Frage: wieviel Carbimazol in der Schwangerschaft

Guten Morgen Herr Dr. Paulus, vielen Dank erstmal für die Antworten auf meine bisherigen Fragen. Jetzt zu meiner neuen Frage: Wieviel mg Carbimazol gelten in der Schwangerschaft als sicher? Also wieviel mg pro Tag können Schwangere einnehmen? Da gibt es doch bestimmt ein unbeschriebenes Blatt auf dem steht 2,5 oder 5 mg sind in Ordnung. Oder auch höhere Dosen? Bei mir wurde die Dosis auf 15 mg reduziert. Und ich habe einen Kinderwunsch in nicht all zu ferner Zukunft. Natürlich werde ich noch abwarten, bis die Dosis weiter gesenkt wird. Aber es gibt vielleicht auch eine Statistik, in der steht was die meisten Schwangeren für eine Dosis nehmen. Vielen Dank. Liebe Grüße Sina

Mitglied inaktiv - 08.01.2016, 07:31



Antwort auf: wieviel Carbimazol in der Schwangerschaft

Da Hyperthyreosen (Schilddrüsenüberfunktion) mit einer erhöhten Komplikationsrate in der Schwangerschaft (Aborte, Frühgeburten) verbunden sind, ist eine Einstellung der Hormonwerte im oberen Normbereich anzustreben. Carbimazol (Erhaltungsdosis max. 10 mg/d), Propylthiouracil (Erhaltungsdosis max. 4 x 25 mg/d) oder Thiamazol (Erhaltungsdosis: 10 mg/d) sind prinzipiell geeignete Thyreostatika. Es sollte jedoch eine Kontrolle der mütterlichen Hormonwerte während der Schwangerschaft erfolgen. Die mütterlichen Hormonbefunde dürfen durchaus leicht über den oberen Normwerten liegen. Da die Thyreostatika im Gegensatz zu den mütterlichen Schilddrüsenhormonen gut plazentagängig sind, sollte die Dosis möglichst niedrig gewählt werden, um eine fetale Schilddrüsenunterfunktion beim Ungeborenen zu vermeiden. Da die kindliche Schilddrüse ihre Funktion erst jenseits der 10.Schwangerschaftswoche aufnimmt, ist mit einer Beeinträchtigung der fetalen Schilddrüse durch Thyreostatika erst nach der 10.Schwangerschaftswoche zu rechnen. Eine Schilddrüsenunterfunktion tritt beim Neugeborenen gelegentlich nach Behandlung mit Thyreostatika in der Schwangerschaft auf. Allerdings verschwinden diese Komplikationen nach wenigen Monaten. Auf eine entsprechende Hormonsubstition nach der Geburt muss jedoch zur Vermeidung von Entwicklungsstörungen geachtet werden. Verschiedene Nachuntersuchungen zeigen, dass bei Kindern durch intrauterine Exposition mit Thyreostatika keine psychomotorischen Retardierungen ausgelöst werden. Während bei thyreostatischer Therapie mit Imidazolderivaten wie Carbimazol und Thiamazol einige Fälle von Aplasia cutis (Hautdefekte) bekannt wurden, sind solche Veränderungen unter dem verwandten Präparat Propylthiouracil nicht beschrieben. Propylthiouracil wäre demnach zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft grundsätzlich vorzuziehen. Da es in Deutschland aufgrund von Datenschutzbedenken keine systematische elektronische Datenerfassung von Medikamenten gibt, wissen wir nichts über durchschnittliche Dosen in Schwangerschaft oder Stillzeit. Es gibt auch keine großflächige Dokumentation von Fehlbildungen unter Anwendung von Medikamenten in der Schwangerschaft. Unser Gesundheitssystem ist diesbezüglich - z. B. im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern - leider erheblich unterentwickelt. Unser Institut arbeitet auch nur auf der Basis einer kirchlichen Stiftung und ohne staatliche Unterstützung!

von Dr. Wolfgang Paulus am 10.01.2016