Sehr geehrter Herr Dr. Paulus,
ich leide seit 23 Jahren an einer Epilepsie. Medikamentös bin ich austherapiert und eine OP ist bei mir nicht möglich. Leider bin ich nicht Anfallsfrei.
Meine Medikamente sind Lamotrigin 550 mg am Tag und Briviact 200 mg am Tag.
Trotz der hohen Dosis bin ich nicht anfallsfrei. Ich habe mal gelesen das bei Lamotrigin die Höchstdosis 400 mg am Tag ist und Briviact 200 mg am Tag. Bei Schwangerschaft soll die Medikamentendosis ja so niedrig wie möglich sein und möglichst nur 1 Medikamentenart. Wenn ich schon so eine hohe Dosis nehme und nicht anfallsfrei bin wäre ja bei einer Reduzierung der Medikamente in der Schwangerschaft ja vermutlich Chaos pur bei mir.
Wie ist das wenn ich Schwanger werden sollte würde es mit diesen Medikamenten und dieser Dosis Probleme für das Kind und mir geben? Ich habe nämlich riesen Angst das es ein krankes Kind mal werden wird. Stress und Schlafmangel lösen bei mir vermehrt Anfälle aus. Ich kann daher auch nur halbtags arbeiten gehen.
Vielen lieben Dank für Ihre Hilfe!!!
von
Schnuffel87
am 08.01.2021, 11:48
Antwort auf:
Lamotrigin und Briviact in hoher Dosis in der Schwangerschaft
Bei Lamotrigin liegen außer unauffälligen Tierversuchen auch größere Erfahrungen über Anwendungen im I.Trimenon beim Menschen vor (Lamotrigine Pregnancy Registry 2008). Nach Monotherapie mit Lamotrigin traten 31 Anomalien unter 1.155 Geburten auf (2,7%), was dem Fehlbildungsrisiko in der unbelasteten Bevölkerung entspricht. Ein spezifisches Fehlbildungsmuster ließ sich in diesem Herstellerregister nicht erkennen. Deutlich häufiger fanden sich angeborene Anomalien bei Kombinationstherapie, z. B. mit Valproinsäure.
Um einen konstanten Wirkstoffspiegel zu gewährleisten, muss die Lamotrigin-Dosis im Laufe der Schwangerschaft ggf. erhöht werden.
Entscheidend für die Tagesdosis ist der Wirkstoffspiegel. Falls sich der Serumspiegel im obersten therapeutischen Bereich befindet, wäre eine Steigerung der Tagesdosis von Lamotrigin nicht sinnvoll.
Das Antiepileptikum Brivaracetam ist seit Januar 2016 in der EU zur Zusatzbehandlung fokaler Epilepsienanfälle bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren zugelassen.
Das potenzielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt. Es liegen keine Erfahrungen zum Plazentatransfer beim Menschen vor, aber es wurde bei Ratten gezeigt, dass Brivaracetam die Plazenta leicht durchdringt. Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf ein fruchtschädigendes Potenzial von Brivaracetam (Fachinfo Briviact® 2017).
Bei Patientinnen, die planen, schwanger zu werden, ist die Anwendung des Arzneimittels sorgfältig abzuwägen (Fachinfo Briviact® 2017).
Wesentlich mehr Erfahrungen liegen z. B. für den Wirkstoff Levetiracetam in der Schwangerschaft vor.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 10.01.2021