Stillen und Entw.des kindl. Charakters, lang, gerne an alle

 Kristina Wrede Frage an Kristina Wrede Stillberaterin

Frage: Stillen und Entw.des kindl. Charakters, lang, gerne an alle

Liebe Kristina, ich habe eine vielleicht etwas komplizierte Frage bzw zwei davon. Ich habe zwei Kinder, Emma, 2J7M und Leo 10 Mo. Emma habe ich 11 Monate lang gestillt, allerdings NICHT nach Bedarf, sondern nach der Uhr (alle 4 Stunden). Ausserdem durfte sie NIE am Busen einschlafen, NIE in unserem Bett schlafen und als sie 9 M alt war habe ich die Ferbermethode angewandt. Eine Begründung dafür habe ich nicht, der Kinderarzt hatte all das geraten und ich hab es befolgt.... Leonard wird seit der Geburt nach Bedarf gestillt, schläft bei uns und schläft am Busen ein, wird am Busen getröstet..... Nun ist es so, dass Emma ein liebes, sehr kontaktfreudiges Mädchen ist (trotz EXTREMER Trotzphase im Moment), aber sehr WENIG schmusebedürftig ist, sie schiebt schmusende Hände oft weg und will das nicht. Leonard kann vom Schmusen gar nicht genug bekommen, er kriecht regelrecht in uns hinein. Gibt es da zwischen den beiden "Stillvarianten" und den unterschiedlichen Bedürfnissen einen Zusammenhang? Zweite Frage: bzgl Emma habe ich natürlich ein furchtbar schlechtes Gewissen, dass sie soviel NICHT bekommen hat, was Leonard jetzt bekommt. Dazu muss ich sagen, dass sie sich 4 Monate nach dem "erfolgreichen" Ferbern ihr Recht, in unserem Bett zu schlafen erkämpft hat und auch bis jetzt jede Nacht in unserem Bett schläft. Aber ich frage mich schon ernsthaft, ob ich in ihr irgendetwas kaputt gemacht habe? Ich lese immer den Zusammmenhang zw verletztem Urvertrauen und schreien lassen und an manchen Tagen komme ich sehr ins Grübeln und (manchmal) weinen. Ich weiß, dass ich ja jetzt nichts mehr rückgängig machen kann und es macht auch keinen Sinn, Leonard etwas zu entziehen, weil Emma es auch nicht hatte, aber kann ich das irgendwie wieder gut machen? Schmusen bietet sich als Wiedergutmachung nicht an :-( Viele Grüße Esther

Mitglied inaktiv - 11.03.2008, 20:54



Antwort auf: Stillen und Entw.des kindl. Charakters, lang, gerne an alle

Liebe Esther, ich darf ehrlich sein: Ganz ähnlich geht es mir auch, und ich denke, fast alle von uns machen ähnliche Erfahrungen und stellen ziemlich viel "Mist" mit den ersten Kindern an, nicht, weil wir sie weniger lieb hätten. sondern vor allem aus Unsicherheit und Unwissenheit heraus. Dabei ist es nicht "nur" eine Frage des Stillens, sondern einfach der Einstellung allgemein dem Kind und seinen Bedürfnissen gegenüber - und obendrein auch noch eine Frage, wie WIR als Babys behandelt wurden. Bei einem Münchener Psychologen und Arzt, S.K.D. Sulz fand ich in einem Buch einen sehr heilsamen Abschnitt: "Wir Eltern sollten den Mut haben, uns Versäumnisse einzugestehen. Ja, wir haben gravierende Entwicklungshemmungen unserer Kinder verursacht. Das ist nicht zu leugnen. Aber Verursachung ist nicht gleichbedeutend mit Schuld. Wir sind nicht schuld an den Grenzen unserer eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Wir sind nicht schuld an einer eventuellen finanziellen Not, an eigener Arbeitslosigkeit, an der Not des Alleinerziehens nach einer Scheidung, an sonstigen gesellschaftlich oder politisch bedingten Stressoren, denen wir so ausgeliefert sind, dass zu wenig für unsere Kinder übrigbleibt. Wir sind zwar Mutverursacher, aber wir sind nicht schuld an Vergangenem. Und wir tragen Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft." (aus "Als Sisyphus seinen Stein losließ. Oder: Verlieben ist verrückt!", S.K.D. Sulz, CIP-Medien 1999) Diese Zeilen haben mir damals viel Seelenfrieden verschafft denn ich konnte endlich mir selbst meine Fehler aus der Vergangenheit vergeben. Vielleicht helfen sie auch dir? Was die Zukunft angeht, so liegt die Herausforderung wohl darin, unsere Kinder dort abzuholen, wo sie stehen. Soll heißen: Wenn deine Tochter nicht gern schmust, dann gibt es sicher etwas anderes, was ihr wichtig ist. Wenn du es schaffst (oh, das ist so schwer...), ihr genau HIER Aufmerksamkeit zu schenken, dann wirst du damit Nähe aufbauen und Vertrauen schaffen. Und vielleicht wird sie irgendwann dann doch auch mal körperliche Nähe von dir brauchen oder wünschen. Ich hoffe, diese Gedanken helfen dir weiter, und bitte bitte, mach dir keine Vorwürfe!! Lieben Gruß, Kristina

