Elternforum Rund um die Erziehung

"Das Kind will es so...." (Vorsicht Überlänge!)

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Moin, mir geht einfach diese Kindzentrierung nicht aus dem Kopf. Das Kind wird hier zum Entscheider gemacht. Mir fällt H. Grönemeyers musikalische Forderung nach "Kinder an die Macht" ein. In was für einer Welt würden wir dann leben? Wäre sie förderlich, fördernd für die Entwicklung des Einzelnen und folglich ein Beitrag für die Gesellschaft? Ich bezweifle. Und zwar nicht aus dem Bauch heraus, sondern aufgrund von Argumenten. [Argument (lat. argumentum) heißt ein Gedanke dessen Wahrheit geprüft und durch die Praxis bewiesen ist und der deshalb zur Begründung der Wahrheit oder der Falschheit eines anderen Satzes angeführt werden kann.] Betrachten wir die Entwicklung des Kindes und die offensichtlichen primären Bedürnisse. Ein menschliches Wesen unterscheidet sich zu Beginn nicht von einem Tier. Gelenkt von Instinkten geht es ihm in erster Linie ums Überleben. Wobei auch die emotionale Nahrung als existentiell wichtig bezeichnet werden muss. (vgl. hierzu die zweifelhafte Studie Friedrichs II und seinem Versuch, mittels schweigender Ammen zu beweisen, dass Kinder auch ohne unser Zutun Sprache erwerben. Alle Kinder starben aufgrund mangelnder (verbaler) Zuwendung). Der Mensch, ein instinkt- und bedürfnisgesteuertes Wesen wird vom Prinzip der Lust geleitet. Von Vernunft können wir genau so wenig sprechen wie von Planung. Denn Planung ist die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns. Und dieses setzt Erfahrungen voraus, die in Alternativen Zukunftsmustern ihren Ausdruck finden. Da aber dem Kind die in Alternativen manifestierten Erfahrungen fehlen, können wir auch noch nicht von umfassendem Planen sprechen. Ansonsten könnten wir dem schreienden Kind nicht die mangelnde Fähigkeit zum Bösesein unterstellen. Denn auch das Kind kann böse sein! Andernfalls gehen wir von einem durch und durch guten Menschenbild aus - aber auch das ist nicht neu; vgl. Rousseau. Und über den Begriff der Vernunft haben sich schon jahrhundertelang die Philosophen und mittlerweile auch die Neurobiologen den Kopf zerbrochen. Gemeinhin unterscheidet man zwischen der umgangssprachlichen Vernunft, die Fähigkeit zu denken, die bei Kindern ohne irgendein Aber nicht bezweifelt werden kann - in dieser Hinsicht denken Kinder selbstverständlich. In der Philosophie (und auch Neurobiologie) wird Vernunft definiert als: "..(nous, logos, dianoia, intellectus, ratio, raison, reason) ist im allgemeinsten Sinne des Wortes so viel wie Geist (s. d.), Intelligenz (s. d.), Denkprinzip gegenüber der Sinnlichkeit (s. d.). Im engeren Sinne wird Vernunft vom Verstande (s. d.) unterschieden als höhere Geistesfähigkeit. In diesem Sinne ist Vernunft die Einheit und Kraft alles besonnenen, zielbewußten Denkens und Wollens, die auf Zusammenhang und abschließende Einheit des Wissens und Handelns (theoretische - praktische Vernunft) abzielende (auf das »Unbedingte« gehende) Geistestätigkeit, Geistesdisposition." Verstehe ich es falsch? Die Veranlagung zur Vernunft ist gegeben, aber die Ausübung, sozusagen die Initiierung basiert auf Erfahrungen und exogenen Einflüssen? Ich sehe damit nicht im Kind ein Mängelwesen à la Plessner, sondern einen gleichwürdigen Menschen, der noch seine Erfahrungen machen muss und den ich auf diesem Weg unterstütze, aber ohne mich selbst aufzugeben! Neuere Untersuchungen zu dem Themenkomplex Vernunft und biologische Determiniertheit legen folgenden Schluss nahe: "Weder im Verlauf der Evolution noch in irgendeinem Individuum haben sich die Strategien der menschlichen Vernunft unabhängig vom bestimmenden Einfluss der biologischen Regulationsmechanismen entwickelt, zu deren Ausdrucksformen Gefühl und Empfindung wesentlich gehören. Die Vernunftstrategien, die sich in den Entwicklungsjahren ausgebildet haben, sind stets gefühlsgesteuert, so dass man sagen kann: Emotionen ermöglichen und steuern die Informationsverarbeitung im Gehirn und somit die Verhaltenserzeugung (vgl. Damasio 1998, S. 12)." Wenn also ein Kind in erster Linie bedürfnis- und lustgesteuert ist und ich diesem Prinzip diene (ich unterscheide hier bewusst zwischen Kind und Lust-/ Bedürfnisprinzip), dann verwehre ich meinem Kind einen gesamten Teilbereich der Gefühle, nämlich jene der Frustration, der Enttäuschung und der Wut. Indes, wenn ich jedoch möchte, dass mein Kind auch mit diesem "Negativum" der Gefühlswelt umgehen lernt, dann muss ich doch auch die "moralische Legitimation" haben, adäquat handeln zu können?! So, ich hoffe, @roma, die Warnung vor Überlänge fand in den Zeilen ihre Entsprechung. Ungefähre Wiedergabe aus Jesper Juuls Buch: Was Familien trägt" Seien Sie ihrem Kind ein Sparringspartner. So viel trainierenden Widerstand wie nötig - so wenig Schaden wie irgend möglich. In diesem Sinne AyLe


