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... hat das jemand gesehen? Ich meine die Sendung mit Precht und Welzer. Ich habe mir gestern die Aufzeichnung in der Mediathek ungefähr bis zur Hälfte angesehen, dann habe ich es nicht mehr geschafft weiterzugucken. Für alle, die es nicht gesehe haben und vielleicht doch sehen wollen: Es ging in der Sendung um ein von Precht und Welzer veröffentlichtes Buch mit dem Titel "Die vierte Gewalt", der Titel impliziert eigentlich schon den Subtext des Buches, eine These, der hier ja auch viele anhängen, genau deshalb wollte ich mir auch angucken, welche Argumente Precht und Welzer für die Grundthese ihres Buches liefern. Mit in der Diskussion saßen die beiden wunderbaren Politjournalisten Melanie Ammann vom Spiegel und Robin Alexander von der Welt, die sichtlich Mühe hatten mit ihren - vernünftigen - Argumenten gegen Prechts schmollmündigen Protest und Harald Welzers pseudosouveränes Händefalten anzukommen. In der Sendung saßen zwei meiner Wahrnehmung nach äußerst dünkelhafte - und meines Wissens selbsternannte - Intellektuelle, die ein Buch veröffentlich haben, von dem man den Eindruck bekam, sie hätten darin vor allem ihr eigenes Unverstandensein mal so richtig herausgerantet. Zahlen - Fehlanzeige. Analyse - Fehlanzeige. Auch wenn Herr Precht sehr oft gewichtig die Behauptung in den Mund genommen hat, sie seien von einer "soziokulturellen Analyse" ausgegangen. Ich habe Frau Ammann und Herrn Alexander wirklich für ihre Standhaftigkeit und gute Argumentation bewundert, ich hätte zwischendurch wahrscheinlich mal unwillkürlich lachen müssen, vor allem über Prechts Gesichtsausdrücke im Laufe de Sendung.
lanz gibt es hier nur wenn es ausversehen passiert:) , daher habe ich diese sendung verpasst. und eine meinung dazu hätte ich nur wenn ich es eben gesehen hätte. wie bei der wagenknecht auch behautet wurde man hätte sie abgebügelt mit argumenten( andersrum wars) , denke ich auch hier dass eben jede seite der meinungsmedaile hier erkennen will was eben erkannt werden möchte. inzwischen finde ich auch diskussionen darüber wer sich besser geschlagen hat als sinnlos, soll jeder für sich entscheiden wessen seite er vertritt, dies von mir aus auch noch äußern aber bitte anderen erwachsenen ihre erkenntnisse lassen und nicht nervig bohrend hinterfragen -danke
Ich habe gar nichts gegen verschiedene Seiten der Meinungsmedaille und höre es gerne, wenn sich Leute konträr, aber auf Augenhöhe unterhalten. Das gelingt bei Lanz nicht immer, aber das liegt in der Regel nicht an ihm selbst. Ich bin kein großer Fan seiner Gestik und dieser Art, wie er seine Stirn in Dackelfalten legt, um ernsthaftes Zuhören zu demonstrieren, aber er ist immer sehr gut vorbereitet und argumentativ absolut auf der Höhe seiner Gäste. Ich habe es auch schon länger nicht mehr erlebt, dass er jemandem unangenehm ins Wort gefallen wäre. Mich verstört eher, wenn seine Gäste so auf ihrem persönlichen Ego-Trip unterwegs sind, dass sie seinen Fragen und Einwänden nicht zuhören oder sie vollkommen falschherum verstehen - das ist zum Beispiel Merz neulich in der Sendung passiert. Und Precht war gestern auch sofort im (aggressiven) Verteidigungsmodus, der im Ausmaß nicht zu den Argumenten passte, die ihm die anderen entgegenbrachten. Eigentlich hat er sich selbst vorgeführt, dabei hätte das so eine spannende Diskussion werden können.
