Frage: Stillrythmus ja oder nein?

Liebe Biggi, meine Tochter ist jetzt 7 Wochen jung und wird voll gestillt. Das stillen klappt von Anfang an super - als wenn wir seit Jahren ein Team sind. Allerdings haben wir bis heute keinen Rythmus. Bei uns ist jeder Tag anders. Mal stille ich stündlich, mal schläft sie viel. Also wirklich sehr, sehr unterschiedlich. Ausnahmen bilden die Nächte. Wenn sie Abends eingeschlafen ist dann wird sie höchsten zwei mal (meist gegen 3 und 5) wach, stillt und schläft weiter. Heute hat sie sogar von 22-5 und noch mal von 6 - 8 Uhr geschlafen. Sie ist auch eine relativ schnelle Trinkerin. Max. 10 - 15 min dann ist sie satt. Pro Mahlzeit bekommt sie eine Brust, selten noch die Zweite und wenn dann nur ein paar Schluck. Ich achte darauf das sie die Brust wirklich lehr trinkt und genügend Hintermilch bekommt. Woanders hin fahren ist momentan zwar möglich aber nur mit Streß verbunden, weil sie sich dann so in Rage schreit das ich sie nicht beruhigt bekomme. Sie ist so sensibel und merkt anscheinend schon sehr genau wenn es nicht die eigenen vier Wände sind in denen wir uns aufhalten. Deshalb bin ich bis auf die Spaziergänge eigentlich ausschließlich zu Hause mit ihr und trage sie an mir. Ich würde nun gern einen festeren Rythmus mit ihr bekommen, weil ich einfach auch das Gefühl habe das es ihr helfen würde. Nur wie packe ich das an? Oder ist es zu früh dafür?

von AnChi85 am 29.05.2013, 13:40



Antwort auf: Stillrythmus ja oder nein?

Liebe AnChi85, in fast allen Babyratgebern und Hochglanzbroschüren wird ein Bild verbreitet, das etwa so aussieht: das Baby schläft mindestens 20 Stunden pro Tag in seinem Stubenwaagen oder der Wiege, alle vier Stunden verlangt es nach Nahrung und schläft selbstverständlich danach sofort wieder ein, nach den allerersten Wochen hält es eine achtstündige Nachtpause ein und die Mutter ist immer ausgeruht, elegant und sauber gekleidet und empfängt mit einem strahlenden Lächeln die Besucher, die das Baby bewundern wollen. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus, nur sagt einem das fast keiner. Abgesehen von einigen wenigen „Wunderbabys" sind die Mehrzahl aller Kinder auch mit wenigen Wochen bereits längere Zeitspannen wach, wollen am Leben teilnehmen und ihre Welt entdecken. Der „regelmäßige Rhythmus" ist eine Illusion, den es in der Regel nicht viel häufiger gibt als weiße Einhörner und die oft verzweifelten jungen Mütter jagen einem Ideal aus Hochglanzbroschüren hinterher, das mit der Realität wenig zu tun hat. Das klingt jetzt etwas erschreckend, doch sobald eine Mutter erkannt hat, dass ihr Baby sich ganz normal verhält und dass der Alltag mit einem Baby nur wenig mit dem Bild gemein hat, das eine idealisierte und glorifizierte Mutterschaft zeigt, kann sich die Frau entspannen, muss nicht mehr einem unerreichbaren Ideal hinterherjagen und kann sich daran machen, sich auf das Baby einzulassen und kann wieder neue Energie sammeln. Ein sieben Wochen altes Kind ist im klassischen Alter für einen Wachstumsschub. Wachstumsschübe sind Zeiten erhöhter Nachfrage, in denen das Baby sehr oft gestillt werden möchte. Wird das Baby dann auch häufig angelegt (etwa alle zwei Stunden, manchmal sogar noch häufiger), erhält der Körper der Frau das Signal „mehr Milch bilden" und nach ein paar Tagen ist der Spuk vorbei und die Milchmenge hat sich dem Bedarf des Babys wieder angepasst. Stillen funktioniert nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Sie haben dann nicht zu wenig Milch, sondern der Bedarf Ihres Babys hat sich vergrößert und die Brust muss darauf erst reagieren. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Aber auch ohne Wachstumsschub ist es normal, dass ein so kleines Baby mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden will. Die Tage sind einfacher, wenn das Baby am Alltag teilnehmen kann. Dazu ist ein Tragetuch das optimale Hilfsmittel. Ein Tragetuch ist fast ein Zaubermittel. Ihr Baby kann die Nähe der Mutter spüren, es wird sich an ihrem Körper beruhigen, die Koliken verringern sich, es wird weniger weinen, vielleicht sogar recht gut schlafen und Sie haben mindestens eine Hand frei (und auch Ihren Kopf, weil das Baby wieder ruhiger ist), um andere Dinge zu tun. Versuchen Sie es einmal. Eine Autorin nennt dies so schön „Perspektive teilen". Das Tragetuch ermöglicht es dem Kind, am Leben der Familie problemlos teilzunehmen und mit Ihnen die Perspektive zu teilen. Lassen Sie sich von einer tucherfahrenen Frau einmal zeigen, wie vielseitig einsetzbar ein Tragetuch sein kann. Tucherfahrene Frauen finden Sie in fast jeder Stillgruppe und auch sonst wäre es sicher ein guter Gedanke, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen. Neben vielen nützlichen Tipps bekommen Sie dort auch moralische Unterstützung. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 29.05.2013



Antwort auf: Stillrythmus ja oder nein?

Hallo, hab noch ein wenig Geduld. Sie muss erst einmal in dieser Welt "ankommen" und mit dem Stillen nach Bedarf (also ohne Rhythmus) hilfst Du ihr sehr dabei. Vielleicht hilft es ihr, wenn Du sie auch unterwegs anlegst? Unser Sohn hat unterwegs immer gefragt "gibt's hier auch was zu essen?" :-) Also wollte er mitten im real,- mampfen, im Auto, usw. Er wollte wohl auf Nummer sicher gehen, dass Mamas Brust überall dabei ist. Das könnte ihr helfen. Manchmal brauchen die Dinge ihre Zeit. Vielleicht "übst" Du mit ihr kurze Ausflüge. Mal zum kurzen Einkauf, Spaziergänge, Kurzbesuche, ... Am besten im Tragetuch, dann ist sie nah bei Dir. Und wenn sie dann nach der Brust verlangt, still sie ruhig unterwegs. Das gibt ihr ein Gefühl von Sicherheit. Man muss ja auch sagen, dass Du Dich quasi noch im Wochenbett befindest. Du schreibst, dass ihr ein super Stillteam seid? Ist doch prima! Dann werdet ihr bald auch ein super Ausflugs-Team. Viel Freude noch mit Deinem Sonnenschein! LG Sarah

von Jendriks_Mama am 29.05.2013, 14:00



Antwort auf: Stillrythmus ja oder nein?

Ach - ein Nachtrag: einen Rhythmus wird sie finden - ihn aber immer mal wieder über den Haufen werfen. Es wird immer Phasen geben, in denen die Entwicklung so rasant verläuft, dass sie häufiger die Sicherheit ihrer Mama braucht. Dann möchte sie häufiger die Brust. Und dann wird es möglicherweise Phasen geben in denen Du denkst "meine Güte - sie will seit fünf Stunden schon nicht an die Brust! Ob alles in Ordnung ist?". Und ja, auch das ist dann normal. :-)

von Jendriks_Mama am 29.05.2013, 14:03