Hallo Herr Dr. Paulus,
habe seit einigen Jahren Depressionen, die ich als solche nicht erkannt habe. Erst einige Monate nach der Geburt meines Sohnes (jetzt 20 Monate)und einer schweren Wochenbettdepression wurde ich daraufhin behandelt und nehme seit 7 Monaten Citalopram(20 mg pro Tag). Seitdem geht es mir richtig gut und wir wünschen uns ein 2. Kind. Besteht die Gefahr, dass ich nach dem Absetzen des Medikaments erneut depressiv werde? Oder ist es möglich, ein gut verträgliches Antidepressivum auch während der Schwangerschaft zu nehmen,ohne dem Baby zu schaden?
Vielen Dank im voraus für Ihre Antwort,
Christine
Mitglied inaktiv - 11.08.2006, 14:43
Antwort auf:
Psychopharmaka
Ein Ausschleichen der Medikation könnte nach Rücksprache mit dem betreuenden Psychiater erwogen werden. Allerdings sind Rückfälle nicht auszuschließen.
Bis September 2003 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 4291 Kinder nach intrauteriner Exposition mit Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 2,9%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 1696 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Citalopram enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 3,1% keinen Anlass zur Beunruhigung (Hallberg & Sjoblom 2005). Nach SSRI-Medikation bis zur Geburt wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten beiden Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden. Eine aktuelle Fallkontrollstudie äußert den Verdacht auf einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte und der Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie (Lungenhochdruck) der Neugeborenen (Chambers et al 2006). Leider können Fallkontrollstudien nur Hinweise auf mögliche Risikofaktoren geben. Bis eindeutige Zahlen aus solchen Studien vorliegen, sollten SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte mit Zurückhaltung eingesetzt werden. Als Alternative kämen erprobte trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin in Frage.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 13.08.2006