Lanz ist kein dummer, keiner der ohne Kalkül in eine show geht und sein Gehabe ist ja nun schon Pflicht... Und genau wegen des Pflichtbewusstseins steigt jeder in diese show ein mit seiner vorstrukturierten Ansicht zu den aktuellen Themen. ….kontrovers ist es daher immer und das ist nicht verkehrt:)
Entschuldige, aber ich verstehe nicht, was du meinst. Welches Kalkül? Welches Pflichtbewusstsein? Welche vorstrukturierte Ansicht zu den aktuellen Themen? Auf wen beziehst du das, auf die Teilnehmer oder die Zuschauer?
auf den lanz und das ist auch nicht zu leugnen. er ist auch nur ein instrument welches schön die gewünschte musik spielt. da du weißt worauf ich hinaus will, ist dazu nun alles gesagt von meiner seite. schönes langes woende dir :)
Pauline: Wie kannst du das beurteilen, wenn es Lanz bei dir nur gibt, wenn es aus Versehen passiert?
Genauer erklärt: lebe schon ein weilchen auf dieser Erde und kenne Lanz schon länger. In den letzten 2 Jahren habe ich ihn mir angewöhnt aber er war davor schon wie er eben auch jetzt ist. Mit Merz und Wagenknecht im Programm hatte auch ich ihn im Nachgang bewusst gesehen
ups abgewöhnt natürlich ;)
Das klingt sehr geheimnisvoll, verstanden habe ich es aber - vielleicht gerade deshalb? - immer noch nicht. Aber sei's drum.
Ich habe die Sendung auch nur bis zur Hälfte ertragen können, dann bin ich ins Bett gegangen. Ich konnte das Gerede von Precht und Welzer nicht mehr hören. In der Teilnehmerrunde sind wirklich extrem unterschiedliche Welten aufeinanderprallt, konträrer hätte es nicht sein können. Leider hat sich daraus kein Diskurs auf Augenhöhe entwickelt, sondern es war nur noch ein Anätzen seitens Precht und Welzer gegenüber vernünftigen Argumenten von Ammann und Alexander. Ich habe Precht früher eigentlich mal geschätzt, aber ihm scheint der Erfolg zu Kopf gestiegen zu sein und er hält sich für den Nabel der Welt. Geht gar nicht mehr. War ein gefundenes Fressen für Böhmermann gestern Abend.
Ha, dass Böhmermann das ausgeschlachtet hat, kann ich mir lebhaft vorstellen. Ich bin ihm früher auf Twitter gefolgt, aber er tweetet so viel, dass mir das Gebimmel irgendwann zu viel wurde. Ich hätte mir auch - und in Ansätzen kam das ja auch mal auf - eine inhaltliche Diskussion gewünscht. Zum Beispiel hat Ammann irgendwann gemeint, dass sie den beiden Recht gibt, dass man den Eindruck gewinnen kann, die Kommentare würden kein ganz ausgewogenes Meinungsspektrum abbilden. Darauf wurde aber irgendwie gar nicht eingegangen, Precht hatte sichtlich keinen guten Tag und war sofort im Defensivmodus. Dünkelhaft fand ich ihn schon lange, obwohl ich schon finde, dass er manchmal gute Argumente hat. Seit Corona und dem Ukraine-Krieg kommt es mir aber so vor, als würde er in den Pool der Medienpersonen abdriften, die sich unverstanden fühlen und darauf beleidigt reagieren (also der Pool, in dem Dieter Nuhr und teilweise auch Harald Martenstein schon länger sitzen). Das hatte ich von ihm eigentlich nicht erwartet.
Ich schaue (höre) es exakt jetzt nebenher (beim Putzen und Haushalt) und bin bei 1 Std 8 Minuten. Melanie Amann und Robin Alexander: Hut ab. Precht: schwierig. Welzer: ergreift für meinen Geschmack zu selten das Wort.