von Kristina Wrede am 12.03.2008



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Hallo Ester, Lass Dich erstmal drücken und umarmen. Dass Du Dir so viel Gedanken machst über Deine beiden Kleinen, das zeigt schon dass Du für die beiden die beste Mutter auf dieser Welt bist, die immer nur das richtige und beste für sie will. Ich bin mir sicher, Du bist ihr Fels in der Brandung, ihre Sonne am Himmel, ihr ein und alles. Es gibt viele Kinder, die nie an der Brust eingeschlafen sind, weil sie nie an ihr trinken durften sondern an einer Flasche. Schlafen im Bett der Eltern, das kennen auch viele Kinder nicht und deine Emma schläft sehr wohl jetzt bei Euch. Und v.a. kannst Du nicht sagen, ob Emma schmusiger wäre, wenn Du es gemacht hättest wie bei Leo, es kann auch einfach ihr Charakter sein. Deine Liebe zeigst Du den beiden sicher jeden Tag durch viele kleine und große Zeichen und Worte. Schönen Abend Kathi mit Freddy

Mitglied inaktiv - 11.03.2008, 21:54



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Hallo Esther, meine Söhne sind im ähnlichen Alter wie Deine Kinder. Der Große schlief am Busen ein, bis er 16 Monate war und lag fast zwei Jahre in unserem Schlafzimmer. Doch er ist auch überhaupt nicht verschmust, ausser er ist krank, dann darf man ihn mal länger im Arm halten. Dass Deine Tochter bei Euch im Bett schläft, finde ich super und zeigt meiner Meinung nach sehr viel von Eurem Verhältnis, denn auch wenn sie nicht gerne schmust, so scheint sie doch die nächtliche Nähe zu Dir bzw. Euch zu genießen. Garantiert könnt Ihr auf diese Weise viel "nachholen". Jean Lietloff hat in ihrem Buch "Auf der Suche nach dem verlorenen Glück" übrigens einer Frau, die ähnliche Gedanken und Schuldgefühle wie Du hatte, eben dieses gemeinsame Schlafen vorgeschlagen. Alles Gute

Mitglied inaktiv - 11.03.2008, 23:32



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Hallo Esther, danke erstmal für deine Worte in meinem beitrag unter dir. Fühle mich bestätigt und das tut gut! Rein intuitiv handle ich ähnlich wie du es auch beschreibst. Zu deinem Beitrag: auch ich habe ja bei unserem Großen (er ist jetzt schon 7) anders gehandelt wie bei Daniel. Er wurde mit 8 -9 Monaten abgestillt und an sein eigenes Bett gewöhnt. Auch ich mache mir da meine Gedanken. Allerdings hatte ich damals nie das Gefühl etwas falsch zu machen und für Sachen die er brauchte hat er stark gekämpft. z.B der Schnuller, den hat er erst mit 5 Jahren Nachts aufgegeben. (Brustersatz!) Jetzt schläft er allerdins auch öfter bei uns im Bett und ich sage nie nein. Jedenfalls ist unser Großer ein echter Schmusetiger, vor allem mit seinem Brüderchen, ich denke das ist einfach Typsache. Und deine Tochter holt sich ganz viel Nestwärme und >Liebe aus dem Familienbett! LG Sabine

Mitglied inaktiv - 12.03.2008, 08:19



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Vielleicht hilft es, an die eigene Erziehung zu denken? Denn wir sind ja eine Generation, die nicht immer so gern und viel gestillt wurde, und selten im Elternbett schlafen durfte, oder? Meine Mutter hatte keine besonders gute Beziehung zu Stillen - ich bin 1980 in England geboren, da waren festgelegte Stillabstände total normal. Ich hatte auch ein eigenes Kinderbett und bevor ich 2 war, war meine Schwester drin und ich schlief im "richtigen" Bett im Kinderzimmer. Meine Mutter hat mich nach 3 Monaten abgestillt, das Stillen hat sie gehasst. Meine Schwester hat sie fast gar nicht gestillt. (Jetzt tut mir das so Leid, aber für sie - meine Erfahrung von Stillen ist so anders!) Und haben wir, also meine Schwester und ich, darunter gelitten? Sicher kann man nicht sein. Ich habe als Kind eher ungern geschmust, wollte immer unabhängig sein und konnte immer nur schlecht schlafen. Meine Schwester ist genau das Gegenteil! Meine Eltern haben uns immer gesagt und gezeigt, wie lieb sie uns hatten, und ich habe nie in meinem Leben daran gezweifelt. Heutzutage verstehen wir uns alle super (obwohl ich weit weg wohne) und ich bin immer stolz darauf, aus so einer engen Familie zu kommen. Also, ich denke, es ist wichtig, dass du deinen Kindern zeigt, wie sehr du sie lieb hast, und das machst du wohl! Vorwürfe sollst du dir keine machen. Meine Eltern sollen sich auch keine machen! Liebe Grüße, Untamed mit Georg PS Mein Sohn war ein Frühchen, lag die ersten 3.5 Wochen ohne mich auf der Intensivstation. Habe mich auch oft gefragt, ob er jetzt anders wäre, hätte ich ihn nach der Geburt halten und vom Anfang an stillen können. Dieses Bonding am Anfang soll ja so wichtig sein. Aber die Antwort darauf werde ich wohl nie wissen!

Mitglied inaktiv - 12.03.2008, 09:56