Liebe Frau Welter,
unser zweites Kind ist gerade 6 Wochen alt geworden. Zum Glück hat die Stillbeziehung von Anfang an sehr gut geklappt. Seit ca. einer Woche gibt es jedoch ein Problem: Der kleine Mann ist plötzlich aus heiterem Himmel extrem unruhig beim Stillen (nur tagsüber). Es geht damit los, dass er die Brustwarze scheinbar plötzlich nicht "zu finden" scheint (streckt den Kopf mit weit offenem Mund immer wieder kraftvoll ca. 10cm darüber hinweg, selbst wenn man sie ihm "vor die Nase hält"). Dazu kommt dann ein ständiges An- und Abdocken, wobei er jeweils nur ca. 1-2mal kurz ansaugt, wieder losläßt, teilweise kraftvoll "zieht" und dann losläßt etc. Dadurch wird er dann immer hektischer, jammert teilweise auch. Außerdem strampelt er zusätzlich teilweise heftig mit den Beinen. Meistens endet es damit, dass er dann irgendwann wieder für etwas länger andockt und dann aber vor lauter Erschöpfung eher einschläft als noch zu trinken.
Ich konnte noch kein Muster feststellen, wann das Verhalten auftritt, nur dass es aktuell sehr oft vorkommt. Manchmal direkt vom Beginn des Stillens an, manchmal erst nach ca. 5-10min zufriedenem Trinken. Die Umgebung / Ablenkung scheint auch keinen EInfluss zu haben und zwischendurch Bäuerchen machen lassen bringt auch keine direkte Besserung (wobei er danach dann manchmal plötzlich nichtmehr trinken will aber zufrieden wirkt...nicht immer).
Unser erstes Kind hatte eine Phase sehr unruhigen Trinkens aufgrund von Bauchweh / Koliken, aber erstens kommt mir das hier anders vor und zweitens hat der Kleine sonst eigentlich nur selten leichte Verdauungsprobleme, nichts großartiges.
Ich bin leider ziemlich ratlos und würde mich über Ideen zur Ursache und natürlich Tipps zum Umgang freuen. Meine Brustwarzen sind sehr gereizt von dieser "Behandlung" und für meinen Kleinen ist das ganze sicher auch unangenehm und das Trinken dadurch vermutlich nicht optimal.
Besten Dank und liebe Grüße,
von
AndreaZ
am 24.10.2023, 18:32
Antwort auf:
Plötzlich große Unruhe beim Stillen
Liebe AndreaZ,
auf Anhieb gibt es mehrere mögliche Ursachen für das Verhalten deines Babys. Zum einen erlebt dein Kind jetzt seine Umwelt immer bewusster und muss daher die Ereignisse des Tages verarbeiten. Das bedeutet für manche der kleinen Menschlein, dass sie sehr unruhig sind, weinen und an der Brust ebenfalls unruhig sind.
Hier hilft es, die Tage möglichst ruhig verlaufen zu lassen, den Abend sanft ausklingen zu lassen und dem Kind Nähe, Ruhe und Halt zu geben. Keine hektischen Versuche mit immer neuen Ideen das Kind zur Ruhe zu bringen, sondern so wenig „Action" wie möglich. Den Raum abdunkeln, beruhigend mit dem Baby sprechen oder ihm etwas leise vorsingen.
Besonders unruhige Babys, die sich an der Brust steif machen und nach hinten überstrecken, können auch gebündelt werden. Beim Bündeln wird das Baby gut in eine Decke eingewickelt, so dass seine Schultern nach vorne geneigt und die Arme unterhalb der Brust gekreuzt sind. So kann es den Kopf nicht zurückwerfen. Bei manchen Babys bewährt es sich, wenn die Decke unten offen bleibt, so dass die Füße frei bleiben. Wenn ein Kind auf diese Weise eingepackt ist, sieht es wie ein „C" aus, mit dem Kinn auf der Brust und angezogenen Beinchen.
Häufig reicht diese Maßnahme aus, das Baby zu beruhigen und es trinkt dann besser an der Brust. Manche Babys brauchen Halt im wahrsten Sinne des Wortes um weniger zappelig zu sein.
Beobachte einmal eine Stillzeit ganz genau.
Verschluckt sich dein Baby sehr leicht? Hast du den Eindruck, dass die Milch sehr rasch aus deiner Brust fließt? Fließt deinem Kind Milch aus den Mundwinkeln, weil es beim Schlucken nicht nachkommt?
Da du die obigen Fragen mit „Ja" beantworten kannst, dann kann es sein, dass du einen sehr starken Milchspendereflex hast und dein Baby mit der plötzlich in großer Menge fließenden Milch nicht zurechtkommt.
Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (leg dir eine Windel zum Auffangen der Milch hin und vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das „Berg auf Stillen". Dazu hältst du dein Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als deine Brustwarze. Beim Stillen mit dem Rückengriff lehnst du dich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützt du dein Baby von unten mit zwei Kissen in deinem Schoß und lehnst dich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück. Wenn das gar nicht klappt, stille im Liegen.
Versuche überhaupt einmal verschiedene Stillpositionen, möglicherweise gefällt deinem Baby die von Dir bevorzugte Haltung nicht.
Am besten besprichst du auch mit einer Stillberaterin in deiner Nähe, wie du vorgehen kannst.
Adressen von Stillberaterinnen findest du im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
Liebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 24.10.2023