So. Ja, es ist ein dünner Grat... Journalisten wollen berichten, den scoop und zeitgleich schreiben sie eitel, um den Pulitzer Preis zu erlangen. Das Ego lebt. Der aufgeklärte Leser sollte erkennen, A) was er konsumiert und B) Fakten und Meinung unterscheiden können. Jeden Tag aufs neue eine Herausforderung. Darauf aufmerksam zu machen, kann den Machern helfen, sich auf ihre Aufgabe zu besinnen. Und den Leser, Unterhaltung nicht mit Informationen gleichzusetzen. Die tweets von R. Alexander bei den gescheiterten Koalitionsverhandlungen vor ein paar Jahren, und wie sie in selbige hineinwirkten - braucht kein Mensch. Da fand ich seine Auseinandersetzung damit sehr reflektiert, Fehler erkannt. Aber der shareholder will halt, dass man als erster die Meldung rausplärrt... Ob's das Buch jetzt gebracht hätte, ja mei... Die Sendung war nette nebenbei Berieselung. Aber nicht so sehenswert, wie "in den Medien" getan wurde. Lanz hat seinem Buddy Precht PR verschafft, zur Buchveröffentlichung. Gut gefallen hat mir, dass Alexander und Amann Prechts Thesen mit Beispielen widerlegen konnten. Und wie bitchy dieser darauf hin wurde... Popcorn!
Werde es mir in einer ruhigen Minute vielleicht mal ansehen, wahrscheinlich auch eher nebenbei.
Ja, die Bitchiness fand ich auch sehenswert, er war auch - eine Zeit lang hatte ich spaßeshalber den Ton aus - in seinem Habitus und seiner Gestik recht aggressiv gegenüber Frau Ammann, die argumentativ klar am längeren Hebel saß. Damit schien er nicht gut umgehen zu können. Lanz fand ich diesmal recht moderat. Aber es war schon schade, dass sich so gar keine richtige Diskussion auf Augenhöhe entsponnen hat, das würde ich schon am ehesten Herrn (P)Recht anlasten, der sehr schnell auf 180 war, weil er sich nicht für voll genommen fühlte. Für jemanden, der so mediengewandt ist wie er, fand ich das fast befremdlich.
Habe noch einen guten Kommentar dazu gefunden: https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/harald-welzer-und-richard-david-precht-mansplainen-bei-markus-lanz-100.html Prechts MHD scheint überschritten.
Danke! Ganz genauso, wie der Kommentator es beschreibt, habe ich es auch empfunden.
Ohne die übrigen Kommentare gerade gelesen zu haben:
Mein Mann fragte am Freitag, ob ich es noch gesehen hätte, weil ich mal wieder erst so ziemlich zu der Sendezeit so langsam klar zum zu-Bettgehen war und er schon früher gegangen war. Aber GENAU aus diesen Gründen, weil eben Precht und Welzer dabei saßen, hatte ich es mir erspart - die beiden zusätzlich zu Lanz (der übrigens aber inzwischen oft besser als sein Ruf ist,wenn auch noch nicht der perfekte Moderator ) waren mir dann zu später Stunde doch zuviel.
Mein Mann hatte dann am Freitag die ersten Kommentare gelesen und die bestätigten mir ja nur, daß ich nichts verpaßt hatte und es genauso war, wie ich mir vorhergesehen hatte.
Soviel männliche Selbstgefälligkeit auf einem Haufen halte ich nicht (mehr) gut aus, mit meiner übrigen Lebenszeit muß ich haushalten und gehe ich daher sparsam und umsichtig um
Daß die beiden anderen bodenständig und sachlich fundiert gegenhalten konnten und woltlen, bewundere ich, hatte ich auch nicht anders erwartet.
Früher habe ich deutlich mehr von Precht gehalten, heute hat er manchmal brauchbare Punkte und Hinweise, aber leider eine Art, die rüberzubringen, die mir einfach nicht behagt.
Je häufiger man Prechts Ergüsse hören muss, umso mehr merkt man, was man an Willemsen als echtem Denker hatte.