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Hallo! Habe mir jetzt nicht alles durchgelesen, aber zu dem Zitat von dir: Ich denke wirklich, dass wenn Kinder sozusagen die Welt regieren (vom Charakter her) könnten, oder erwachsene Menschen wie Kinder denken würden die Welt sehr herzlich wäre. Denn Kinder sind im Gegensatz zu vielen Erwachsenen nicht - geldgierig - heuchlerisch - machtbesessen - berechnend,..... Kinder denken mit dem Herzen und nicht mit dem Geldbörsel wie so viele Erwachsene Menschen, Politiker und überhaupt Leute die das Sagen in der Welt haben, Kriege führen und Macht besitzen. Liebe Grüße Traude


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doch ich kenne Kinder die geldgierig (Spielsachengierig), machtbesessen, egozentrisch und berechnend sind ! Dazu wurden sie aber von den Eltern unbewußt erzogen bzw. geprägt. Grüßle


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Hallo! Gut, gibt es sicher auch, ich kann nur von meinem Sohn sprechen und er ist ein sehr herzliches süßes Kind. Und diesen Kinder die du meinst, wird der Charakter wie du schon sagst von "Erwachsenen" anerzogen, aber angeboren sind jedem Kind eigentlich nur gute Eigenschaften und dass meinte ich :-) Liebe Grüße Traude


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nämlich das Thema: ist Spielzeuggier angeboren oder anerzogen oder ergibt sie sich aus äußeren, unabänderlichen Umständen (beispielsweise durch die GEburt eines Geschwisterleins). Tatsächlich ist mein Großer ebenfalls Spielzeuggierig und der Kleine in der Reaktion natürlich auch - nur ist der Kleine absolut und ausschließlich scharf auf den Spielsachenbesitz des Großen ;-) Ich weiß nicht, woran es liegt, kann aber auch auf dem Spielpaltz oftmals beobachten, dass die Kinder "ihre" Eimerchen u.ä. eiskalt verteidigen und dabei zu wahrhaftigen Hyänen mutieren .. sozusagen. Oder mit Tränen in den Augen zur Mama des schaufelentwendenden Bürschleins kommen. Oh je, Dramatik pur. Ich weiß echt nicht, woran diese Gier liegt, in Einzelkind und von daher nicht so materiell fixiert (musste ja nie was teilen). Mein Mann hingegen hat's mit "Seinen" Sachen (er hat viele Geschwister), die er schon als Kind mit eiskältesten Blicken seinen größeren Brüdern gegenüber verteidigt hat *schmunzel* Vielleicht liegt's wirklich am Geschwisterdasein. Oder in den Genen. Vielleicht weiß es ja jemand. LG JAcky


