Frage: Anxiolytikum bei Zahnarztangst

Lieber Herr Dr. Paulus, ich brauche dringend in Sachen Medikation während der Stillzeit einen Rat-keiner meiner Ärzte scheint sich wirklich auszukennen. Mein Sohn ist knapp zehn Wochen alt und ich stille voll (habe übrigens sehr darum gekämpft, dass das klappt). Nun stehen bei mir einige größere Zahnbehandlungen an (Wurzelbehandlung /Krone an mehreren Zähnen vielleicht).  Bei meinen letzten Zahnbehandlungen wirkte meist das Betäubungsmittel nicht richtig- und das waren "nur" Füllungen. Jedenfalls habe ich jetzt eine Panik/Phobie entwickelt. Es wäre sehr hilfreich wenn ich ein Medikament zu den Behandlungen nehmen könnte,  dass die Angst löst und etwas weniger Adrenalin durch mein Blut rauschen lässt.  Eine befreundete Psychotherapeutin fand den Weg richtig und meinte Lorazepam (Tavor) wäre das gängige Mittel. Nun meine Frage: kann ich das vor den Zahnbehandlungen nehmen? Welche Dosis wäre sinnvoll und nützlich bei meiner Masse (170 cm, 115 kg), und natürlich schadet es meinem Baby, bzw. wann kann ich ihn wieder stillen? Eine oder zwei Mahlzeiten auszusetzen wäre nicht so dramatisch weil er auch abgepumpte Milch aus der Flasche trinkt. Alternativ gibt es in meiner Stadt einen Zahnarzt, der mit Lachgas behandelt. Nur ist ein Zahnarztwechsel für mich heikler als die Gynäkologin zu wechseln. Zumal ich als Zweitmeinung jetzt schon zwei völlig gegensätzliche Aussagen gehört habe-ich war bei einer Ärztin, die angeblich auf Angstpatienten spezialisiert ist. Ihre Aussage zu Medikamenten: ich geb Ihnen wegen dem Baby nichts, da müssen Sie durch! Muss ich das wirklich? Herzlichen Dank für Ihren Rat

von Litha am 03.06.2016, 07:21



Antwort auf: Anxiolytikum bei Zahnarztangst

Grundsätzlich wäre es natürlich auch in der Stillzeit unproblematisch, soviel Lokalanästhetikum (z. B. Articain) zu spritzen, dass Sie keinen Schmerz spüren. Diese Präparate werden so zügig abgebaut, dass sie keine Belastung für die Muttermilch darstellen. Unter den Benzodiazepinen sind bei kurzfristiger Anwendung Substanzen mit hoher Plasmaeiweißbindung und kürzerer Halbwertszeit vertretbar, bei denen der Säugling weniger als 5% einer gewichtsbezogenen Erwachsenendosis über die Muttermilch erhält. Um Lethargie, Trinkunlust und Schläfrigkeit beim Säugling zu vermeiden, sollten Wirkstoffe wie Alprazolam, Lorazepam, Oxazepam, Flunitrazepam oder Nitrazepam bevorzugt werden. Bei Lorazepam gehen kleine Mengen in die Muttermilch über (Whitelaw et al 1981; Johnstone 1982; Summerfield & Nielsen 1985). Die kurzfristige Anwendung in der Stillzeit wird daher von der WHO Working Group on Human Lactation als relativ sicher eingestuft. Auch bei Ihrem Körpergwicht sollte die Einahme von 1 bis 2 mg Lorazepam ein bis zwei Stunden vor der Zahnbehandlung genügen.

von Dr. Wolfgang Paulus am 07.06.2016