Ja, Roger Willemsen fehlt. Oder sitzt vielleicht mit seinem verschmitzten Grinsen auf seiner Wolke und schaut sich das Medienspektakel von oben an.
Ja, es ist wirklichschade, daß er so früh gehen mußte. Er fehlt!!! Er war messerscharf, auch und besonders in der Sprache - und das setzt eben klares Denken und Beherrschen der Sprache voraus. Sowas genieße ich, wenn es das mal gibt!! Und dann war Willemsen nicht so engebildet wie diese 2-3 Herren - auch den Podcast mit Precht und Lanz tue ich mir nicht an. Schade, wenn manchmal gute Ideen so untergehen in selbstgfälligem Gequatsche, das anderen keinen Raum gibt nud selten zeigt, daß jemand auch mal über die Argumente der anderen nachdenkt und sie einbezieht.
“In der Sendung saßen zwei meiner Wahrnehmung nach äußerst dünkelhafte - und meines Wissens selbsternannte - Intellektuelle,“
Welzer ist habilitierter Soziologe und Precht promovierter Germanist.
Was muss man denn nach deinen Kriterien biographisch nachzuweisen haben, um sich auch objektiv als Intellektuelle/r ausgeben zu dürfen?
Ich fand die Sendung durchaus interessant und nehme es Welzer und Precht sogar ab, dass sie eine ernsthafte Gefahr darin ausmachen, dass der Journalismus über die reine Berichterstattung hinaus, aktiv politische Prozesse mit beeinflusst.
Dass es für letztere geschützte Räume geben muss, in denen frei, hart und rein inhaltlich verhandelt werden kann, ist in unser aller Interesse.
Spätestens wenn aus Verhandlungen heraus, Politiker ausgewählten Journalisten direkt Informationen zukommen lassen, finde ich das auch problematisch.
"Intellektuelle" ist vielleicht wirklich unglücklich gewählt. Ich habe auch noch mal nachgedacht, warum ich das geschrieben habe, eigentlich beziehe ich mich dabei eher auf Precht als auf Welzer, weil sich Precht für meinen Geschmack den Anstrich eines modernen Universalgelehrten gibt. Welzer ist in der Hinsicht viel unauffälliger und auch längst nicht so dauerpräsent in den Medien. Aber "Intellektueller" ist meiner Auffassung nach auch nicht unbedingt, dass man ein Bildungssystem durchlaufen und darin promoviert hat, das ist schon auch ein Habitus, oder? Also dass man kenntnisreich, geschliffen, fundiert und inhaltlich logisch argumentieren kann. Genau das habe ich in der Sendung irgendwie vermisst. Wie gesagt, ich wollte die Sendung sehen, weil ich das Thema grundsätzlich interessant finde, ich kann es nämlich aus meiner eigenen Sicht nicht nachvollziehen, was aber unter Umständen daran liegt, dass ich mich mit meinen eigenen Sichtweisen weitgehend in diesem "Meinungskorridor" befinde, den Precht und Welzer ausgemacht haben wollten. Ich nehme es auch eher so wahr, dass die Presse- und Medienlandschaft insgesamt unter einem gewaltige Druck steht, gerade durch die sozialen Medien, populistische Politik und veränderte Nutzergewohnheiten und dass finanzieller Erfolg eher nicht mit investigativem Nischenjournalismus, sondern mit plakativer Meinungsmache zu erzielen ist. Nach meiner Wahrnehmung führt das eher zu einer sehr starken und konträren politischen Positionierung in der Presse, teilweise auch unter Stärkung der Rändern, vor allem im rechten politischen Spektrum, während sich im Fernsehen die Balance noch eher hält, was ich den öffentlich-rechtlichen Medien anrechne. Mein Verdacht während dieser Sendung war aber - weil Precht und Welzer auch nicht wirklich argumentiert haben, sondern vor allem Dinge behauptet und die Aussage des Buches wiederholt haben, statt sie inhaltlich auszuführen oder zu erklären, wie sie zu dieser Aussage kamen -, dass sich der Grundtenor des Buchs vor allem darauf beruht, dass die zwei zu den Kritikern von Waffenlieferungen an die Ukraine gehören und sie dadurch mit ihrer persönlichen Sicht aus dem vermeintlichen Meinungskorridor herausgefallen sind. Über den Inhalt des Buches habe ich in der Sendung übrigens gar nichts erfahren, vielleicht kam das aber auch später. Dass die Medien und/oder die Presse der Politik ein Narrativ vorgeben würden oder umgekehrt das Narrativ der Politik widerspruchslos übernehmen würden, finde ich als Aussage ohne Belege reichlich dürftig. Dass hier ein paar Leute das genauso sehen und dazu Beifall klatschen, ist auch klar, aber ich glaube nicht, dass es die Intention von Precht und Welzer gewesen ist, stumpfen "die Mainstream-Medien sind doch politisch gleichgeschaltet"-Parolen das Wort zu reden. Wenn doch, würde mich das sehr irritieren, denn da würde ich von einem Germanisten und einem Sozialpsychologen schon mehr Selbst- und Fremdreflexion erwarten.