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Hallo! Ich denke, dass jedes Kind sein eigenes Spielzeug haben sollte (und wenn es nur 3 Teile sind), das ihnen gehört und das sie nicht teilen müssen, mit niemanden. Aber ich glaube dass das jetzt nicht unbedingt "Gier" ist, sonder Eigentumsverteidigung:-) Was ich meinte ist z.B. diese Unbefangenheit die Kinder haben. Sie spielen miteinander, egal welche Hautfarbe, egal wie jemand aussieht. Sie spielen weil sie Kinder sind und nicht weil jemand mehr oder weniger Geld hat, oder jemand hübscher ist wie der andere oder schönere Klamotten hat. Sie spielen, weil sie von der ganze Geldgier und Machtbesessenheit nichts wissen und nur ihren Instinkten folgen - das meinte ich. Ich gehe jetzt vom Büro nach Hause, melde mich später wieder. Liebe Grüße


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durch Eltern, Freunde, Umfeld. Zur Schulzeit wenn schon jemand ausgelacht wird, ist das meistens deshalb, weil dass Kind es so gelernt hat. Wenn die Eltern sich über z.B. dicke Menschen lustig machen (was oft der Fall ist), was soll das Kind dann lernen??? Es folgt dem schlechten Verhalten leider. Gerade deshalb sollten Erwachsene denken bevor sie sprechen besonders wenn Kinder dabei sind! Liebe Grüße PS: Jetzt geh ich wirklich vom Büro heim *freu*


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"Wenn also ein Kind in erster Linie bedürfnis- und lustgesteuert ist und ich diesem Prinzip diene (ich unterscheide hier bewusst zwischen Kind und Lust-/ Bedürfnisprinzip), dann verwehre ich meinem Kind einen gesamten Teilbereich der Gefühle, nämlich jene der Frustration, der Enttäuschung und der Wut. Indes, wenn ich jedoch möchte, dass mein Kind auch mit diesem "Negativum" der Gefühlswelt umgehen lernt, dann muss ich doch auch die "moralische Legitimation" haben, adäquat handeln zu können?!" Wie handeln? KÜNSTLICH Frust erzeugen, um das Kind damit zu konfrontieren? Oder es ganz "normal" in seinem sozialen Umfeld aufwachsen zu lassen, in Interaktion mit seinen sozialen Bezugspersonen? Frust, Enttäuschung, Wut, Hilflosigkeit begegnen einem kleinen Kind an jeder Ecke, besonders dann, wenn es in der Trotzphase ist und so oft an sich selbst und den äußeren Umständen scheitert. Muß ich ihm da wirklich noch zusätzlich Knüppel zwischen die Beine werfen, damit der Frustpegel auch ja schön oben bleibt? Desweiteren "diene" ich weder meinem kind noch irgendwelchen Prinzipien. Wir LEBEN in einer sozialen Gemeinschaft (Familie), in die jedes Mitglied seine Gefühle/Bedürfnisse/Grenzen/Interessen einbringt. Damit muß sich auch der Kleine jeden Tag auseinandersetzen. Auch wenn bei uns vieles lockerer sein mag als bei "klassisch" erziehenden Eltern, KONFLIKT- und FRUSTFREI läuft es deswegen nicht. Beispiel: Sohn Nr.1 geht ins Kino. Sohn Nr.2 will auch mit. Keine Chance, erstens ist der Film ab sechzehn, zweitens haben zwei Sechzehnjährige garantiert keinen Bock auf einen Vierjährigen und drittens würde ich denen die Verantwortung auch nicht um den Hals hängen. Das ergebnis ist ein äußerst frustrierter Vierjähriger, der immer noch in seinem Zimmer hockt und heult, Stein und Bein schwört, dass er seinen "Arschlochbruder" nie wieder mit dem Arsch angucken wird und sowieso NIE NIE WIEDER aus seinem Zimmer rauskommt. Schließlich läuft ja auch noch "Mr. Bean macht Ferien" und da käme er ja rein. Wollten die Jungs aber nicht... *g* Und sein Abendessen braucht er auch nicht, er wird auch nie nie wieder was essen. Erfahrungsgemäß kommt der Hunger so kurz nach neun. ;) Ich wage zu behaupten, dass gerade Sohn Nr.2 schon oft an seine Grenzen (und die anderer) gestoßen ist und schon ne Menge Frust und Wut wegstecken mußte. Auch ohne entsprechende Erziehungsmaßnahmen. LG Trinity


