jahre bis zur Diagnose gedauert. Ich denke auch oft, daß so ein Pflegegrad nicht nötig ist und finanziell haben es andere nötiger als wir. Aber im Vergleich zu seinem drei Jahre jüngeren Bruder ist er erheblicher Mehraufwand. Das Geld habe ich lange für spezielle Anschaffungen für ihn benutzt (Windeln, anderes Fahrrad, Übungsmaterial für die Schule). Momentan nutze ich es, für seine speziellen Lebensmittel und eine Extraausflug, wo meine anderen Kinder dann auch mal entschädigt werden. Da du ja automatisch schon alles machst, was er speziell braucht, fällt dir der Mehraufwand nicht auf. Aber rechne mal die Zeit, die du täglich mit solchen Dingen verbringst. Therapiezeiten werden auch dazugerechnet, bzw. Fahrzeiten. LG moon*
Du, das Problem ist doch nicht die Pflegestufe, sondern die Behinderung. Mit der muss das Kind ja klarkommen, bzw Ihr . Nicht mit einem Pflegegrad. Mit 11 merkt er doch, dass er "anders" ist wie Gleichaltrige.
Ich würde es beantragen. Und keine große Sache draus machen. Ihm erklären, dass er eben mehr Anleitung und Hilfe braucht und dafür von Dir/Euch mehr Zeit genommen wird. Das wird mit dem Antrag im Termin besprochen und geprüft, und wenn Herr x/Frau y das auch so sehen, gibt's für Mama/Papa Hilfe, zb im Haushalt oder wo immer, damit sie mehr Zeit fürs Kind haben. Ist doch völlig legitim
und ja, es steht Euch auch zu. Und wenn Ihr das Pflegegeld später in die Ausbildung/Studium steckt... Oder in das Auto. Ob mit dem Pflegegrad ein behindertengerechtes Auto umgesetzt werden kann, weiß ich nicht. Treppenlifte und Badumbau werden mit (bis zu?) 4.000,- bezuschusst.
Aber Du, er ist erst 11. Bis 18 ist auf jeden Fall noch 2 x Begutachtung, wer weiß, ob ein evtl gewährter Pflegegrad bis dahin noch besteht.
Viele Grüße ohno
Es sind praktische und nachdenkliche Hilfen drin. Vielen Dank. Es prasselt so auf einen ein. Die Uniklinik hat eine begleitende Psychotherapie empfohlen, damit er sein Selbstwertgefühl stärken kann. Die Mitschüler reagieren nicht alle positiv auf den Nachteilausgleich der Schule. Bei einem Erstgespräch beim Psychotherapeuten war ich heute. Da meinte, ich soll mich auf ADHS testen lassen, dass würde in der Mutter-Kind-Beziehung helfen. Aus der Elterninitiative habe ich jetzt eine Pflegeberatung gefunden, sie kommt erstmal dann sehen wir weiter.