“Dass die Medien und/oder die Presse der Politik ein Narrativ vorgeben würden oder umgekehrt das Narrativ der Politik widerspruchslos übernehmen würden, finde ich als Aussage ohne Belege reichlich dürftig.“
Das habe ich als Aussage gar nicht so mitgenommen.
Precht betont ja explizit, dass es natürlich keinen “gesteuerten“ Austausch gibt, der nur vorab getätigte Absprachen zwischen Politik und Journalismus bestätigt.
Das ist ja etwas, was die rechtspopulistische Lesart ausmacht und ständig verbreitet wird.
“Die Journalisten als gleichgesteuerte Erfüllungsgehilfen der Politik“.
Genau das wollen Precht und Welzer nach ihrer eigenen Aussage (inwiefern sie da wahrhaftig und lauter sind, kann ich natürlich nicht wirklich beurteilen) nicht unterstützen, sondern eher demontieren.
Das tun sie ( leider) nicht besonders offensichtlich und ohne polemische/provozierende Lockmittel zu benutzen, wie schon der Titel des Buches vermuten lässt.
Dennoch kann ich den Ansatz dessen, dass unter dem immensen Druck digitaler Schnelllebigkeit, griffiger “Zielgruppenjournalismus“ vermeintlich besser greift, als der Versuch, jeden meinungstechnisch abzuholen, auch als Gefahr wahrgenommen werden kann, nachvollziehen.
Darauf hat Melanie Amman sich auch eingelassen und erwähnt, dass in den Redaktionen durchaus über die Gefahr der Meinungsverengung diskutiert und reflektiert wird. Dafür bräuchte es die beiden nicht.
Die Zielgruppe der Leitmedien wird immer homogener, also wird der dort stattfindende Diskurs ebenfalls verengt.
Welzer wurde wohl deutlich durch seine Sozialisation in einem Haushalt geprägt, wo es vornehmlich um das pragmatische Bestehen im Alltag ging.
Dass ihn jede Form von “Elitenbildung“, die ihre Meinung fernab des Pöbels immer mehr aufeinander abstimmt, triggert, kann ich mir aus diesem Kontext heraus auch erklären.
Wie wissenschaftlich fundiert das aufbereitet wird, weiß ich nicht, finde die Ansätze aber doch erwähnenswert.
Precht ist einfach so ein smarter Typ, dem seh ich so einiges nach.