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Sorry, aber wenn ich den Eindruck erweckt habe, eine künstliche Situation sozusagen zu Trainingszwecken herbeiführen zu wollen, dann bin ich mit meiner Formulierung voll am Ziel vorbei gegangen. Es geht um die alltäglichen Anlässe, zu denen Kinder Frustriert, wütend oder sonstwie enttäuscht sein können. Wenn behauptet wird, Eltern sollten jede nur erdenkliche Vorsorge treffen, diese Situationen nicht aufkommen zu lassen, frage ich mich, ob das förderlich für die Entwicklung des Kindes sein kann. Man räume alles weg, erspare jedes Nein, ermögliche die vollkommene Erfüllung der Bedürfnisse, verfolge die Lustbefriedigung mit dem optimalen Einsatz.... Wie auch bei unserem letzten "Gespräch" vermag ich abschließend nur zu sagen, dass zu einem Miteinander auch das Nein gehört und zwar das erklärte, aber nicht das gerechtfertigte - jedenfalls noch nicht. Die Diskussion ist hinreichend, der Dialog aber notwendig! LG, AyLe


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"Wenn behauptet wird, Eltern sollten jede nur erdenkliche Vorsorge treffen, diese Situationen nicht aufkommen zu lassen, frage ich mich, ob das förderlich für die Entwicklung des Kindes sein kann." DAS sage ich sicher nicht. Ich wüßte auch nicht, wie das möglich sein sollte. *g* Denn dazu müßte man ja auch eine Art "künstliche" Umgebung schaffen, in der JEDER Konflikt im Vorfeld ausgeräumt wird. "Man räume alles weg, erspare jedes Nein, ermögliche die vollkommene Erfüllung der Bedürfnisse, verfolge die Lustbefriedigung mit dem optimalen Einsatz...." Das wiederum sehe ich differenzierter. Ich räume alles weg, was es nicht in die Finger kriegen soll, so lange mein Kind von seiner Entwicklung her eh keine Chance hat, mit einem "nein" entsprechend umzugehen. Weil ihm dazu noch die kognitiven und emotionalen Fähigkeiten fehlen. GRENZEN, an die es stößt und FRUST, der damit ausgelöst wird, gibts ja trotzdem. Alleine schon dann, wenns mit dem, was es selbst tun will, nicht klappt. War bei uns Frustfalle Nr.1 *g* Dazu muß ich es nicht auch noch in Versuchung führen, wenn ich doch weiß, dass es dieser Versuchung gar nicht wiederstehen KANN, weil ihm die dazu benötigte Selbstbeherrschung fehlt. Damit schaffe ich eine "künstliche" Konfliktsituation zu "Trainings". bzw. "Erziehungszwecken". "Man räume alles weg, erspare jedes Nein, ermögliche die vollkommene Erfüllung der Bedürfnisse, verfolge die Lustbefriedigung mit dem optimalen Einsatz...." Die vollkommene Befriedigung aller Bedürfnisse (nicht WÜNSCHE) ist für einen Säugling enorm wichtig. Er kann es ja nicht selbst tun und ist darauf angewiesen, dass seine Bezugspersonen entsprechend zuverlässig reagieren. Die Fähigkeit, Bedürfnisse aufzuschieben, hat ja auch wieder was mit der kognitiven und emotionalen Entwicklung zu tun. Ein Trotzkind kann das eher nicht. Aber in dem Maße, indem sich diese Fähigkeiten (Empathie, Rücksichtnahme) entwickeln, wird es auch verstehen, dass andere Menschen auch Bedürfnisse haben und man das irgendwie unter einen Hut kriegen lässt. So einen "Aha"-Effekt hatten wir, als Sohni so mit dreieinhalb eines Abends sagte: " "Du mußt aber nicht extra für mich noch Nudeln kaufen gehen, Mama. Ich ess dann eben die Kartoffeln." Zwar mit deutlich angewiedertem Gesichtsausdruck aber ganz offensichtlich in dem Bemühen, mir entgegenzukommen. Vorher brach regelmäßig die Welt zusammen, wenns Kartoffeln gab und wir keine Nudeln mehr im Haus hatten. Er mag keine Kartoffeln. *g* Tatsächlich läutete das so allmählich das Ende der Trotzphase ein. Den einen oder anderen Ausraster haben wir zwar noch aber oft kann man erstaunlich konstruktiv mit ihm verhandeln. LG Trinity