"Das habe ich als Aussage gar nicht so mitgenommen. Precht betont ja explizit, dass es natürlich keinen “gesteuerten“ Austausch gibt, der nur vorab getätigte Absprachen zwischen Politik und Journalismus bestätigt." In Bezug auf den Ukrainekrieg heißt es aber in dem Buch, dass Politik und "Leitmedien" (was ich eigentlich auch schon ein Unwort finde) dasselbe Narrativ bedienen würden. Mein Eindruck war, dass genau das der Stein des Anstoßes ist, um den es Precht und Welzer eigentlich in dem Buch ging, weil sie für ihre Haltung im Ukrainekrieg beide gewaltig Kritik einstecken mussten. Was möglicherweise daran liegt, dass die beiden mit Teilen ihrer Argumentation zwar einen Punkt haben, aber sehr theoretisch und abgehoben argumentiert haben und mit Herrn Welzer auch sehr meinungsstarke Kritik an einem mit der Realität befassten Politiker (Melnyk) geübt haben, was ihnen den Vorwurf der Arroganz und Realitätsferne eingebracht hat. Und dass speziell Precht - so wirkte es in der Sendung - in seiner Rolle als philosophische und moralische Allzweckwaffe des Fernsehens schlecht damit zurechtkommt, hier Kritik einstecken zu müssen und eben nicht mehr Teil des "Meinungskorridors" zu sein. Das ist natürlich nur meine eigene, womöglich auch zu psychologisierende, Interpretation. "Dennoch kann ich den Ansatz dessen, dass unter dem immensen Druck digitaler Schnelllebigkeit, griffiger “Zielgruppenjournalismus“ vermeintlich besser greift, als der Versuch, jeden meinungstechnisch abzuholen, auch als Gefahr wahrgenommen werden kann, nachvollziehen." Ja, das kann ich auch, und das wird in Redaktionen meines Wissens auch viel diskutiert - inwieweit man doch in der eigenen "Blase" gefangen sei und damit von den Lesern, für die man schreibt, ebenfalls als realitätsfern wahrgenommen wird, genau wie die Politik auch, bei der viele zunehmend den Eindruck haben, sie wüsste gar nichts von der Realität der "Menschen da draußen". Es ist aber nicht nur die digitale Schnelllebigkeit, der Presse und Medien unter Druck setzt, sondern auch die Verkaufsmodelle bzw. wie diese aufgestellt sind. Wenn man von Verkäufen seiner Artikel und nicht nur von Werbung und Nebenprodukten leben will - wie das viele Verlagshäuser auch tun - dann ist es für überregionale Presseorgane schwierig und auch schwer finanzbar, das zu treiben, was sie als "echten Journalismus" gelernt haben, also investigative Recherche. Denn die ist aufwändig und langwierig. Was aber nicht im Umkehrschluss gleich heißt, dass sie deshalb politisch käuflicher wären, sich direkt als Sprachrohre der Politik andienen (wie das früher die BILD aber durchaus gemacht hat) oder aus Bequemlichkeit direkt deren Narrativ übernehmen würden. Und es stimmt erst recht nicht, dass alle "immer dasselbe schreiben" würden, es gibt nur einzelne Themen, bei denen der Tenor in die gleiche Richtung geht, und das liegt womöglich an der Ernst- oder Krisenhaftigkeit der Themen selbst, Stichwort Corona, Ukrainekrieg oder Energiekrise. Aber es ist für die Presse und die Medien auch schwieriger geworden in Zeiten, in denen so viele alternative Fakten herumgeistern und viele eben nicht mehr unterscheiden können, was eine schlüssige, gut recherchierte Argumentation und was nur eine plumpe Behauptung ist. Und diese Leute dann von Pseudoquellen auch noch mit einem teilweise unglaublichen Selbstbewusstsein ausgestattet werden, was im benachbarten Corona-Forum zum Beispiel dazu führt, dass einer studierten Mikrobiologin von Userinnen mit völliger fachlicher Unkenntnis eine verzerrte oder eingeschränkte Wahrnehmung in Bezug auf Corona, die Schutzimpfung und deren Wirksamkeit angedichtet wird. Das ist jetzt natürlich ein Einzelfall hier aus dem Forum, aber solche Einzelfälle mehren sich, und es mehrt sich auch das Publikum für Leute, die für unbelegte oder schlecht belegte Behauptungen Beifall bekommen, weil sie einfach nicht die ungeliebte Mehrheitsmeinung oder die faktenbasierte Argumentation vertreten und das dem eigenen Gefühl des Unverstandenseins und dem daraus erwachsenden Groll reinläuft. Aber um noch mal den Bogen zu Precht und Welzer zurückzuschlagen: Das hätte wirklich interessant werden können, es stört mich auch nicht, dass die zwei ihre eigene abweichende Meinung im Ukrainekrieg zum Anlass genommen haben, ein Buch zu schreiben. Aber warum man mit der Veröffentlichung nicht abwarten kann, bis man dann wirklich etwas Belastbares zusammen hat, das wiederum Anlass zu spannenden Diskussionen geben könnte, sondern erst mal den - scheinbar stark von eigener gekränkter Eitelkeit überschatteten - Rant auf den Buchmarkt haut und die Analyse (die dann vielleicht keinen mehr interessiert, weil sie ja auch nicht so einen Hype verursachen wird) erst mit drei Monaten Verspätung nachschiebt? Ich könnte jetzt böse sein und sagen, es liegt nur daran, dass die beiden eben von ihrer Autorentätigkeit leben und einfach Kohle machen wollen, und dass sie jetzt natürlich auch von dem Rummel, den diese Sendung verursacht hat, darüber schreiben ja jetzt wieder alle. Und es dabei auch billigend in Kauf nehmen, in das Rohr der immer schon Vom-Mainstream-Unverstandenen zu tuten. Das hinterlässt bei mir ein Geschmäckle.
Dass kommerzielle Gründe und verletzte Eitelkeiten für die frühe Veröffentlichung ihres Buches mit ausschlaggebend waren, will ich gar nicht bestreiten. Das finde ich auch gar nicht so schlimm. Precht wurde ja schon immer medial gerne mit despektierlichen Zuschreibungen versehen und Welzer musste wegen seiner aktuellen Haltung ganz schön einstecken. Sie erleben personalisierte Debatten eben auch aus der Perspektive von Betroffenen. Was mich allgemein ärgert ist, dass ich im Rahmen dieser Personalisierungen ein Zögern wahrnehme, offen zu Außenseitermeinungen stehen zu können, weil Meinungsinhalte schon vorab mit moralischen Narrativen versehen wurden. Es besteht dann die Gefahr, nicht mehr zwischen Meinung und Charakter zu differenzieren und haften bleibt, “der Typ ist nicht integer“. Dieses Etikett wird man nur schwer wieder los, daher überlegt man sich sehr genau, ob man für einen Artikel, der nur kurze Aufmerksamkeit erfährt, längerfristigen Reputationsschaden in Kauf nimmt. Und genau darauf stürzen sich Verschwörungstheoretiker und Co, faseln etwas von Meinungsdiktatur und bedienen die verletzen Eitelkeiten jener, die sich im Diskurs nicht vertreten fühlen oder in ihm ehrabschneidend behandelt werden. Daraus kann dann eine Radikalisierungsdynamik entstehen, die durch Emotionalität so richtig schön befeuert wird und immer mehr in erschreckende Irrationalität abdriftet. Auch wenn das die meisten anders sehen, nehme ich Precht und Welzer ab, dass ihnen genau das Angst bereitet und sie für einen aufgeklärten und faktenbasierten Diskurs kämpfen wollen.
"Was mich allgemein ärgert ist, dass ich im Rahmen dieser Personalisierungen ein Zögern wahrnehme, offen zu Außenseitermeinungen stehen zu können, weil Meinungsinhalte schon vorab mit moralischen Narrativen versehen wurden." Da ist sicher was dran. Aber warum thematisiert man dann nicht genau das? Das Buch - so suggeriert es zumindest der Titelzusatz "Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist" - behauptet ja eigentlich sogar, dass es gar keine Außenseitermeinungen wären, sondern Sichtweisen, die genauso ins Spektrum der Mehrheitsmeinungen gehören würden, durch die "vierte Gewalt" aber unter den Tisch fallen gelassen würden, weil man nur bestimmte Ausschnitte aus dem Meinungsspektrum zuließe (mit einem zwischen den Zeilen noch mitklingenden "weil es zur aktuellen politischen Strategie passt"). Damit wird eine Argumentation wiederholt, die man in plumperer Form ja schon aus dem rechtspopulistischen Spektrum kennt. Genau das Thema "Außenseitermeinungen und wie gehen wir damit um" wurde ja auch angesprochen am Beispiel von Herrn Merkel, einem der Mitunterzeichner dieses Offenen Briefs, der sich wohl im Anschluss an die Lanz-Sendung (die ich nicht gesehen habe, aber Alexander und Lanz haben das beide übereinstimmend so erzählt) sogar für die faire und konstruktive Auseinandersetzung bedankt hat. Während Precht suggeriert hat, dass man sich mit so einer Haltung in einer Talkshow doch nur den anderen Teilnehmern zum Fraß bzw. Verriss vorwerfen würde. Vielleicht ist die Zuspitzung in der Sendung vielleicht aber auch der Tatsache geschuldet, dass niemand in der Sendung war, der eine Meta-Position hätte einnehmen können - zum Beispiel Kommunikations-/Medienwissenschaftler die sich mit dieser Thematik befassen oder auch nicht am Buch selbst beteiligte Sozialwissenschaftler, die da noch mal einen Blick von außen drauf werfen und zur Diskussion stellen könnten. So lief es halt auf ein Hauen und Stechen hinaus, weil sich beide Seiten angegriffen gefühlt und verteidigt haben. Dass Precht und Welzer selbst für einen aufgeklärten und faktenbasierten Diskurs stehen, davon gehe ich aus, das ist aber in dieser Debatte nicht rübergekommen.
Am Freitag hat sich Böhmermann auf seine eben ganz eigene Art auch darüber lustig gemacht, in dem er "Fortsetzungen" von dem Buch angekündigt hat. "die fünfte Gewalt: Warum die Photosynthese übergriffig ist - pink ist auch eine schöne Farbe" Es ging dann bis zur 17. Gewalt und immer in der Art. Mit hat es gefallen, ich hatte Lanz nicht gesehen.
Klasse! ;-) Ich glaube, den gucke ich mir dann doch an.
Ich habe mir das auch angetan, aber das Buch der beiden Herren nicht gelesen. Es tut schon weh, Welzer sagen zu hören, er würde wissenschaftlich argumentieren. Soweit ich es verstanden habe, können die beiden ihre Argumente kaum mit Fakten belegen. Welzer nennt sich Sozialpsychologe und Soziologe, spielt aber in der Akademie überhaupt keine Rolle. Mit manchen Punkten haben sie aber recht - z.B. der Personalisierung der Kommunikation. Dazu gibt es aber schon eine breite Diskussion, insofern ist das auch alles nix neues.
“Dazu gibt es aber schon eine breite Diskussion,“ Wo? Ein gesellschaftsrelevanter Diskurs, von dem die Gesellschaft wenig mitbekommt, hat ja dann kaum mehr als einen Selbstzweck. Daher finde ich es schon sinnvoll, solche Diskussionen in eine breitere Öffentlichkeit zu bringen. “Welzer nennt sich Sozialpsychologe und Soziologe, spielt aber in der Akademie überhaupt keine Rolle.“ Ach komm, das ist doch keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Thesen einer Person. Wie darf er sich denn nennen?
und für die breite öffentlichkeit ist ausgerechnet ein buch von precht/welzer notwendig?
Das ist eben die Frage - eigentlich sind Welzer und Precht als profilierte linke bzw. linksliberal-ökologische Denker ja für viele auch bäh und werden von ihnen gar nicht angehört. Und ihre Sprache ist auch einfach abgehoben.
Na ja, was notwendig lässt sich nur schwer über objektive Kriterien erfassen.
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